[605] Ritschl, Albrecht, geb. 1822 in Stettin, Prof. der Theologie in Bonn und (seit 1864) in Göttingen, gest. daselbst 1889.
R., der von Kant, Schleiermacher, Lotze beeinflußt ist, hat eine eigene theologische Schule begründet. Die Religion ist unabhängig von aller Metaphysik, wohl aber zieht die Theologie die Erkenntnistheorie heran, die R. im Sinne Lotzes darlegt. In der Erkenntnis spielen schon Werturteile eine Rolle, aber erst in der Ethik und noch mehr in der Religion kommt es zu selbständigen Werturteilen. Diese beziehen sich in der Religion auf die Stellung des Menschen zur Welt und rufen Gefühle hervor, »in denen der Mensch entweder seine durch Gottes Hilfe bewirkte Herrschaft über die Welt genießt oder die Hilfe Gottes zu jenem Zweck schmerzlich entbehrt«. Glauben und Wissen sind zweierlei; der Glaube beruht auf praktisch-subjektivem, innerlichem Erleben der religiösen Wahrheiten. Die Religion, welche der Ohnmacht des eigenen Könnens entspringt, ist »Leben im heiligen Geiste«.
Schüler Ritschls sind W. Herrmann, J. Kaftan, H. Schultz u. a. Vgl. die Zeitschrift f. Theol. u. Kirche, 1891 ff.
SCHRIFTEN: Die christliche Lehre Ton der Rechtfertigung u. Versöhnung, 1870 f.; 4. A. 1895-1903. – Theologie u. Metaphysik, 1881; 2. A. 1887. – Gesammelte Aufsätze, 1893-96, u. a. – Vgl. O. RITSCHL, R.s Leben, 1892 f.