Bacchvs

[501] BACCHVS, i, Gr. Βάκχος, ου, ( Tab. X. & XVI.)

1 §. Namen. Diesen soll er, nach einigen, von βαχέω, ich heule, ich kreische, haben; Eustath. ap. Ludov Vivem ad Augustin. de C. D. lib. VI. c. 9. wogegen ihn andere von ἴακχος, und dieses wieder von ἰαχὴ, herleiten, welches so viel, als ein Geschrey, bedeutet. Vossius Etymol. in Specus. s. p. 561. Noch andere wollen, daß solcher von βάζειν herkomme, welches so viel, als rasen oder toben heißt, Ap. Becmann. Orig. L. L. in Bacchus; wie nicht weniger wiederum einige sind, welche zu behaupten suchen, daß er aus dem Namen des Noah gemacht sey, und zwar, daß er anfangs Boachus für Noachus geheißen, so dann aber in Bachus zusammen gezogen, und daraufmit einem c in der Mitten vermehret worden sey, woraus denn endlich Bacchus geworden, Anonym. Observ. ad Nat. Com. p. 56. welches aber gewiß ziemlich weit her und wunderlich zusammen gesucht ist. Noch andere leiten solchen Namen von Bacchatio her, oder auch von Bacche, einer Nymphe, die ihn mit auferzogen. Serv. ad Virg. Eclog. VI. v. 15. Sonst aber wurde er auch Dionysus, Lyæus, Evan, Bromius, Iacchus, Liber, und so ferner genannt, von welchen Namen denn an ihren Orten ein mehrers nachzusehen steht. Wie er aber von dieser Nation bald so, von jener aber bald wieder anders genannt worden, hat Ausonius einiger maßen angezeiget. Epigramm. 29.

2 §. Aeltern. Da mehr, als ein Bacchus, bey den Alten bekannt gewesen, so sind auch ihre Aeltern gar unterschieden. Des ersten Vater soll Jupiter und die Mutter Proserpina; des andern Vater Nilus; des dritten Kaprius; des vierten Vater Jupiter und die Mutter Luna; des fünften Vater [501] Nisus, und die Mutter Thione; Cicer. de N.D. lib. III. c. 23. p. 1199. des sechsten Vater Ammon, und die Mutter Amalthäa; Diod. Sic. lib. III. c. 68. p. 141. des siebenten Vater wiederum Jupiter, und die Mutter Ceres; Id. ib. c. 62. p. 138. und des achten Vater endlich auch Jupiter, allein die Mutter Semele, des Kadmus Tochter, gewesen seyn. Id. ib. c. 64. p. 138. Jedoch, da einige ihn auch für einerley mit dem Osiris halten, so geben sie für dessen Aeltern den Saturnus und die Rhea an, Id. lib. I. c. 13. p. 9. und noch andere machen ihn zu einem Sohne der Isis. Orpheus Hymn. in Μίσην, v. 9. Insgemein zählet man drey dieses Namens, nämlich den thebanischen. indianischen und assyrischen Bacchus: Gyrald. Synt. VIII. p. 268. Vor allen aber sind insonderheit der griechische, der thebanische und der ägyptische bekannt, jedoch so, daß auch dieses letztern Thaten und Verrichtungen vielfältig dem erstern, oder dem griechischen, mit zugeschrieben werden.

3 §. Auferziehung. Weil Ammon sich vor seiner eifersüchtigen Gemahlinn, der Rhea nicht durfte merken lassen, wie es mit ihm und der Amalthäa stünde, so schaffete er den jungen Dionysus oder Bacchus alsofort nach seiner Geburt in die Insel Nysus, welche der Fluß Triton umschließt, und übergab ihn daselbst der Nysa, einer Nymphe und Tochter des Aristäus, in einer überaus angenehmen Höhle zu erziehen. Dabey wurden ihm besagter Aristäus, als ein Mann von sonderbarer Geschicklichkeit, zum Lehrmeister, Minerva aber zum Schutze wider die Rhea zugegeben. Bey dieser Veranstaltung blieb denn Bacchus nicht allein sicher; sondern wurde auch in allen guten Künsten und Wissenschaften wohl unterrichtet. Wie er nun von Leibe so schön, als vom Gemüthe und Verstande stark und zu allem fähig war: so wurde er solcher Gestalt auch geschickt, dereinst etwas großes zu unternehmen. Diod. Sicul. lib. III. c. 68. & 69. p. 141. Da es aber Jupiter mit der Semele nicht viel anders machte, als Ammon [502] mit der Amalthäa, daß er nämlich dieselbe mit seinem Blitze selbst verbrannte, so war er dennoch nicht weniger für die Erhaltung und Erziehung des jungen Bacchus besorget. Gestalt er ihn denn daher, weil er nur sechs Monate alt war, als seine Mutter umkam, und also noch allzuunzeitig war, ihm sich selbst in die Hüfte einnehete, und darinnen vollends zu seiner Zeitigkeit kommen ließ. Als er ihn aber hernach gleichsam zum andernmale geboren, so über gab er ihn dem Mercurius, daß er ihn zu der Ino und dem Athamas bringen mußte, da ihn denn jene aufs sorgfältigste auferzog. Es machte aber Juno dieselben beyderseits dafür so rasend, daß sie ihre eigenen Kinder elendiglich umbrachten. Jupiter verwandelte daher den kleinen Bacchus in einen jungen Ziegenbock, damit er ihn solcher Gestalt vor der Juno Wuth erhielt, und ließ ihn den Mercurius endlich auch nach Nysa, einer Stadt in Asien, bringen, und daselbst durch einige Nymphen erziehen, welche er hernach in Sterne verwandelte, und unter dem Namen der Hyaden mit an den Himmel versetzete. Apollod. lib. III. c. 4. §. 3. Einige wollen, daß, als er in der Hüfte des Jupiters reif geworden, er solchen mit seinen Hörnern, die er auf dem Kopfe hatte, dergestalt geängstiget, daß er ihn vor Schmerzen nicht mehr habe darinnen behalten können; Stesimbrotus ap. Nat. Com. lib. V. c. 13. allein, als er ihn auch so fort nach seiner Geburt mit in den Himmel genommen, so habe wenig gefehlet, daß ihn Juno nicht wieder aus solchem hinunter geworfen. Euripid. in Bacchis ap. eumd. ibid. Wiederum geben einige vor, als Kadmus seiner Tochter Händel gewahr worden, so habe er sie nebst dem Kinde in einen hölzernen Kasten gesteckt, und also in das Meer werfen lassen, da sie denn bey Oreatis in Lakonien ans Land angetrieben worden: weil nun Semele bereits gestorben war, so erzog man den kleinen Bacchus vollends daselbst. Pausan. Lacon. c. 24. Dieses soll, wie andere wollen, von den Horen, Demarch. ap. Nat. Com. l. c. [503] oder auch der Makris, in Euböa, geschehen seyn, die deßhalber auch vor der Juno entfliehen müssen. Apollod. l. IV. v. 1131. & ad eum Schol. l. c. Nicht weniger wollen auch einige, es hätten ihn die Nymphen selbst aus der Asche, seiner verbrannten Mutter hervor gesuchet, und so dann auferzogen. Meleager ap. Nat. Com. l. c. Andere meynen, daß solches von der Hippa, Orph. Hymn. in Hippam. v. 1. oder von obbemeldeter Ino nicht allein, sondern zugleich auch von deren Schwestern, Autonoe und Agave, Oppian. ap. Nat. Com. l. c. oder auch von der Philia, Koronis und Klyda, in der Insel Naxus, Nat. Com. l. c. oder von den Nymphen, der Bacche und Brome, auf dem Berge Nysa, geschehen sey. Servius ad Virg. Ecl. VI. v. 15. Wie sich aber die Thebaner rühmeten, daß Bacchus bey ihnen geboren, und auch in dem Brunnen Cissussa zuerst abgewaschen worden, Plutarch. in Lysandro c. 25. also wollten auch die Patrenser dessen Erzieher seyn, welche zugleich zu erzählen wußten, wie die Panen ehemals bald solchen jungen Bacchus aufgefangen hätten. Pausan. Ach. c. 18. Nicht weniger wollten sich dessen Geburtsort auch die zu Eleutheris und andere mehr zueignen. Diod. Sic. lib. III. c. 66. p. 140.

