Centralbauten

Fig. 41. Münster zu Aachen.
Fig. 41. Münster zu Aachen.

[102] Centralbauten heissen diejenigen kirchlichen Monumente, die entweder kreisrunde oder polygone Anlage zeigen, oder deren Grundriss die Form eines gleichschenkligen, des griechischen, Kreuzes hat. Sie entstehen als älteste christliche Bauart gleichzeitig mit der Basilika. Schon die Römer pflegten gewissen Heiligtümern, vorzugsweise den Grabtempeln, die Form eines kreisrunden Kuppelbaues zu geben; sie waren meist zweigeschossig, unten der Gruftraum für die Leiche, oben der Raum für den Grabkultus. Solche Bauten sind das Grabmal der Helena, der[102] Mutter Konstantins d. Gr., und das Mausoleum Theodorichs zu Ravenna. Verwandt mit den Grabkirchen sind die Memorien oder Gedächtniskirchen, Denkmäler zur Verherrlichung einer geweihten Stätte. Eine dritte Klasse von Centralbauten sind die Baptisterien oder Taufkirchen, in welchen die Kollektivtaufe der alten Christen vorgenommen wurde. In ihrer Mitte befand sich ein Bassin, in welches die Täuflinge hinunterstiegen, um durch Untertauchen die Weihe zu empfangen. Die architektonische Entwickelung dieser Centralbauten vollzog sich besonders dadurch,[103] dass man die Kuppel nicht mehr auf den Umfassungsmauern selbst ruhen, sondern sie von Säulen tragen liess, die kreisförmig innerhalb der Rotunde aufgestellt waren. Es entstand daneben ein ringsherumlaufender Umgang, den Seitenschiffen der Basilika entsprechend, dessen Gewölbe dem hochansteigenden und selbständig beleuchteten Kuppelraume ein genügendes Widerlager bot. Im Orient entwickelte sich aus dieser Form die Grundform der byzantinischen Baukunst, im Abendlande blieb sie fast ausschliesslich auf bestimmte Kultuszwecke beschränkt, wie Grabkapellen, Schlosskirchen, Baptisterien. Rahn, über den Ursprung und die Entwicklung des christlichen Central- und Kuppelbaues, 1866. Bildende Künste i.d. Schweiz, 80. Siehe Fig. 41, aus den kunsthist. Bilderbogen.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 102-104.
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