C. Antisadduzäische Gedenktage.

[567] Nachdem die Selbständigkeit Judäas nach außen gesichert war, begann eine Reihe von Reibungen im Innern zwischen Pharisäern und Sadduzäern, welche bis nach dem Tode Alexanders dauerten. Unter der Königin Salome Alexandra kam das pharisäische Prinzip zum Siege, und alle die Tage, an welche sich für die Pharisäer Siege über ihre Gegner oder andere glückliche Ereignisse knüpften, wurden als neue Niketerien eingesetzt oder gefeiert.

Es scheint aber, daß auch noch in späterer Zeit, kurz vor dem Ausbruche der Revolution, nachdem der sadduzäische Hohepriester Anan b. Anan auf kurze Zeit die sadduzäische Theorie zur Geltung gebracht hatte und abgesetzt worden war, antisadduzäische Gedenktage eingeführt worden sind. Es sind wohl solche, bezüglich deren im Scholion R. Jochanan ben Sakkaï mit den Sadduzäern disputierend über die streitige Gesetzesauslegung angeführt wird. Denn dieser Gesetzeslehrer hat mit dem genannten H. P. Kontroversen geführt (um 60 n.).

13) Die Besetzung des Synhedrion mit pharisäischen Mitgliedern und die Verdrängung der Sadduzäer aus demselben, 28. Tebet (24). Das Scholion gibt zu diesem Gedenktage eine in den Hauptmomenten historisch richtig [567] scheinende Erklärung. Es erzählt: Bis dahin sei das Synhedrion aus lauter sadduzäischen Mitgliedern zusammengesetzt gewesen, weil kein Pharisäer mit den Sadduzäern habe zusammen fungieren wollen. Nur Simon ben Schetach habe die Skrupel überwunden und sich als Mitglied aufnehmen lassen. Durch öftere Berufung auf das sadduzäische Prinzip, nur die biblische Norm anzuerkennen, habe Simon die Sadduzäer so sehr in die Enge getrieben, daß sie nach und nach ausgeschieden seien. Der König Jannaï und die Königin Salome haben den Sitzungen beigewohnt. Der Tag an welchem das Synhedrion von sadduzäischen Mitgliedern völlig gesäubert war, sei zum Gedenktag erhoben worden: ויהשכ ינפמ תבשוי הכלמה ןונימלשו ךלמה יאני ןירדהנסב ןיבשוי ןיקודצ ויהו חטש ןב ןועמשמ ץוח ןהמע בשוי לארשימ דחא אלו ולצא הרותה ןמ היאר איבהל ןיעדוי ויה אלו תוכלהו תובושת ןילאוש ותואבו התעד לע לארשי ירדהנס הבשיו ןלוכ וקלתסנש דע ... ט"י והואשע ... ןיקודצ לש ןירדהנס הקלתסנש םויה. Erfunden ist diese Erzählung sicherlich nicht, und sie paßt zu der Aufschrift vollständig. Es ergäbe sich daraus, daß die Pharisäer schon unter Jannaï ein Synhedrion gebildet haben, und daß dieser König einmal in gutem Einvernehmen mit ihnen gestanden habe. Jedenfalls beweist der Ausdruck in der Aufschrift אניד לע »nach dem Gesetze«, d.h. nach dem pharisäischen Gesetze, daß dieser Gedenktag in die Zeit der Reibungen zwischen den Parteien gehört [Vgl. die wunderliche Meinung Dalmans (a.a.O. S. 33 f), der an die Anekdote im jüd. Kr. IV, 5, 4 denken möchte].