4 §. Thaten. Von oberwähnten Personen dieses Namens soll der indianische Bacchus zuerst den Wein zu pressen, und einen Trank daraus zu machen, erfunden haben, nachdem die Erde die Trauben von sich selbst hervor gebracht. So soll er auch die Feigen-und andere dergleichen fruchtbare Bäume zu pflanzen gelernet, dabey aber den ganzen Erdkreis durchzogen, und den Menschen seine Erfindungen wieder gewiesen haben. Diod. Sicul. lib. III. c. 63. p. 137. Hingegen soll des Jupiters und der Ceres, oder auch der Proserpina Sohn zuerst erfunden haben, die Erde mit dem Pfluge und vorgespannten Ochsen zu arbeiten, da solches sonst vorher mit den Händen geschehen müssen. Id. ib. c. 64. p. 138. Was aber des Jupiters und der Semele Sohn, oder den thebanischen [504] Bacchus anbelanget, soll derselbe seine erste Zeit zwar in lauter Wollust und Ueppigkeit zugebracht, hernach aber eine Schaar von Weibern zusammen gebracht haben, die anstatt der Spieße ihre Thyrsos oder Stangen mit Weinreben umwunden führeten, mit welchen er denn einen großen Theil der Welt durchzogen, die Streitigkeiten ganzer Städte und Völker beygeleget und allenthalben Friede gestiftet, Zusammenkünfte der Menschen geordnet, und andere dergleichen Dinge mehr eingeführet, welche zur Bequemlichkeit des menschlichen Lebens gedienet. Id. ibid. c. 64. p. 138. Es nahmen ihn daher auch ganze Nationen willigst auf; und da einige sich ihm widersetzeten, so machte er sie entweder rasend, oder ließ sie durch seine Bacchas zerreißen, oder strafete sie doch sonst strenge. Also empfand dessen Grimm Pentheus in Griechenland, Myrrhanus in Indien, und Lykurgus in Thracien, vor welchem letztern er sich anfangs zwar selbst flüchten mußte, ihm aber hernach desto härter mitfuhr, worauf er denn endlich auf einem indianischen Elephanten zu Theben seinen Triumph und Einzug hielt. Id. ib. c. 65. Was aber endlich des Ammons und der Amalthea Sohn anbetrifft, so soll selbiger noch als ein Kind nicht nur den Wein aus den Trauben zu pressen, sondern auch diese zu Rosinen zu treugen erfunden, wie nicht weniger die Kunst, die Bäume zu pflanzen, und andere nützliche Dinge mehr eingeführet haben. Als aber inzwischen Ammons Gemahlinn, Rhea, erfahren, wer solcher Dionysus oder Bacchus eigentlich sey, habe sie sich dessen zu bemächtigen gesucht, und, da solches nicht angehen wollen, sich endlich von dem Ammon geschieden, hingegen aber ihren Bruder, den Saturnus, wider ihn aufgehetzet, welcher den auch den Ammon überwunden, und ihn gezwungen, sich nach Kreta zu flüchten, worauf er denn auch den Bacchus in Nysa aufgesucht; allein, als es zur Schlacht gekommen, sey er von solchem völlig geschlagen worden. Id. ib. c. 70. 71. p. 142. Es erlegte auch darauf solcher [505] Bacchus ein ungeheures Unthier in Libyen, die Kampen, und machte sich alle Menschen, wo er hinkam, durch seine Gütigkeit zu Freunden, schlug so dann die Titanen zum andernmale, und bekam endlich den Saturnus, nebst dessen Gemah linn, gefangen, denen er aber auch alle Liebe erwies, und sie bath, ihn für ihren Sohn zu erkennen, welches Rhea auch willig that, allein Saturnus behielt den Schalk gegen ihn verborgen. Id. ib. c. 72. p. 143. Immittelst richtete er dem Ammon den berühmten Tempel und das Orakel in Libyen auf, bezwang darauf Aegypten, und gab es dem Jupiter, Saturns und der Rhea Sohne, durchzog ferner ein groß Theil des Erdkreises, und machete sich überall die Menschen gewogen. Wo er auch solchen, des Landes Unfähigkeit halber, den Weinbau nicht zeigen konnte, wies er ihnen doch die Kunst, Bier zu brauen. Als er nun endlich bis in Indien gekommen, so lenkete er sich von dar wieder nach dem mittelländischen Meere zu, und, weil die Titanen seinen Vater in Kreta mit Kriege überzogen, so kam er diesem zu Hülfe, und vertilgete besagte Titanen gänzlich. Indem er aber auch bald darauf mit seinem Vater unsichtbar wurde, so glaubete man, daß sie beyderseits unter die Götter aufgenommen worden. Id. ib. c. 73. p. 144. Es bringen einige auch von dem thebanischen Bacchus noch bey, daß, als er sich seinen Landesleuten für einen Gott zu erkennen gegeben, diese ihn aber nicht dafür ansehen wollen, er deren Weiber so rasend gemacht, daß sie ihre eigenen Kinder gefressen hätten. Apollod. lib. III. c. 5. §. 