Landsgemeinden

[567] Landsgemeinden, freie, entwickelten sich ähnlich wie die Städte dadurch, dass ältere ländliche Genossenschaften vorübergehend oder dauernd sich zu territorialen Gemeinwesen erhoben und politische Unabhängigkeit behaupteten oder erkämpften. Sie kommen hauptsächlich in den Alpen und bei Friesen und Ditmarsen zur Entwicklung. Das Resultat dieses Prozesses ist ein dreifaches: entweder erringen sich diese Gemeinschaften volle Reichsfreiheit, oder es blieb eine Reichsvogtei bestellen, ohne die Gemeindeverfassung zu hindern, oder es entstanden landesherrliche Landsgemeinden, welche in grösserer oder geringerer Abhängigkeit von landesherrlichen Vögten standen. Die früheste Entwicklung dieser Art fand in den schweizerischen Waldstätten Uri, Schwyz und Unterwalden statt, denen später Glarus, das Amt Zug und Appenzell folgten. An der Spitze der Länder und ihrer Landsgemeinden, bis zum 15. Jahrh. landtag genannt, standen freigewählte Ammänner, welche aus rein richterlichen Beamten entstanden waren; erst später tritt neben sie ein Rat. Die Entwicklung der freien Landesverfassungen im Norden Deutschlands geht langsamer und unvollkommner vor sich; in noch engeren Grenzen halten sich die gemeine Landschaft des Rheingaus, die Hauensteiner Einung im Schwarzwald, die Landsgemeinde der Abtei Kempten, die gemeine Landschaft der zu Corvey gehörigen alten Mark Huxari, das Land Delbrück u.a. Gierke, Genossenschaftsrecht I. §. 49.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 567.
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