14) Das Aufheben des sadduzäischen Strafkodex 14. Tammus (10). Dieser Gedenktag gehört zu den wichtigen. Das Scholion motiviert ihn, wie es den Anschein hat, durch eine Nachricht aus einer guten Quelle. Die Sadduzäer hatten einen eigenen Kodex neben den mosaischen Strafbestimmungen für das Strafmaß bei Verbrechen gebraucht, welchen die Pharisäer nach ihrem Siege verwarfen und zwar aus dem Grunde, weil Traditionen nicht niedergeschrieben werden dürfen: ןילקסנש ולא תורזג רפס םיקודצל חנומו בותכ היהש ינפמ רפסב האורו ךלוהו לאוש םדא (1. ןיבשוי) ןיבתוכ ויהשכו 'וכו 'וכו ןיעדוי םתא ןינמ םהל ורמא. Die Pharisäer hatten allerdings durch die Zuneigung der Königin Salome Alexandra zu ihrer Partei das Übergewicht erlangt, wie Josephus bezeugt (Altert. XIII, 16, 2): καὶ πάντα τοῖς Φαρισαίοις ἐπέτρεπεν ποιεῖν (ἡ Ἀλεξάνδρα) ... καὶ εἴ τι δὲ καὶ τῶν νομίμων Υρκανὸς.. κατέλυσεν, ὧν εἰς-ƞνεγκαν οἱ Φαριοαῖοι κατὰ τὴν πατρῴαν παράδοσιν τοῠτο πάλιν ἀποκατέοτƞοεν. Τὸ μὲν οὖν ὄνομα τῆς βασιλείας εἶχεν αὐτἠ, τὴν δὲ δύναμιν οἱ Φαρισαῖοι. Ebenso jüd. Kr. I, 5, 2. Die unter dieser Königin erlangte Macht haben die Pharisäer eben benutzt, auch die sadduzäische Gerichtsordnung zu kassieren, und ihre eigenen Normen dafür zu substituieren. Möglich, daß die Pharisäer nicht bloß an der schriftlichen Aufzeichnung der Gesetze, sondern auch an dem strengen Strafmaß der Sadduzäer Anstoß genommen haben. Wir wissen aus Josephus, daß die Sadduzäer in peinlichen Prozessen mit äußerster Strenge verfuhren, während die Pharisäer Rücksichten der Milde walten ließen: Σαδδουκαίων ... ὅπερ εἰσὶ περὶ τὰς κρίσεις ὠμοὶ παρὰ πάντας τοὺς Ἰουδαίους (Altert. XX, 9, 1) ... ἄλλως τε καὶ φύσει πρὸς τὰς κολάσεις ἐπιεικῶς ἔχουσιν οἱ Φαρισαῖοι (das. XIII, 10, 6).

15) Die Gedenktage zur Einnerung an die pharisäische Ansicht, daß die Gemeindeopfer aus einem Nationalschatze bestritten werden sollten, d.h. daß sie einen nationalen Charakter haben, 1.-8. Nissan (1); vergl. über diese Differenz Note 12, B, f. Das Scholion hat bei diesem Gedenktage einen höchst wichtigen Zusatz, der sich in der Parallelstelle des Talmud (Menachot 65 a) nicht findet, daß nämlich das regelmäßige Einsammeln der Tempelspenden zum [568] Anlegen eines Tempelstockes für den Bedarf an Gemeindeopfern erst in Folge des Sieges des pharisäischen Prinzips über das sadduzäische eingeführt worden sei: ןיחינמו םהילקש םילקוש והיש וניקתה םוחצנו םהילע ורבגשכו הכשלב התוא. Diese Anordnung datiert demnach erst aus der Zeit der völligen Besiegung der Sadduzäer, d.h. aus der Regierungszeit der Königin Salome Alexandra. Sie hat ohne Zweifel die Synhedristen Juda ben Tabbaï und Simon ben Schetach zu Urhebern. Neben dieser Relation aus einer guten Quelle hat das Scholion aus subjektiver Auffassung einen Zusatz, der auf einem Irrtume beruht. Es erklärt die Ausdehnung dieser Halbfeier auf acht Tage, weil der Sieg über die Sadduzäer erst in Folge achttägiger Debatten errungen worden sei: בוט םוי והואשע םונדש םימיה ןתוא לכו. Nichts kann falscher sein. Die Ausdehnung auf acht Tage will nur die größere Wichtigkeit des Sieges andeuten, wie die achttägige Feier der Tempelweihe und des Sieges über die sadduzäische Ansicht von dem Wochenfeste. Was war wichtiger, als das Nationalitätsprinzip, das erst jetzt zum völligen Bewußtsein gebracht wurde! Daher ist sowohl bei diesen Gedenktagen, wie bei denen des Wochenfestes die Lesart אלד דפסמל (vergl. Jerus. Ta'anit p. 69a, Raschi zu Ta'anit 17 b und Tosafot zu Menachot das.) [Dalmans (a.a.O. S. 32) abweichende Meinung ist ganz unannehmbar].

