Aristippos von Kyrene

[20] Aristippos von Kyrene, Gründer der kyrenaischen Schule, um 435 v. Chr. geb., seit 416 in Athen, zweimal in Syrakus am Hofe des älteren (Zusammenkunft mit Platon) und des jüngeren Dionysius, lehrte zuletzt in Kyrene.[20]

A. ist ein Schüler des Sokrates, der die Ethik hedonistisch begründet. Die Glückseligkeit ist das Ziel des Handelns und sie besteht aus einzelnen Lustgefühlen, so daß die (einzelne, gegenwärtige, positive) Lust Endziel und höchster Wert ist; die Tugend ist wertvoll als Mittel zur Lust. Die Lust ist Selbstzweck, an sich ein Gut (hê hêdonê di' hautên hairetê kai agathon), auch wenn sie von Schlechtem ausgeht. Die Lust ist die sanfte Bewegung in uns (tên leian kinêsin), liegt also im ruhigen (aber nicht zu schwachen) Übergang von einem Zustand zum ändern. Alle Lust ist qualitativ gleichwertig, aber durch ihre Intensität und Dauer verschieden. Daher gehört Einsicht zum richtigen Genießen und innere Freiheit, welche verhindert, daß wir Sklaven der Lust werden (echô, ouk echomai). In der Erkenntnislehre ist A. Sensualist und Subjektivist (bezw. »Positivist«). Gegeben sind nur die Empfindungen (pathê), nicht das diese bewirkende Ding (to ektos hypokeimenon kai tou pathous poiêtikon), welches unbekannt ist. Wir wissen nicht einmal, ob die Empfindungen unserer Mitmenschen mit den unsrigen übereinstimmen. Zu den Kyrenaikern gehören auch Arete, Aristippos der jüngere (Enkel des älteren A., Systematiker), Antipater von Kyrene, Theodoros der Atheist, Hegesias, Annikeris der jüngere.

Vgl. DIOG. LAËRT. II, 65 ff.; Diels, Doxogr. – H. DE STEIN, De philos. Cyrenaica I, 1855. – NATORP, Arch f. Gesch. d. Philos. III.

Quelle:
Eisler, Rudolf: Philosophen-Lexikon. Berlin 1912, S. 20-21.
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