[623] Lust (hêdonê, voluptas) ist eine der Gefühlsqualitäten (s. Gefühl). Es gibt eine »Lust an etwas« (Wohlgefallen) und eine »Lust zu etwas« (Begierde, Neigung). Die Lust ist ein positiver Zustand, nicht bloße Abwesenheit von Unlust. Der Hedonismus (s. d.) erhebt die Lust zum Lebens- und Sittlichkeitsprincip. – Nach PLATO ist die Lust to plêrousthai tôn physei prosêkontôn (Rep. IX, 583 ff.; vgl. Phileb. 53 C, 54 C; Tim. 64 A ff.). – Nach HOBBES ist Lust Bewußtsein einer Machterhöhung, Unlust das einer Machtverringerung (Hum. Nat. VIII, 4; vgl. VII, 4 ff.). Nach SCHOPENHAUER ist die Lust ein Negatives, »das bloße Aufheben des Wunsches und Endigen einer Pein« (Parerga II, § 150). Dagegen betont u. a. E. v. HARTMANN die Positivität der Lust (Philo(s. d.) Unbew.3, S. 544 ff.). Nach BENEKE entsteht Unlust, wenn ein Reiz zu gering für das ihn aufnehmende »Unvermögen« (s. d.) ist, Lust, wenn der Reiz in großer Fülle gegeben ist, ohne übermäßig zu sein (Lehrb. d. Psychol.3, § 58). »Lustaffecte« sind die »Affecte der freudigen Rührung« (l.c. § 284). Vgl. FERGUSON, Grd(s. d.) Moralphilos. S. 128; MENDELSSOHN, WW. I 1, 71 f., 83; PLATNER, Anthropol. § 612 ff.; LOTZE, Mikrok. I, 261 ff.; KIRCHMANN, Grundbegr. d. Rechts u. d. Moral S. 23 ff.; CHR. KRAUSE, Urb. d. Menschh.3, S. 49 f.; J. DUBOC, Die Lust als socialeth. Entwicklungsprincip 1900. – Vgl. Glück, Hedonismus, Eudämonismus, Gefühl.