16) Der Gedenktag zur Erinnerung an den Sieg über die Sadduzäer bezüglich der Speiseopfer als Beigabe zu den freiwilligen Tieropfern, 27. Marcheschwan (19). Bei diesem Opfergesetz ist (Numeri c. 15) nicht angegeben, ob es auf dem Altar verbrannt oder von den Priestern verzehrt werden sollte. Die Sadduzäer hatten behauptet, daß dieses Speiseopfer wie die meisten für die Priester bestimmt sei. Aus dem Ausdruck אחבדמ לע קסימל אתלוס תבת scheint zu folgen, daß es bis zur Zeit des dagegen geltend gemachten Antagonismus verbrannt worden sei, nur während der Herrschaft der Sadduzäer sei ein anderes Verfahren eingeschlagen worden, und später nach der Niederlage der Sadduzäer sei eine restitutio in prius eingetreten. Im Scholion ist angegeben, daß R. Jochanan ben Sakkai gegen die Sadduzäer deswegen polemisiert habe, יאכז ןב ןנחוי 'ר םהל לפטנ. Die Kontroverse scheint daher erst zur Zeit dieses Gesetzeslehrers ausgebrochen zu sein, nämlich zur Zeit des Hohenpriesters Anan ben Anan (um 60 n.). Die Unterredung zwischen ihm und den Sadduzäern, wie sie das Scholion tradiert, scheint auch aus frischer Erinnerung notiert zu sein. Die Sadduzäer hätten behauptet, Speiseopfer habe Mose für die Priester bestimmt, weil er ein Freund seines Bruders Aharon, also der Priester gewesen, und ihnen zum Tieropferfleisch auch Brot habe zuweisen wollen: ןורחא תא בהוא השמ היהש ינפמ רשבו תלס לכאי אלא ודבל (רשב 1.) תלס לכאי אל רמא ויחא. Eine solche krasse nüchterne Anschauung kommt nur noch einmal vor (vergl. w.u.)7. Diese Eigenheit spricht für die Authentizität der Unterredung und beweist, daß sie aus frischer Erinnerung stammt. Dieser antisadduzäische Gedenktag ist also erst nach Anans Pontifikat begangen worden.

[569] 17) Der Gedenktag wegen der Feier des Wochenfestes, vom 8. Nissan bis zum [Ende des] Passafeste[s] (2), also 6 [14] Tage. Über die betreffende Differenz Note 12, B, e. Auch dieser Gedenktag oder diese Gedenktage scheinen erst in der Zeit R. Jochanan ben Sakkais in Aufnahme gekommen zu sein. Denn er wird auch dabei als mit den Sadduzäern disputierend eingeführt, und diese motivieren ihre Ansicht mit derselben Trivialität. Aus Liebe Moses für Israel habe er für dieses Fest zwei Tage bestimmt, Sonnabend und das stets am Sonntag zu feiernde Wochenfest. ידכ תבש רחאל הנקתו דמע ךכיפל ... היה לארשי בהוא ... השמ הז רחא הז םימי ינש וגנעתיש. R. Jochanan wies dieses Motiv scherzend ab, wie das für das Speiseopfer geltend gemachte. Diese Differenz ist also wohl ebenfalls während Anans Pontifikat zur Sprache gekommen. Allein es ist nicht recht denkbar, daß diese einschneidende Differenz über die Feier des Wochenfestes erst so spät ausgebrochen sein sollte. Man muß also annehmen, daß sie bereits früher bei dem Auftauchen des sadduzäischen Antagonismus Gegenstand desselben gewesen und dann zum zweitenmal erneuert worden ist. Wegen der Wichtigkeit dieses Sieges, daß das Traditionsprinzip gegen den Wortlaut der Schrift zum Siege gebracht wurde, ist die Feier so lange ausgedehnt worden. Die Pharisäer legten auf dieses Prinzip soviel Gewicht, daß sie ein Gesetz erließen, daß, wenn das Wochenfest auf einen Sonnabend treffe, der Hohepriester am Sonntage nach dem Feste nicht zum Zwecke der zurückgebliebenen Festopfer in pontificalibus erscheinen dürfe, damit das Volk nicht den Sonntag als den eigentlichen Festtag ansehe: הלח םאש םירתומו וילכב שבלתמ לודג ןהכ ןיא ... תבשב תויהל תרצע תבשה רחאל תרצע ןירמואה ירבד םייקל אלש תינעתו דפסהב (Chagiga 17 b; vergl. Tosafot z. St.) [Dalmans (a.a.O.) Interpretation ist ganz unmöglich.]

