Flohgedichte

[204] Flohgedichte. Die sinnlich-mutwillige Lebenslust der Poesie des 16. Jahrhunderts hat sich auch der[204] Flöhe als Motiv bemächtigt. Das ältere der beiden Flohgedichte ist Fischarts: Flöh-Haz Weiber Traz, der wunder unrichtige und spotwichtige Rechtshandel der Flöh mit den Weibern. Ein New geläs auf das überkurtzweiligest zu belachen, wa anders die Flöh mit stechen einem die kurtzweil nit lang machen. Strassburg, 1573. Der Floh wendet sich an Jupiter, ihn um Schutz gegen die Verfolgungen der Weiber zu bitten. Die Mücke hört das Jammern des Tieres, sie sucht ihn zu trösten, und es entspinnt sich zwischen beiden ein Gespräch, in welchem eine Reihe von Flohabenteuern erzählt werden. Unter den Flohnamen finden sich u.a. Senfimhemd, Nimmerru, Phezsielind, Hintenpick, Schleichinstal, Zwicksi, Leistapp, Bortif, Pulsfüler, Springinsröckel, Zopfsikeck, Mausambauch. Im zweiten Teil trägt der Dichter als vom Jupiter bestellter Flohkanzler die Verantwortung der Weiber, die er durch die Post bekommen, und fällt schliesslich das Urteil, dass es den Weibern erlaubt sein solle, den Flöhen nachzustellen; doch solle es den Flöhen gestattet sein, die Weiber auf der »gängen Zunge« zu stechen und sich in den grossen Halskrausen und Manschetten der Weiber aufzuhalten und diese beim Tanze zu kitzeln.

Das andere Flohgedicht gehört zur maccaronischen Poesie (s. diesen Art.), d.h. zu einer Art Gedichten, die in willkürlich gemischter deutscher und lateinischer Sprache versifiziert sind. Es heisst: Floia, cortum versicale, de flois, schwartibus illis deiriculis, quae omnes fere Minschos, Mannos, Weibras, Jungfras etc. behuppere et spitzibus suis schnaflis stekere et bitere solent, autore Gripholdo Knickknackio ex Floilandia, zuerst 1593, mit vielen Neudrucken. Das Deutsche darin ist niederdeutsch, das Gedicht ist etwa 200 Hexameter stark, der Anfang lautet:


Angla flöosque canam, qui waffunt pulvere swarto,

Ex Wateroque simul fleitenti et blaside dicko,

Multipedes deiri, qui possunt huppere longe

Non aliter, quam si floglos natura dedisset.

Illis sunt equidem, sunt, inquam, corpora kleina.

Sed mille erregunt menschis martrasque plagasque,

Cum steckunt snaflum in livum, blautumque rubentem

Exsugunt: Homines sic, sic vexeirere possunt,

Et quae tandem illis pro tanta lonia restant,

Vexeritate, et quem nemant per vulnera, dodum

Sunt variae plagae, quibus ob sua Sünda suamque

Ob mutwillitiam strafit Menrosque Frauasque

Ipse Deus, caelum et sternas qui fecit et Erdam.


Neu herausgegeben von Schade im Weimarischen Jahrb. II.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 204-205.
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204 | 205
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