2. Als er nachher aus Ionien sich in die Insel Naxus wollte übersetzen lassen, und sich daher auf ein tyrrhenisches Raubschiff begab, so wollten die Piraten mit ihm nach Asien durchgehen. Er verwandelte aber den Mastbaum und die Ruder des Schiffes in Schlangen, und erfüllete alles mit Epheu und einem Schalle von Pfeifen. Dadurch wurden denn die Leute im Schiffe so rasend, daß sie sich insgesammt in das Meer gestürzet, [506] allein auch allzumal in Delphine verwandelt worden. Er soll hiernächst seine Mutter wieder aus der Hölle herauf geholet, und endlich mit ihr, als einer Göttinn, sich in den Himmel begeben haben. Id. ib. §. 3. Indessen aber soll ihn doch Juno vorher erst rasend gemacht, und bewogen haben, seine umschweifenden Züge vorzunehmen. da er denn Aegypten und Syrien durchwandert, ferner in Phrygien, von da in Indien und endlich in Thracien gekommen, woselbst ihn aber oberwähnter Lykurgus so empfangen, daß er sich flüchtig zu der Thetis in das Meer degeben müssen. Id. ib. §. 1. Einige wollen, daß er so gar nach Spanien gekommen, da denn von seinen Gefährten, dem Lusus, Lusitanien, von dem Pan aber Spanien den Namen bekommen habe. Varro ap. Plin. H. N. lib. III. c. 1. & Sosthenes ap. Plutarch. & Vossius Theol. gentil. lib. 1. c. 33. In Indien soll er unsern von dem Ganges auf einem Berge zwo Seulen zum Andenken, wie weit seine Züge gegangen, errichtet, Dionys. de S. O. v. 1164. ingleichen die schöne Stadt Nysa erbauet haben, Curt. l. VIII. c. 10. & ad eum Freins hem. l. c. wie denn auch der Fluß Tigris von ihm den Namen bekommen haben soll, als er auf einem Tieger, welchen ihm Jupiter zugeschickt, über solchen Strom gesetzet. Nat. Com. L. V. c. 13. Als er dereinst zur Proserpina kam, so schlief er ganzer drey Jahre; und, da er wieder erwachte, so brachte er seine Zeit mit Tanzen und Springen mit den Nymphen zu. Orpheus Hymn. 52. v. 3. In dem Kriege der Titanen mit den Göttern wurde er von jenen zerrissen, und Minerva brachte dessen annoch zappeln des Herz dem Jupiter: er stund aber, ob er schon war begraben worden, nach einiger Zeit völlig hergestellet wieder von den Todten auf. Phurnut. de N.D. c. 30. Tzetz. ad Lycophr. v. 208. Hyg. Fab. 155. & quos ad eum laudat Muncker. l. c. Hingegen als die Götter vor dem Typhöus flohen, verwandelte er sich in einen Ziegenbock, um also vor dem Grimme seines Feindes verborgen zu seyn. Ovid. Metam. V. v. 329. [507] Besser aber hielt er sich in dem Streite mit den Riesen, indem er sich in einen Löwen verwandelte, und der erste war, welcher einen von den Feinden anfiel, und zerriß Acron. in Horat. ap Gyrald. Synt. VIII. p. 284. Als Oeneus ihm einen freyen Umgang mit seiner Gemahlinn ließ, so gab er ihm dafür einen Weinstock, wies ihm, wie er selbigen pflanzen sollte, und nannte den Wein ihm zu Ehren im Griechischen, von dessen Namen Οἶνον. Hyg. Fab. 129. Als hingegen die Bauern in Attika dessen ehemaligen Wirth, den Ikarius, erschlagen hatten, dieses Tochter aber sich erhenkete, so trieb er der Athenienser Töchter an, daß sie sich auch häufig selbst erhiengen, bis dem Ikarius und dessen Tochter, der Erigona, geziemender Abtrag geschah. Id. Fab. 130. Da auch des Minyas Töchter, Leucippe, Arsippe, und Alkathoe, dessen Fest nicht achteten, sondern dafür zu Hause arbeiteten, so verwandelte er deren Gewebe und Werkzeuge in Epheu und Weinreben, sie aber selbst in Fledermäuse. Ovid. Metam. IV. v. 389. & Nicander ap. Anton Liberal. c. 10. Es wollen ihn auch einige zu dem Erfinder der Schiffahrt und Kaufmannschaft machen; Nat. Com. l. c. besser aber wird er für den ersten gehalten, der den Göttern geopfert, und also deren Dienst gewiesen, Ovid. Fast. III. v. 727. wie auch das Honig erfunden hat. Id. ib. v. 736. Als sein Gefährte, Cissus, sterben wollte, so verwandelte er ihn in Epheu, wie auch die Nymphe, Syla, in einen Feigenbaum, und die Staphyla in eine Weintraube. Masen. Palæstr. Eloqu. ligat. l. I. c. 25. §. 20. Und da ihm Midas den Silenus wieder zustellete, so gewährete er demselben zum Lohne dafür seinen Wunsch, daß alles zu Golde werden möchte, was er anrührete. Weil derselbe aber dabey in Gefahr gerieth, zu verhungern, so entledigte er ihn endlich auf sein Bitten auch wiederum von dieser seiner so unglücklichen Kraft, Gold zu machen. Ovid. Metam. XI. 99.

