Botendienst

[81] Botendienst war im Mittelalter bei Mangel eines öffentlichen Postwesens wichtiger als jetzt. Neben dem Worte Bote, von biudan, bieten, ahd. poto, mhd. bote, kommt in den germanischen Sprachen ein unerklärtes Wort vor, got. airus, angels. und altnord. âr, ahd. blos ârunti, Botschaft. Der Bote ist ein Diener, daher Dienstbote; die Apostel als Diener Christi heissen die Zwölfboten, auch die Engel sind und heissen Boten. Die ahd. Sprache zeigt viele zum Teil verdunkelte Mannsnamen, die mit boto zusammengesetzt sind, Antarpoto, Hiltipoto, Sigipoto, Mahalpoto, Tragapoto, Lônpoto, Wolfpoto, Waltpoto. Boten höhern Ansehens sind die Karolingischen missi dominici, auch legati, nuntii, regales, palatini regii genannt, mhd. sendboten, santboten, siehe Vadian, deutsche hist. Schriften I, 79, 2. und den Art. missi dominici. Eine wichtige Rolle spielen die Boten im Ritterwesen. Meist werden eigene Knappen dazu benutzt, welche die Briefe in Büchsen oder Fässchen am Halse oder Gürtel trugen. Sie waren durch besondere Wahrzeichen legitimiert, wahrscheinlich durch einen bunten, nach dem Wappen der Herren gefärbten Stab. Der Bote ist geheiligt, nur Barbaren vergreifen sich an ihm, auch wenn er schlimme Botschaft bringt. Zu Liebesbotschaften benutzt man gern Spielleute, weshalb sie oft verkleinerte Namen führen: Werbelin, Swemmelin, Heinzelin, Küenzelin, und die häufige Anrede: Bote vil lieber Knabe! Die Belohnung der Boten, auch des vornehmen, hiess das botenbrôt, auch betenbrôt, worunter auch wertvolle Geschenke oder klingende Münze verstanden werden konnte; ursprünglich und bei gewissen Anlässen noch spät war es aber wirkliches Brot. Notker verdeutscht praedicare evangelium, die frohe Botschaft verkündigen, durch predigôn petinbrôt. Obrigkeitliche Boten gab es später in den Städten, solange keine öffentliche Post existierte; der Name Botschafter erinnert an die frühere Bedeutung fürstlicher Boten. Schulz, höfisches Leben I, 135 ff. Grimms Wörterbuch unter Bote, Botenbrot und Dienstbote.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 81.
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