18) Der Gedenktag für die unerwartete Rettung, welche die verfolgten pharisäischen Gesetzeslehrer gefunden haben, 17. Adar (33). Auch tradiert Jerus. Ta'anit p. 66 a: אירפס תטילפ לע איממע ןומק (רשע) העבשב ןידבז תיבו םוקליב תנידמב. In der Aufschrift ist nicht zu erkennen, ob die Verfolgung von Jannaï ausgegangen ist, nur das Scholion verlegt dieses Datum in Alexander Jannaïs Zeit. Es scheint allerdings aus einer guten Quelle geschöpft zu haben, da es einige ältere Autoritäten zitiert, also eine geschichtliche, wahrscheinlich aus dem jerus. Talmud entlehnte Boraitha vor sich gehabt haben muß. Es motiviert den Gedenktag folgendermaßen: als Jannaï die Gesetzeslehrer verfolgte, entflohen sie nach Syrien und weilten in der Gegend von Kuslikos. וחרב םימכחה תא גורהל ךלמה יאני רדששכ סוקולסוק תנידמב ורשו אירוסל םהל וכלהו וינפלמ8. Die Flucht der Pharisäer, und zwar von achttausend derselben, vor Jannaïs Verfolgung ist allerdings durch Josephus (Altert. XIII, 14, 2) bezeugt, zugleich auch der Umstand, daß sie in der Nacht nach der Kreuzigung der achthundert Pharisäer entwichen und während Jannaïs Leben in der Verbannung geblieben sind: Οἱ δ᾽ ἀντιοτασιῶται αὐτοῠ (Ἀλεξάνδρου) τὸ πλῆϑος ὄντες περὶ ὀκτακις χιλίους φεύγουσιν νυκτός, καὶ παρ᾽ ὅν ἔζƞ χρόνον Ἀλέξανδρος ἦσαν ἐν τῇ φυγῇ. Auch das. 16, 2. Indessen bezieht sich nach der Aufschrift in M. T. der Gedenktag nicht auf die Errettung »des Restes der Sopherim« vor Jannaïs Verfolgung, als vielmehr »vor der Verfolgung von seiten der Heiden« (איממע). Diesen Umstand erläutert das Scholion dahin, daß »die Weisen« in ihrem ersten Zufluchtsorte angegriffen worden wären, und ein [570] Teil derselben von da nach Bet-Sabdai geflohen sei: וסנכנו םהב וכהו ... םגרהל םהילע ורצו םוקמ ותואבש םהילע םיביואה ידבז תיבל םהל וכלהו הטלפ םהב וריאשהו הבר הכמ. Alle diese Züge sind sehr dunkel und werden auch nicht von den beigefügten Umständen erhellt, daß die Flüchtlinge die Feinde, um sie von der Spur abzulenken, dadurch getäuscht hätten, daß sie am Sabbat gesattelte Rosse vor ihren Türen stehen gehabt hätten, daß sie mit der Dunkelheit die Flucht angetreten hätten, und endlich daß zur Zeit der Verfolgung eine große Überschwemmung einen Teil des Landes verheert hätte. Ohne Parallelstelle wird man schwerlich den vollen Sinn des Gedenktages erraten können. Was die Lokalitäten betrifft, so haben die Aufschrift und die Parallele in Jerus. Ta'anit (66 a) die Lesart סוקלוב, was wohl in סיקלכ = Chalkis emendiert werden muß; das wäre Chalkis am Libanon. Das Scholion hat aber, wie schon zitiert, סוקילסוק gelesen. Man könnte es in סוקילס emendieren, Seleucia = Σελεύκεια am Meromsee gelegen, das zu Gaulanitis gehört hat (Jos. jüd. Kr. IV, 1, 1). In dem Gebiete zwischen dem Meromsee und Tiberiassee kann auch יאדבז תיב gelegen haben. Denn es gab ein galiläisches Sabid (Genesis Rabba c. 98): דיבז וז :רמא רזעלא 'ר ןודיצ לע ותכריו הלילגד. Der Zusammenhang scheint folgender zu sein: Mehrere Tausend Pharisäer, welche Demetrius Eukairos gegen Alexander Jannaï zu Hilfe gerufen hatte, waren nach Syrien entflohen, und zwar nach Chalcis, da die mazedonischen Syrier ihre Bundesgenossen waren. Aber auch da gefährdet, entkamen sie nach Bet-Sabdaï. Sicherlich bezieht sich der Gedenktag auf die Rettung der Pharisäer vor Jannaïs Verfolgung. Dafür spricht besonders die Angabe im Scholion: םוי לארשי ימכח גורהל םיביוא ושקבש. Daher ist Derenburgs Erklärung unrichtig, daß er sich auf eine kriegerische Begebenheit unter Jonathan bezöge (Essai p. 99 f, Note).

