Bettelwesen

[68] Bettelwesen. Dass das Betteln eine in Deutschland sehr verbreitete Sache sei, geht schon aus den zahlreichen Namen für diesen Begriff hervor; neben Betteln aus Bitten kommen vor (nach Grimm, Wörterbuch I, 1729) bayr. fergeln, nnl. troggelen, in Pommern und Mecklenburg gungeln, anderwärts prachen, prachern, heischen, heuschen, fordern, quenken, nönen, gilen, terminieren. Ein anderes Zeugnis für jene Thatsache liegt in der Errichtung der Bettelorden, und auch mit den Landsknechten war das Betteln enge verbunden, sie nannten es garten, und nicht minder mit der Sitte des Wallfahrens, mit der Krankheit des Aussatzes und dem Institut der fahrenden Schüler. Das Mittelalter, das für die Armen nur notdürftige Sorge trug, liess betteln, wer wollte und konnte. Blinde, Lahme, Stelzfüsse, Krüppel u. dgl. waren auf den Bettel angewiesen. In der höfischen Zeit waren sie eine stehende Plage der Burgherren. Um sich in den Städten einigermassen vor dem oft schrecklich überhandnehmenden Bettel zu schützen, wurden sie etwa in eine besondere Gasse (in Frankfurt a.M. Gilergasse) getrieben oder ganz verjagt oder man erlaubte den Bettel bloss für einige Tage und nur an bestimmten Orten. Schon vor der Reformation kamen städtische Bettelordnungen auf, denen zufolge diejenigen, denen das Betteln erlaubt war, ein besonderes Abzeichen erhielten, z.B. ein Körbchen. Die Reformationsmandate wirkten auch in dieser Beziehung günstig. Vgl. Brants Narrenschiff, Kap. 63, und dazu die Anmerkungen Zarnckes, S. 400 ff.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 68.
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