Cretenses Tavrvs

[795] CRETENSES TAVRVS, Græc. Ταῦρος Κρῆς, war nach einigen der Stier, welcher die Europa aus Phönicien nach Kreta überführete; nach andern aber derjenige, den Neptun aus dem Meere empor steigen ließ, als Minos ihm versprochen, dasjenige zu opfern, was ihm zum ersten aufstoßen würde. Weil aber, solcher Ochs ungemein schön war, so ließ er ihn unter seine Heerde laufen und opferte hingegen dem Neptun einen andern geringern. Wie aber solches diesen Gott heftig verdroß; so machete er den Ochsen dafür rasend, daß er ungemeinen Schaden that und man es für etwas sehr gefährliches hielt, denselben zu fangen. Es befahl daher Eurystheus dem Herkules, ihm denselben zu bringen, welcher es auch mit guter Zufriedenheit des Minos bewerkstelligte. Allein, da er ihn dem Eurystheus brachte, so ließ ihn dieser, als ein dem Neptun geheiligtes Thier, wieder laufen, da er denn Laconien und Arkadien durchstrich, und endlich, über den Isthmus, in Attica kam, woselbst er um Marathon herum den Leuten wieder sehr viel Schaden zufügete Apollod. lib. LI. c. 4. §. 7. Es wird daher solcher Stier auch der marathonische genannt, und von einigen unrecht von solchem unterschieden. Munck. ad Hygin. Fab 30. Sonst hält man ihn für denjenigen, mit welchem die Pasiphae zu thun gehabt haben soll. Diod. Sic. lib. IV. c. 13. p. 193. & Hygin. l. c. Nach einigen soll er Feuer aus der Nase geblasen haben, und endlich von dem Theseus seyn aus dem Wege geräumet worden. Serv. ad Virg. Aen. VIII. v. 294. Dieser fieng ihn lebendig, und führete ihn zum Schauspiele durch Athen, opferte ihn aber hernach dem Apollo. Plutarch. Thes. c. 18.

Quelle:
Hederich, Benjamin: Gründliches mythologisches Lexikon. Leipzig 1770., Sp. 795.
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