[45] Ballade; ballada von ballare, tanzen im Provenzalischen und im altital. des 12. Jahrh. ballata ist ein lyrisches Gedicht von geringem Umfange, dem Sonett und Madrigal verwandt; ähnlich sind die ballades der Franzosen, die seit Molière ausser Gebrauch kamen. Denselben Namen, ballad, gaben die Engländer ihren lyrisch-epischen Volksliedern, die im allgemeinen den ältern deutschen lyrisch-epischen Volksliedern des 16. Jahrh.glichen und ebenso den schwedischen und dänischen; sie wurden gesungen, entnahmen den epischen Stoff meist ohne bewährte Unterscheidung dem noch nicht ausgestorbenen mythischen Volksglauben oder der öffentlichen Geschichte oder einer engeren Begebenheit des Einzellebens, dem Abschiede, dem Wiedersehen, dem Tod u. dgl., mit lyrischer Betonung des Empfindungs- und Gefühlslebens. Während die deutschen Lieder dieser Art zum Teil ausgestorben, zum Teil unter der einseitigen Pflege des niederen Volkes verdorben waren, besonders durch den Einfluss der Bänkelsänger, hatten die schottisch-englischen Balladen ihre Reinheit besser gewahrt. Daher kam es, dass Bürger, besonders durch Percys Reliques of ancient poetry veranlasst, teils englische Balladen verdeutschte (Bruder Graurock und die Pilgerin, der Kaiser und der Abt), teils selbständige Dichtungen der Art verfasste. Herder nahm ausser zahlreichen Percyschen und andern Balladen, besonders die Volkslieder, die sich in den Shakespeareschen Dramen finden, in seine Sammlung auf; durch sie und dänische Balladen der Herderschen Sammlung ist Goethe zu seinen frühern Balladen, König in Thule, Erlkönig, angeregt worden; Schiller versuchte sich, und im Wetteifer mit ihm wieder Goethe, ebenfalls an solchen lyrisch-epischen Dichtungen, die besonders den Musenalmanach von 1797 füllen und durch Schillers Rezension der Bürgerschen Gedichte veranlasst worden sind. Der letzte klassische Balladendichter ist dann Unland geworden. Echtermeyer hat in der Einleitung zu seiner Auswahl deutscher Gedichte einen theoretischen Unterschied zwischen Ballade und Romanze aufzustellen gesucht, ohne Rücksicht auf den historischen Ursprung beider Benennungen und ohne Rücksicht darauf, wie die Dichter selbst diese Namen angewandt haben. Siehe Wackernagel, Poetik, Rhetorik und Stilistik, Halle 1873, pag. 98.