[575] Pyrrhon (Pyrron, Pyrrhôn) aus Elis, geb. um 360 v. Chr., gest. um 270 v. Chr. Die Angabe, daß er ein Schüler des Megarikers Bryson war, ist nicht erhärtet. Von Demokrit ist P. beeinflußt. Er begleitete den Demokriteer Anaxarchos (aus dem Gefolge Alexanders des Großen) nach Asien und lebte später in Elis. Schriften sind von ihm nicht vorhanden, seine Lehren sind nur aus Berichten von Skeptikern, wie Timon, Sextus Empiricus bekannt. P. ist der Begründer der älteren skeptischen Schule, deren Mitglieder sich nach ihm »Pyrrhoniker« (Pyrrhôneioi) nannten. Nach P. ist nichts in Wahrheit und Wirklichkeit schön oder gerecht, sondern nur in Beziehung auf uns, durch Satzung (ouden gar ephasken oute kalon out' aischron oute dikaion out' adikon kai homoiôs epi pantôn mêden einai tê alêtheia, nomô de kai ethei panta tous anthrôpous prattein, Diog. Laërt. IX, 61). An sich ist nichts wahrer als etwas anderes (ou mallon). Wir können die Dinge nicht erkennen, wie sie selbst sind, sondern nur, wie sie uns erscheinen; wir können nichts Sicheres[575] behaupten (ouden horizô), stets nur sagen, etwas scheint so (dokei). Die Erscheinung wird nicht geleugnet, sondern nur erklärt, man wisse nicht, wie das Ding selbst beschaffen sei (kai gar to phainomenon tithemetha, ouch hôs kai toiouton on, Diog. Laërt. IX, 104). Die Wahrheit ist unerfaßbar (akatalêpsia). Jedem Gründe laßt sich (wie Timon erklärt) ein Gegengrund entgegensetzen, dies führt zum Gleichgewicht der Gründe (isostheneia tôn logôn) und zur Urteilsenthaltung (epochê), mit welcher der Gleichmut und die Gemütsruhe (ataraxia, apatheia) verbunden ist, das höchste Gut, neben welchem alles andere gleichgültig ist.
Schüler P.s sind Philon von Athen, Nausiphanes von Teos, Timon von Phlius.
Vgl. NATORP, Forschungen zur Geschichte des Erkenntnisproblems. – V. BROCHARD, Les sceptiques grecs, 1887. – R. RICHTER, Der Skeptizismus in der Philosophie I, 1904. – A. GOEDECKEMEYER, Geschichte des griechischen Skeptizismus, 1905.