19) Alexander Jannaïs Todestag (21). In der Aufschrift ist der Grund dieses Gedenktages nicht angegeben, sondern es heißt nur einfach: בוט םוי. Das selbe kommt noch einmal vor (XI, 1; Nr. 25): טבשב ןיתרתב דפסמל אלד ט"י; nur das Scholion bezieht beide Gedenktage auf den Todestag zweier verhaßter Könige, nämlich Jannaï und Herodes. Zum 7. Kislew, also dem zuerst angeführten G. T. heißt es סודרוה תמש םוי, und zum zweiten9: תמ ןושארבש אלא? הזמ הז וניש המלו ךלמה יאני תמ הזבו סודרוה. Wenn die Motivierung des Scholion auch richtig sein mag, so hat es jedenfalls die Tage verwechselt; denn die Relation von der Errettung der zum Tode Verurteilten paßt nur auf den Vorgang nach Herodes' Tode (vgl. w.u.). Wie Josephus erzählt, war Jannaï vor seinem Tode darauf gefaßt, daß die Pharisäer nach seinem Ableben Rache an ihm wegen seiner Grausamkeit nehmen würden (Altert. XII, 15, 5). Es ist also wahrscheinlich, daß sein Todestag als Halbfeiertag begangen wurde, wenn auch nicht während der Regierung seiner Frau, so doch später, als die Hasmonäerfamilie überhaupt wegen ihrer Taten mißliebig geworden war. Daher kann man die beiden nicht richtig motivierten Gedenktage ebenfalls als sadduzäische bezeichnen [Vgl. Schürers (I3, 417), mir noch immer nicht stichhaltig erscheinenden Widerspruch].

[571] 20) Die Holzopfertage 15. Ab (11). Die Bezeichnung: אינהכ יעא ןמז ist irreführend; denn die »Zeit der Holzopfer für die Priester«, war nicht auf den 15. Ab allein beschränkt, sondern es gab neun solcher Tage, an welchen gewisse Familien Holz für den Altar spendeten und je an demselben das Fasten unterließen. So die Mischna (Ta'anit IV, 6) העשת םעהו םינהכ יצע ןמז. Diese neun Tage werden das. aufgezählt. Aber der 15. Ab galt besonders als Holzspendetag, (Josephus jüd. Kr. II, 17, 6: τῶν ξυλοφορίων ἑσρτῆς οὔσƞς) und aus dem folgenden § geht hervor, daß er im Monate Λῶος, d.h. בא, war; nur hat Josephus oder ein Kopist den 14. statt des 15. Loos gesetzt. Darauf bezieht sich unstreitig die Angabe des Simon b. Gamaliel (Ta'anit das. 8). םירופכה םויכו באב ו"טכ לארשיל םיבוט םימי ויה אל. Merkwürdig ist, daß mehrere Amoraim hin und her raten, welche Bedeutung der 15. Ab hatte, während diese doch in der Mischna selbst dahin angedeutet ist, daß an ihm nicht bloß eine bekannte Familie und solche, denen die Zugehörigkeit zu einem Stamme abhanden gekommen war, sondern auch zwei oder drei Familien mit Lebensgefahr Holz für den Altar spendeten, obwohl ein König solches streng untersagt hatte. Nur das Scholion hat die Veranlassung zu diesem allgemeinen Holzspendetag geahnt: ורסמש יפלו תאזה הליגמב בוט םש םהל בתכנ ךכל תוצמה לע םמצע, hat sich aber von anderen Angaben im Talmud wieder irre machen lassen. Aus einer mit Varianten gegebenen Motivierung des Gedenktages des 15. Ab für die Holzspende ergibt sich, daß ein judäischer König einst das Holzspenden für den Altar verboten hatte, daß aber gewisse Familien es sich nicht haben neh men lassen; zum Andenken daran ist der Tag eingesetzt worden. Dieser König war aller Wahrscheinlichkeit nach Alexander Jannaï wegen seiner sadduzäischen Intoleranz. Vergl. Note 13. Insofern könnte dieser Gedenktag unter die antisadduzäischen gezählt werden.