5 §. Gemahlinn und Kinder. Erstere war die Ariadne, des Minos in Kreta Tochter, welche Theseus entführete, [508] allein, als er mit ihr in die Insel Naxus gekommen war, dem Bacchus überlassen mußte, welcher mit ihr den Oenopion, Staphylus und Evanthes zeugete. Nat. Com. lib. VII. c. 9. Nächst diesen aber hatte er auch von der Venus den Hymenäus, Albericus ap. Boccacc. lib. V. c. 25. und, nach einigen, auch den Priapus, Pausan. Bœot. c. 31. sonst aber noch von der Alexirea den Karmon, von der Chronophyle den Phlias, von der Physkoa den Narcäus, Nat. Com. lib. VI. c. 13. p. 497. von einer Unbenannten den Thyoneus, Boccacc. l. c. c. 26. und von der Nicäa die Satyren. Memnon ap. Phot. laudante Banier. Entret. XI. ou P. I. p. 320.

6 §. Bildung. Wie solche eigentlich vorzunehmen und mit was für Kunst sie auszuführen sey, saget Winkelmann in seiner Geschichte der Kunst des Alterth. 160 u. f. S. wo er auch eine schöne, aber verstümmelte Bildsäule desselben in der Villa Albani beschreibt. Insgemein wird Bacchus als eine junge Mannsperson, mit einem weibischen Gesichte, bloßer oder offener Brust, kleinen gleichsam erst hervorbrechenden Hörnern auf dem Haupte vorgestellt, auf welchem er annoch einen Kranz von Weinreben hat, sonst aber auf einem Tigerthiere reitet. Neben sich, jedoch auch zugleich unten an einem Weinstocke herum hat er einen Affen, ein Schwein und einen Löwen stehen. Unter diesem Weinstocke, der voller Trauben hängt, befindet er sich selbst, hält in der linken Hand einen Becher, und drücket mit der rechten aus einer Weintraube den Saft dahinein. Albricus Imag. Deor. c. 19. Auf einem alten Gemälde wird er vorn bis unter die Scham ganz nackend vorgestellet: von der linken Schulter aber fällt hinten ein weißer Mantel hinunter, der sich um die Lenden und Füße schlingt. In der rechten Hand hält er ein goldenes Gefäß mit zwoen Handhaben, welches er umgestürzt an seinen Kopf hält, der mit einem Epheukranze umgeben ist, und schönes lockichtes Haar auf die Schulter fallen läßt. Mit der linken Hand stützet er sich auf einen von seinem [509] Kleide mit bedeckten Altar, und hat in dessen Arme den Thyrsusstab liegen, der ein knotiges langes Rohr ist, woran sich oben eine Lanzenspitze befindet, worunter Epheuzweige herumgewunden, und darunter noch ein Band gewickelt ist. Seine Gestalt ist angenehm und in der frühesten Jugend. Le pitture ant. d'Ercol. T. III. tav. II. Auf einem andern gießt er mit einem lächelnden Gesichte aus einem Horne mit dreyen Ecken Wein in eine Schale, die ein an der Erde liegender Satir, auf den er mit seinem rechten Fuße tritt, in der linken Hand hält, und aus welcher solcher überläuft. Er ist mit Zweigen und Bluhmen bekränzet, und sein langes Haar, welches ihm lockicht über die Schultern fällt, ist durch ein breites Diadem auf der Stirne mit Bändern oben zusammen gebunden, welche gleichsam kleine Hörner machen. Von seiner rechten Schulter hängt ein Fell, welches unter dem Arme über die Brust weggeht, und die beyden Seiten umgürtet. Die linke Schulter, der Arm und das ganze linke Bein nebst dem Fuße sind mit einem langen Tuche bedeckt, welches sich um den Hals schlingt, und etwas über den rechten Arm hängt, der sonst, wie das rechte Bein, bis auf die Hälfte bloß ist, woran er einen Halbstiefel von einem Wilde trägt, an welchem noch der Kopf sitzt. In der linken Hand hat er einen langen Thyrsusstab. Ivi, tav. 37. Manche bilden ihn entweder ganz nackend, oder doch in einer ganz bunten Kleidung, setzen ihn auf einen Wagen, welchen Pantherthiere ziehen und begleiten, und geben ihm dabey einen knotigen Stab in die Hand, und einen Kranz von Epheue auf das Haupt. Phurnut. de N.D. c. 30. Noch andere aber bilden ihn auch mit einem Kopfe voller schönen Haare, Ovid. Metam. III. v. 421. Cf. Voss. Theol. gentil. lib. IX. c. 29. mit einem Thyrsus in den Händen, einem mit Blumen bestreuten Kleide, und einem Rehfelle auf der Schulter, Philostrat. ap. eumd. l. c. oder auch mit einer Löwenhaut, einer Keule in der Hand, hohen Schuhen, oder Cothurnen, und einem langen [510] Safran-gelben Frauenkleide, oder Krokota. Aristophan. ibid. Indessen bildeten ihn doch die zu Eli als einen Mann mit einem Barte, Pausan. in Eliac. c. 19. wogegen ihn andere gar mit einem Ochsenkopfe vorstellen. Nat. Com. lib. VIII. c. 13. p. 487. Dafern er aber als auf seinen Zügen gebildet wird, so begleiten ihn nicht nur die Bacchä; sondern auch ein großer Haufen von Satyren, Kobalen und dergleichen, auf welche endlich der alte Silenus auf seinem Esel hinten nach folget. Pomey P. I. p. 46. Jedoch aber, so fern er einerley mit dem Osiris ist, hatte er zuförderst auch unter seinen Begleitern neun Jungfrauen, welche Musik machten, und unter der Anführung seines Bruders, des Apollo, stunden, daher denn der Griechen neun Musen gekommen. Diod. Sic. l. I. c. 18. p. 11. Es hatten ihn deswegen einige nicht weniger, als den Apollo, für einen Führer und Vorsteher der Musen, die ihn, nach andern, wie oben erwähnet worden, sollen auferzogen haben. Chartar. Imag. 65. In einer Bildsäule des Praxiteles aus Erzte, welche ihn als einen schönen zärtlichen Jüngling mit lächelndem Gesichte und muthwilligen Augen, in welchen ein bacchisches Feuer glühete, vorstellete, wie ihn Euripides in Bacchis beschrieben, stützete er auch seinen Thyrsus auf eine Leyer. Sein Haupt war mit Epheue umkränzet, und er hatte ein Rehfell um seine Schultern. Callistrati stat. VIII. p. 899. ap. Philostrat. Dergleichen trägt er auch in einer andern Bildsäule, wo er sich den Epheukranz aufsetzet, und mit dem rechten Arme, in dessen Hand er Trauben trägt, auf einer Keule ruhet. Begeri spicileg. antiq. p. 161. Es finden sich wenige heidnische Gottheiten, von denen uns die Zeit eine größere Anzahl Vorstellungen fast in allen Arten der Kunst erhalten hat, als von ihm; daher es zu weitläuftig fallen würde, auch nur die vornehmsten davon allhier anzuführen. Man sehe davon Montfaucon antiq. expliq. T. I. P. II. tab. 142.–162. Lipperts Dactylioth. 1. Taus. VII Abtheil. In allen aber hat er [511] einige besondere Zeichen, die ihn leicht kenntlich machen. Doch ist er auch zuweilen mit einigen versehen, die ihm nicht so eigen sind, als z.B. wenn er einen Donnerkeil in der Hand führet. Descr. des Pier. gr. du Cab. de Stosch p. 234. n. 1459.

7 §. Beynamen. Nach diesen heißt er unter andern


Acratophorus, Adoneus, Aegobolus,

Aesymnetes, Aethiopæus, Alysius,

Amphietes, Anthius, Arœus,

Axites, Bacchepæan, Barbatus,

Bassareus, Biformis, Bimater,

Brisæus, Bromius, Cadmeus,

Cephallen, Colonates, Cresius,

Dasyllius, Dionysus, Dithyrambus,

Dusareas, Edonus, Eleleus,

Eleutherus, Elygeus, Enorchus,

Erebinthius, Evan, Eubuleus,

Euhyius, Evius, Gorgyeus,

Hebon, Hyes, Iacchus,

Iobacchus, Isodætes, Lampter,

Liber, Lyæus, Lysius,

Mæonius, Melpomenus, Maronæus,

Melanægis, Mesateus, Methymnæus,

Mœragetes, Naxius, Nyctelius,

Nysæus, Omadius, Orthus,

Osiris, Philas, Polites,

Sabazius, Saotes, Servator,

Sphaltes, Soter, Sycites,

Taurocephalus, Taurocĕros, Taurocranus,

Tauromorphus, Taurophagus, Theoenus,

Thermius, Thyoneus, Vitisator,

Zagreus.


8 §. Verehrung. Wo er nicht schon von den Assyrern göttlich verehret worden, so haben ihm doch lange vor den Griechen dergleichen Dienst die Aegypter erwiesen, von denen denn desselben Verehrung zuförderst die Thebaner durch Anführung des Orpheus übernommen haben. Voss. Theol gentil lib. I. c. 27. & Lactant. inst. divin lib. I. c. 22. Zwar widersetzte sich derselben anfangs Pentheus hieselbst nicht weniger, als Lykurgus in Thracien, Apollod. lib. III. c. 5. §. 1. 2. weil sie glaubeten, daß unter seinem Dienste nichts, als alle Laster und Schandthaten verborgen steckten; Diod. Sic. lib. III. c. 65. p. 139. dennoch aber nahm solcher endlich überhand, und es war nicht leicht einiger namhafter Ort in Griechenland, wo man ihm nicht seinen Tempel errichtete. Indessen soll ihm doch die allererste Bildsäule Eleuther gesetzet, und[512] zugleich gewiesen haben, wie er verehret werden solle. Hygin. Fab. 225. Aus Griechenland zog sich dieser Bacchusdienst nach Rom, und hatte er mit der Zeit hier seinen besondern Tempel in der II Region, welcher jetzo für die schöne Kirche des heil. Stephans gehalten wird, Nardin lib. III. c. 7. p. 100. wie auch noch einen in der X Region. Id. lib. IV. c. 14. p. 398. Es wurden ihm besondere Feste gefeyret. Dergleichen waren:

Die Agrionia bey den Böotiern, in denen die Weiber den Bacchus bey Nacht suchten, als ob er sich verlaufen hätte, und, wenn sie ihn endlich nicht finden konnten, vorgaben, er hätte sich bey den Musen versteckt. Meursius ap. Schœttg. Lexic. Antiquit. in Agrionia. Castellan. de fest. Græcor. p. 1. Nach diesem schmauseten sie, und vertrieben sich vollends die Zeit mit Auflösung einiger Räthsel und Beantwortung lustiger Fragen. Plutarch. Sympos. L. VIII. Du. 1. Cf. Potteri Archæol. gr. L. II. c. 20. p. 362. T. I.

Die Ambrosia insonderheit von den Ioniern, Gyrald. Synt. XVII. p. 499. und zwar in dem Monate Lenäon, wenn der Wein gelesen wurde. Schœttgen in Ambrosia.

Die Anthesteria, im Monate Anthesterion, an denen die Knechte, als Gäste, bewirthet wurden, welches Fest also bey nahe den Saturnalien der Römer gleich kam Gyrald l. c. Es währete aber drey Tage, wovon der erste Πιθοίγια, der zweyte Χόες, von dem Maße χοὰ, weil alsdann ein jeder aus seinem eigenen Gefäße trank; und der dritte Χύτροι, von χύτρα, ein Topf, weil man dergleichen mit allerhand Samen angefüllet brachte, hießen. Es hatten insonderheit in den letztern die Herren ihren Knechten nichts zu befehlen, daher diese denn schwärmen mochten, wie sie nur selber wollten. An dem zweyten Tage desselben bekamen die Lehrmeister ordentlicher Weise ihr Schulgeld, da sich hingegen den dritten die Poeten hören ließen; und wer von ihnen denn den Vorzug behielt, bekam das atheniensische Bürgerrecht [513] zur Belohnung; wie denn vornehmlich die Athenienser dieses Fest feyerten. Schol. Aristoph. ad Acharn. v. 960. Cf. Potter. l. c. p. 367. Schœttg. l. c. in Anthesteria.

Die Apaturia, ebenfalls bey den Atheniensern, währeten auch drey Tage, wovon der erste Δόρπεια hieß, weil die, weiche zusammen gehöreten, des Abends mit einander schmauseten; der zweyte Ἀνάῤρυσις, weil daran dem phrairischen Jupiter und der Minerva geopfert wurde; und der dritte Κουρεῶτις, weil an solchen den Knaben das erste Mal das Haar abgenommen, und die Mägdchen auch mit in die φρατρίας, oder öffentlichen Verzeichnisse, eingeschrieben wurden. Einige setzen noch einen vierten Tag hinzu, den sie ἐπίβδης nennen, welcher aber eigentlich kein Festtag war, sondern nur als ein Nachfest angesehen wurde, und auch bey andern Festen vorkam. Castellan. l. c. p. 31. Jedoch feyerten es die Protenthä so gar fünf Tage, weil sie es einen Tag eher anfiengen; und man hatte unter dem obersten Archon Cephesidorus einen Schluß gemacht, der Rath sollte bey dieser Feyer in fünf Tagen nicht zusammen kommen. Potter. l. c. p. 370. Der Ursprung solches Festes aber war dieser. Als die Athenienser mit den Böotiern, wegen der Stadt Celäna, in Krieg gerathen waren, so forderte Xanthus, Feldherr der Böotier, der Athenienser König Thymöten, auf einen Zweykampf heraus, den aber für ihn Melanthius von Messene annahm. Als sie nun auf den Kampfplatz kamen, so sah Melanthius einen mit einem schwarzen Ziegenfelle bekleidet hinter dem Xanthus stehen; und, als er sich gegen solchen beschwehrete, daß er nicht der Abrede nach allein käme, so sah sich Xanthus nach der Person um, die bey ihm seyn sollte, da denn Melanthius seinen Vortheil ersah, und ihn alsofort niederstieß. Weil solches nun eine ἀπάτη, oder List und Betrug war, so bekam das Fest daher seinen Namen; Suidas in Ἀπατουρια s. Tom. I. p. 248. & Schol. Aristoph. l. c. ad Vers. 146. Cf. Hesych. in Ἀπατούρια, s. p. 116. [514] Die Ascolia auch bey den Atheniensern, an welchen man einen Ziegenbock opferte, weil dieses Thier die Weinstöcke verderbete, und daher dem Bacchus verhaßt war. Aus den Häuten dieser geopferten Böcke machete man Schläuche, die man mit Weine anfüllete und mit Oele bestrich. Diese wurden in den Schauplatz geleget, auf welche denn die jungen Bursche mit einem Fuße sprangen, und darauf stehen zu bleiben versucheten. Allein, weil sie auf den schlüpferigen Schläuchen nicht festen Fuß fassen konnten, sondern gemeiniglich dafür auf das Maul fielen, so setzete es bey den Zuschauern kein geringes Gelächter. Wer indessen zuerst darauf bestehen blieb, der wurde für den Sieger erkläret und erhielt den Schlauch zur Belohnung. Suidas in Ἀσκὸς Κτησιφῶντος, & Schol. Aristoph. ad Plut. v. 1130. Voss. Inst. Poet. lib. II. c. 2. §. 2. Cf. Castellan. l. c. p. 38. & Potter. p. 372.

Die Bacchanalia bey den Römern, wobey alles dermaßen toll und üppig zugieng, daß wie Huren und Buben für eine frey erlaubte Sache gehalten wurde, also es auch an entsetzlichen Mordthaten dabey nicht fehlete: wie denn daher der Magistrat endlich bewogen wurde, eine genaue Untersuchung deshalber anzustellen, viele am Leben, oder doch sonst hart genug abzustrafen, und das ganze Unwesen aufs schärfste zu verbieten. Livius l. XXXIX. c. 8–18. Cf. Augustin. de C. D. l. VII. c. 21.

Die Brumalia, welche nach einigen von bruma, der kürzeste Tag im Jahre, als zu welcher Zeit sie gefeyret wurden; nach andern aber von Βροὺμος, welches so viel, als der Bacchus, ist, den Namen haben sollen. Gyrald. Synt. VIII. p. 285. Bey den Römern wurden sie den 14. Dec. gefeyert, Id. Calend. Rom. p. 848. und ebenfalls, wie andere Feste dieses vermeynten Gottes, mit allerhand Ueppigkeit zugebracht. Schœttgen l. c. in Brumalia. Sonst soll dieselben bereits Romulus eingeführet, und dar an insonderheit den Rath tractiret haben, übrigens aber solches Fest einerley mit der Griechen Ambrosien gewesen [515] seyn. Rosin. A. R. lib. IV. c. 16. p. 293.

Die Dionysia, welche des Jahres dreymal zu Athen gehalten wurden, als in dem Monate Posideon, dem Lenäon, und dem Elaphebolion. Gyrald. Synt. XVII. p. 494. Es war aber solches vielmehr ein allgemeiner Namen, welcher allen Festen des Bacchus, so wie die Orgia, gegeben wurde. Potteri Archœol græc. L. II. c. 20. p. 382. T. I.

Die Epilenæa, da bey dem Weinpressen dem Bacchus zu Ehren besondere Lieder gesungen wurden, worinnen man ihn zugleich anrief, daß er einen süßen und guten Most geben wolle. Schol. Aristoph. ap. Pomey, P. I. p. 54.

Die Lenæa bey den Atheniensern, bey denen sich kein Fremder durfte blicken lassen, hingegen die Poeten ihre Wettstreite anstelleten. Meurs. ap. Schœttgen l. c. in Lenæa. Sie hatten ihren Namen von ληνὸς, eine Weinpresse, und wurden in dem Monate Lenäon gefeyert. Potter. Archæolgr. L. II. c. 20. p. 412. T. I.

Die Liberalia von den Römern den 17. März, an welchen des Bacchus Priester in der ganzen Stadt herum liefen, besondere alte Weiber gewisse Honigkuchen umher trugen, zuförderst aber die römischen jungen Leute ihre Togam liberam bekamen. Rosin. A. R. lib. IV. c. 7. p. 259.

Die Oschophoria, darinnen zu Athen die jungen Leute mit einem Weinreben voller Trauben von dem Tempel des Bacchus bis zum Tempel der Minerva Scirias um die Wette liefen, da immittelst ein Chor Jungfern mit zweenen in Jungfern verkleideten Jünglingen den Wettlaufenden zu Ehren allerhand Loblieder fangen. Meursius & alii ap. Schœttgen l. c. in Oschophoria. Wer zuerst ankam, erhielt zur Belohnung eine Schale, die man Pentaploa, Fünffach, nannte, weil sie fünferley Dinge enthielt, nämlich Wein, Honig, Käse, Mehl und ein wenig Oel. Potter l. c. p. 419.

Die Nyctelia, welches aber ein gemeiner Namen der Feste des Bacchus ist, so fern nämlich solche meist bey Nacht gehalten wurden. [516] Die Orgia, welches aber auch ein gemeiner Namen nicht nur der Bacchussondern auch anderer Feste ist, so fern nämlich solche entweder mit einiger ὀργῇ, oder Raserey begangen wurden, oder auch den Namen von εἴργω, arceo, weil nicht alle zu solchen Festen gelassen wurden; oder auch von ὄρος, Berg, haben. Cerda ad Virgil. Georg. IV. v. 521. Serv. ad Virg. Aen. IV. 302. Gyrald. Synt. XVII. p. 484.

Die Phallica, Phallagogia, oder Periphallia, da ein von Feigenbaumholze geschnitztes männliches Glied, welches Phallus hieß, auf einem Wagen öffentlich herum geführet, oder auch um die Felder herum getragen wurde, deren Fruchtbarkeit damit zu gewinnen. Jedoch scheinen diese Phallica mehr ein; Theil der Dionysien oder Bacchanalien, als ein besonderes Fest, gewesen zu seyn. Augustin. de C. D. lib. VII. c. 21. & ad eum Lud. Vives l. c. item Voss. Theol. gent. lib. IX. c. 29.

Die Pithœgia, welche von einigen zwar für ein besonderes Fest des Bacchus angegeben werden, eigentlich aber nur der erste Tag der Anthesterien waren, an welchem die πίθοι oder Weinfässer aufgethan wurden, welches im Griechischen οἴγεσθαι heißt. Sieh vorher Anthesteria.

Die Trieterica. oder Trieteredes, welches eigentlich das Fest war, das anfangs die Thebaner zum Andenken des dreyjährigen Zuges des Bacchus in Indien auf dem Berge Cithäron feyerten. Lud. Vives ad Augustin. l. c. Sie wurden hernach auch alle drey Jahre anderwärts mehr gefeyret, Ceraa ad Virgil. Aen. IV. v. 302. und haben also den Namen von τρεῖς drey, und ἔτος, ein Jahr, ihre Stiftung aber selbst von dem fünften Bacchus gehabt. Cic. de N.D. l. III. c. 23. p. 1199. Man glaubete, daß Bacchus währender dieser Feyer die Menschen besuchete, und mit ihnen Umgang pflegete. Sie wurde, wie die andern bacchischen Feste von Weibern und Mägdchen gefeyret, welche letztern eben so wohl, als die ersten, Thyrsusstäbe trugen, und von einer Begeisterung ergriffen zu seyn schienen. Sie [517] theileten sich in Haufen, macheten mit ihren Trummeln und Cymbeln ein erschreckliches Getöse, sangen und schryen, als wenn Bacchus selbst zugegen gewesen, welchem die Matronen indessen opferten. Diod. Sic. LIV. p. 148. Es wurden alle Ehrlosigkeiten und Schandthaten an denselben begangen. Ban. Erl. der Götterl. III. B. 481 S.

Sonst waren diesem Gotte auch noch heilig und gewidmet die aus Mutterleibe geschnittenen Kinder, Voss. l. c. die Ziegeböcke, die ihm daher auch geopfert wurden, Martial l. III. Epigr. 24. die Löwen, Panther, Tiger, Luchse, Schafe und Schlangen, Drachen und Aelstern; ferner die Eichen, Weinstöcke, der Epheu, die Myrten, die Eibenbäume, Voss. l. c. die Tannen, die Narcissen, u.a.m. Nat Com. l. c.

9 §. Eigentliche Historie. Bald soll er der Noah seyn, Voss. Theol. gent. l. I. c. 19. weil solcher eben der ist, welcher zuerst den Wein zu bauen gewiesen; Genes. VIII. v. 26. bald aber der Nimrod, als der Bar-Chus oder ein Sohn des Chus gewesen, woraus selbst der Namen Bacchus entstanden seyn soll; Bochart. Chan. lib. I. c. 19. bald der Moses, als der auch bimater gewesen, und Hörner gehabt haben soll, mit seinem Stabe das rothe Meer geschlagen, und so dann trocken hindurch gegangen, dergleichen Bacchus mit dem Orontes und Hydaspes auch gethan, solcher Bacchus auch selbst von dem Orpheus Μύσης (Μίσης) genannt werde, und was dergleichen alles mehr ist; Huetius Demonstr. Evang. Propos. c. 4. §. 3 Voss. l. c. c. 30. bald der Chusan Risathaim, Iud. III. 10. als welcher im Arabischen Baccha-Chasan, oder der große Chusan geheißen, Rischathajim aber so viel, als einen Führer solcher Leute bedeute, denen die Kopfe vom Saufen weh thun, ohne was sich noch von beyder Leben und Thaten mit einander in Vergleichung soll setzen lassen. Abel Hist. Monarch l. 1. c. 3. §. 8. Allein, wie alle dergleichen Aehnlichkeiten zwar gar sinnreich sind und eine gute Gelehrsamkeit anzeigen: so erweisen sie in der That doch nicht, was sie [518] sollen. Es steht fast eher zu glauben, daß solcher Bacchus ursprünglich niemand anders, als der Aegypter Osiris, gewesen, dessen Dienst Orpheus mit in Griechenland gebracht, allein darinnen auch vieles nach seinem Kopfe geändert, und, da er von dem Kadmus gar wohl aufgenommen worden, alles lieber auf einen Prinzen aus dessen Familie bringen wollen, welches denn der Bacchus, des besagten Kadmus Enkel, war. Diodor. & alii ap Banierium Entret. XIII. ou P. II. p. 35. Weil sich aber auch Kadmus mit andern seinen Angehörigen diesem Bacchusdienste aufs eifrigste widersetzeten, und er so wohl, als sein Sohn, Polpdorus, das Königreich, Pentheus sein Enkel aber, selbst das Leben deßhalber lassen mußte, so wollen andere, daß erwähnter sein Enkel Bacchus erst nach des Kadmus Zeiten, für solchen Gott, der er seyn sollte, angenommen worden. Es sollen darzu so wohl der Namen oder Zunamen Bacchus, nebst dessen Eroberung, und einigen andern Dingen, worinnen er dem alten wahren ägyptischen Bacchus einiger maßen gleich kam, Gelegenheit gegeben haben, welche man denn mit der Zeit vollends mit einander vermenget, und also diesem Enkel des Kadmus die Ehre und den Dienst zugeeignet, der schon lange vorher unter den Griechen üblich gewesen. Wenn aber denn insonderheit von solchem vorgegeben wird, daß Jupiter dessen Vater gewesen, so hat man damit die Schande der Semele zudecken wollen, welche diesen Bacchus außer dem Ehebette geboren. Daß er aber aus der Hüfte gekommen seyn soll, gründet sich darauf, daß Μηρὸς im Griechischen so wohl eine Hüfte, als eine Höhle eines Berges bedeutet. Da nun der ägyptische Bacchus in einer Höhle auferzogen worden, so haben die Griechen, um den ihrigen noch größer zu machen, die andere Bedeutung des Wortes Μηρὸς ergriffen, und solche Hüfte so gar für Jupiters seine ausgegeben. Wenn ferner Bacchus bis in Indien soll gezogen seyn, so versteht es sich bloß von dem ägyptischen, und zwar muß sodann [519] auch unter Indien nicht mehr, als Syrien und Arabien, verstanden werden, in deren keines der griechische Bacchus gekommen ist, daher ihm alle dergleichen Züge fälschlich zugeschrieben werden, folglich aber die Trieterica und andere Feste ohne Ursache gefeyret würden. Daß er aber seine Mutter, die Semele, wieder aus der Hölle solle herauf geholet haben, versteht man von einer zauberischen Hervorrufung derselben. Wenn er die tyrrhenischen Seeräuber in Delphine verwandelt haben soll, so deutet man es, daß sie Kaufleute gewesen, welche mit einem Schiffe mit Weine zu Grunde gegangen. Und da er des Minyas Töchter in Fledermäuse verwandelt, sollen die Bacchuspfaffen dieselben, weil sie einen Abscheu vor des Bacchus Dienste hatten, heimlich bey Seite schaffen lassen, und hernach vorgegeben haben, daß sie zur Strafe in besagte Fledermäuse verwandelt worden. Banier l. c. p. 39–46. Dess. erl. Götterl. III B. 473 u. ff. S. Indessen wurde solcher griechischer Bacchus ungefähr 1354, oder nach andern 1389 Jahre vor Christi Geburt geboren. Petav. Ration. temp. P. I. L. 1. c. 9. p. 36. T. I.

10 §. Anderweitige Deutung. Insgemein wird unter ihm nichts, als der Wein verstanden, Tibull. lib. I. Eleg. 7. v. 70. Man bildet ihn daher nackend, weil der Wein und die Trunkenheit alle Heimlichkeiten offenbaren; als einen fröhlichen Jüngling, weil der Wein, wenn er mäßig getrunken wird, die Menschen lustig und fröhlich macht; mit einem rauhen Barte und fürchterlichen Gesichte, weil der Wein, im Uebermaße getrunken, die Menschen grausam und wild machet; als einen alten kahlköpsichten Mann, weil der Wein vor der Zeit die Menschen alt machet; mit den Musen, weil der Wein der Gelehrten Köpfe schärfet, wenn er geziemend genossen wird; in einem Frauenzimmerkleide, weil volle Leute weibisch sind; mit Hörnern, weil volle Leute kühn und zornig sind; auf einem Wagen, weil vollen Leuten die Köpfe, wie die Räder, herum gehen; [520] mit Tigern und dergleichen Bestien, weil der Wein die Menschen zu dergleichen machet; mit einem Stabe, weil die ihre Strafe verdienen, welche sich des Weines unmäßig gebrauchen, mit dem auf seinem Esel reitenden alten und zitternden Silen, weil der Wein macht, daß die Menschen mit ihren Händen und andern Gliedern zittern, und mit ihrem Verstande so langsam und dumm, wie die Esel, werden. Chartar. & alii ap. Masen. Spec. Ver. occ. c. XXII. n. 16. 17. 18. 19. Er heißt ferner Διόνυσος, quasi Διόνυξος von διανοίγω, eröffne, weil er den Menschen den Mund öffnet, daß sie geschwätzig werden; er heißt Λυαῖος, von λύω, auflöse, weil er die Sorgen austöset und vertreibt; er hat die Satyren bey sich, die den Namen von σεσκρέναι, d.i. dem Maulziehen oder Lachen haben, und die Silenen, welche ihre Benennung von σιλαίνειν, schelten, schimpfen bekommen, weil beydes voller Leute Eigenschaften sind. In seinem Gefolge hörete man Trommeln und Cymbeln, womit der Lärmen angezeiget wurde, den besoffene Leute machen. Er führete einen Thyrsus, weil volle Leute auf ihren Beinen nicht stehen können, und daher etwas haben müssen, worauf sie sich steifen können. Indessen waren unter solchen Thyrsen auch scharfe eiserne Spitzen verborgen, weil Saufgelage selten ohne Schaden und Wunden ablaufen. Er und sein Gefolge hatten ihre Luft mit den Nymphen, weil der Wein mit Wasser gemischt gut und gesund ist. Phurnut. de N.D. c. 30. Allein, wie diese Deutungen meist auf die Sitten ihr Absehen haben: so gehen andere mit ihren Gedanken auf die Natur, und deuten also die Semele auf den Weinstock, den Jupiter auf die Wärme, die zum Wachsthume des Weins erfordert wird, sein Erziehen von den Nymphen, weil ein Weinstock seine Feuchtigkeit haben will; daß er von den Titanen zerrissen, allein doch auch wieder lebendig geworden, auf die Zertheilung, Senkung und wieder Hervorwachsung der Weinstöcke, Nat. Com. l. V. c. 13. oder auch auf die [521] Abschneidung und Zerdrückung der Trauben von den Winzern, und dem daher entstehenden Weine; Phurnut. l. c. seine Händel mit dem Lykurgus auf dieses Weinlese seiner vielen Weinberge, deren Stöcke denn des Bacchus Ammen waren; seine Flucht zur Thetis, auf die Vermischung des Weins mit dem Wasser, welches machen sollte, daß sich der Wein desto länger hielte, u.s.f. Heraclid. Allegor. Homer.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 501-522.
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