Jambisches Versmass

[448] Jambisches Versmass, bestehend aus regelmässig abwechselnden Senkungen, und Hebungen, erscheint zuerst bei den höfischen Lyrikern des 12. und 13. Jahrhunderts, doch so, dass dieses wie das entsprechende trochäische Versmass noch in die Willkür des einzelnen Dichters gestellt war. Erst Opitz hat das Versmass und den Namen des Jambus als allgemeingültig in die deutsche Dichtung eingeführt, nachdem in[448] den vorausgehenden Jahrhunderten eine auf Verszählung beruhende Technik die Bedeutung des bestimmten Rhythmus fast ganz unterdrückt hatte. Andere Namen des jambischen und trochäischen Versmasses, welche das 17. Jahrhundert aufbrachte, sind kurzlange und langkurze Verse oder Nachtritt- und Vortrittzeilen. Den Unterschied der beiden zweisilbigen Versmasse erkannte Opitz im Vorhandensein oder im Fehlen einer Auftaktsilbe, eine Ansicht, die noch Goethe und Schiller mit Opitz geteilt haben. Der jambische Fünffüssler, welchen die Engländer den Italienern entlehnten, findet sich in deutscher Dichtung zuerst in der ältesten Übersetzung von Miltons verlorenem Paradies, welche von Theodor Haarke in Königsberg und dessen Fortsetzer E.G. vom Berge stammt und 1682 zu Zerbst erschien. Später bemühten sich namentlich Bodmer in Übersetzungen Thomsonscher Erzählungen, Johann Elias Schlegel, Cronegk, Wieland in seiner Shakespeareübersetzung und Herder um die. Aufnahme dieses Verses in das deutsche Theater, bis zuletzt Lessing im Nathan denselben endgültig einbürgerte.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 448-449.
Lizenz:
Faksimiles:
448 | 449
Kategorien: