[823] CYBĔLE, es, Gr. Κυβέλη, ης.
1 §. Namen. Den Namen Cybele, oder, wie er auch vielfältig von den Poeten geschrieben wird, Cybelle, Voss. Theol. gent. lib. II. c. 52. hat sie von dem Berge Cybela, Gr. τὰ Κύβελα Hesych. in Κύβελα, s. p. 566. Strabo L. XII. p. 567. Voss. l. c. & Schol. Aristoph. ad Ὄρνιθ. v. 877. oder τὰ Κύβελλα, Steph. Byz. in Κύβελλα. in Phrygien, wogegen andere ihn lieber von κυβ.στᾶν, wirbelicht seyn, als dem Unwesen ihrer Priester, oder von dem Cybelus, erstem Priester solcher Göttinn, oder auch von dem benannten Berge in Phrygien, den sie aber Cybelus nennen, herleiten. Serv. ad Virg. Aen. III. v. 111. Pierius ad eumd. I. c. & Vossius Etymol. in Dactylus s. p. 280. Noch andere wollen solchen Namen ἀπὸ τοῦ κύβου von dem Würfel herleiten, weil die Erde, (welche die Cybele seyn soll,) für würfelmäßig d.i. fest und dadurch beständig und unbeweglich gehalten wird, Micyll. ad Ovid. Metam. lib. X. v. 704. oder auch von dem Ebräischen Kubal, weil sie eine Fortpflanzerinn ist. Voss. Theol. gent. lib. IX. c. 16. Sie wird aber sonst auch bald Rhea, bald Ops, bald Magna mater Deum, die große Mutter der Götter, [823] und Griechisch daher Δημήτηρ, bald aber auch Maia u.s.f. genannt, welche Namen an ihren Orten ins besondere nachzusehen sind, weil daraus erhellen wird, daß sich zwischen der eigentlichen Cybele und der Rhea ein merklicher Unterschied finde.
2 §. Aeltern und Auferziehung. Ihr Vater war Meon, König in Phrygien und Lydien, die Mutter hingegen Dindyma. Weil aber Meon sie, als ein Mägdchen, nicht auferziehen wollte, so wurde sie auf den Berg Cybelus weggesetzet. Alsbald fanden sich einige Panterthiere und andere dergleichen grausame Bestien ein, welche sie mit ihrer Milch unterhielten. Dieß wurden einige Hirtenweiber gewahr, welche sich darüber verwunderten, sie wegnahmen, und also unter sich vollends aufzogen. Diodor. Sic. lib. III. c. 58. p. 134. Indessen machen doch einige den Protogonus zu ihrem Vater, Orpheus Hymn. in Rheam s. lib. III. v. 1. Andere wollen, daß sie mit aus denen Steinen entsprungen, welche Deukalion und Pyrrha ehemals hinter sich warfen. Arnobius ap. Gyrald. Synt. IV. p. 139.
3 §. Leben und Schicksal. Sie war so schön von Gestalt, als klug am Verstande, wobey sie sich sehr sittsam und eingezogen verhielt. Sie erfand die Pfeifen, Trommeln und Cymbalen, ingleichen allerhand Mittel wider die Krankheiten des Viehes und der Kinder, welche letztere sie auch durch bloße Worte curirte. Da sie sich insonderheit freundlich gegen diese erwies, und immer welche um sich hatte, so bekam sie daher den Namen der gebirgischen Mutter. Sie unterhielt eine sehr vertraute jedoch ehrbare Freundschaft mit dem Marsyas: in den Attis aber verliebte sie sich endlich dermaßen, daß sie ihre Ehre dabey zusetzete. Inzwischen wurde sie von ihren Aeltern erkannt und wieder an den Hof genommen Allein, da ihr Vater erfuhr, in was für Umständen sie war, so ließ er so wohl den Attis, als auch oben erwähnte Hirtenweiber hinrichten und ihre Körper unbegraben hinwerfen. Dieses zog sich Cybele dergestalt zu Gemüthe, [824] daß sie endlich unsinnig wurde, auf dem Lande mit zerstreueten Haaren, gräßlichem Geheule und stetem Trommeln umher lief, wobey sie Marsyas beständig begleitete. Sie kamen dabey zu dem Apollo, und als dieser den Marsyas geschunden, sich hingegen in die Cybele verliebet, so schweifete er mit ihr bis zu den Hyperboreern umher. Wie aber mittlerweile Phrygien Pest und theuere Zeit zu drücken anfiengen, und man das Orakel dargegen um Rath fragete, so befahl solches, man sollte des Attis Körper begraben, und der Cybele göttliche Ehre erweisen. Weil aber von dem Attis nichts mehr zu finden war, so erwies man die anbefohlene Ehre dessen Bilde, und erbauete endlich der Cybele insonderheit zu Pessinus einen prächtigen Tempel, stiftete ihr auch ihre besondern Opfer und Gottesdienst, wozu denn insonderheit Midas das Seinige mit beytrug. Diodor. Sic. lib. III. c. 58. 59. p. 134. Indessen melden doch einige, Attis sey ihr nicht treu verblieben, sondern habe sich mit der Sagaris, einer Nymphe, in Liebeshändel eingelassen, wofür ihn aber Cybele grausam bestrafet. