Phönix

[781] Phönix ist eine aus dem Altertum stammende mythische Vorstellung, die im Mittelalter sehr beliebt war. Die Sage stammt zunächst aus Agypten, und zwar erzählt Herodot, dass der Phönix nur selten, alle fünfhundert Jahre, wie die Heliopoliten sagen, von Arabien nach Ägypten komme, und zwar alsdann, wenn sein Vater gestorben sei, den er in Myrrhen gehüllt nach dem Sonnentempel bringe und dort bestatte. Der Phönix habe ein goldenes und rotes Gefieder und sei an Gestalt und Grösse am meisten dem Adler ähnlich. Erst seit Ovid ist von diesem Vogel bei Griechen und Römern mehr und häufig die Rede und seine Geschichte und Beschreibung wird weiter ausgeschmückt. Plinius erzählt, dass der Vogel ein Nest bereite, es mit Wohlgerüchen erfülle und sterbe; aus seinem Mark und Knochen entstehe zuerst ein Wurm, daraus ein Junges, welches den Vater bestatte. Endlich bildete das Altertum die Phönix-Sage dahin um, dass der Vogel sich verbrenne und aus der Asche der neue Vogel entstehe, und verwendete ihn daher als Sinnbild einerseits der Unsterblichkeit und ewigen Dauer, anderseits der steten Erneuerung und Verjüngung. Die Vorstellung vom Phönix fand sodann Eingang in den jüdischen und in den christlichen Vorstellungskreis; im letztern tritt er als Symbol in den Dienst der Auferstehung und der übernatürlichen Erzeugung Christi; als ein Bild Christi erscheint er auch im Physiologus. In der christlichen Kunst erscheint der Phönix zuerst, analog einer altern Verwendung, auf Münzen christlich-römischer Kaiser. Eigentümlich christlich ist dagegen die Verbindung des Phönix mit dem Palmbaum, dem man dieselbe[781] wunderbare Eigenschaft zuschrieb, wiederholt abzusterben und aus sich selbst wieder aufzuleben; beide symbolische Gegenstände tragen zugleich im Griechischen denselben Namen φοὶνιξ, soviel als Palme und Phönix. Später wurde eine Zusammenstellung des Phönix mit dem Pelikan beliebt, der seine Brust mit dem Schnabel aufritzt, um die unter ihm im Neste sitzenden Jungen mit seinem Blut zu ernähren. Piper, Mythologie der christl. Kunst, I, 446–471.

Quelle:
Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer. Leipzig 1885., S. 781-782.
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