21) Einstellen des Gebrauches des Gottesnamens bei Angabe der Regierungsjahre der Hohenpriester in öffentlichen Urkunden, 3. Tischri (16). Der Talmud (Rosch ha-Schana 18 b), und nach ihm das Scholion, motivieren diesen Gedenktag folgendermaßen: Man habe bei Bestimmung des Datums in Urkunden den Namen des regierenden Hohenpriesters mit Angabe seiner Regierungsjahre und mit Hinzufügung des Gottesnamens genannt, also לאל לודג ןהכ ןנחויל ךכו ךכ תנשב ןוילע. Diesen Gebrauch des Gottesnamens bei weltlichen Dingen hätten aber die Gesetzeslehrer als einen Mißbrauch angesehen und deswegen abstellen lassen. Und der Tag, an dem die Verordnung Eingang gefunden, sei als Gedenktag eingesetzt worden. Dagegen spricht aber der Umstand, daß die Schriftgelehrten zuerst diesen Brauch unbeanstandet gelassen und erst später ihn ungehörig gefunden haben sollen: ועמששכו רבדב םימכח. War es denn so lange ein Geheimnis für sie, daß in Urkunden der Gottesname bei Nennung des regierenden Hohenpriesters gebraucht wurde? Es liegt auch ein Widerspruch darin. Zuerst heißt es: תורטשב וליפא םימש םש םיריכזמ ויהיש וניקתה, d.h. doch wohl: eine Behörde habe diese Formel eingeführt. Wenn eine solche es für erlaubt gehalten haben sollte, wie konnte dieselbe oder eine spätere Skrupel darüber empfinden? Die Sachlage scheint vielmehr folgendermaßen gedacht werden zu müssen. Bei der Erlangung der Selbständigkeit unter Simon, als die seleuzidische Ära abgestellt und dafür die nach dem regierenden Hohenpriester eingeführt wurde (I. Makkabb. 13, 42), hat man – vielleicht im Gegensatz zu den hellenistischen Hohenpriestern Menelaos und Alkimos – den Zusatz beigefügt ןוילע לאל לודג ןהכ oder vielleicht gar mit dem Tetragrammaton 'הל, wofür אתרכדא spricht. Als aber die hasmonäischen Hohenpriester sich zum[572] Sadduzäismus bekehrt hatten und bei den Pharisäern verhaßt waren, haben diese wahrscheinlich verboten, den Ehrentitel »Hoherpriester des höchsten Gottes« in Urkunden zu gebrauchen, weil sie sie nicht mehr als legitime Hohepriester anerkannt haben; und der Tag, an dem die Pharisäer solches durchgesetzt haben, mag zum Halbfeiertag erhoben worden sein. Auch dieses kann nach Alexander Jannaïs Tod vorgekommen sein, und deswegen könnte der Gedenktag als antisadduzäischer bezeichnet werden. Daß übrigens אתרכדא statt אתכרדא gelesen werden muß, ist selbstverständlich.


Quelle:
Geschichte der Juden von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart. Leipzig 1906, Band 3.2, S. 567-573.
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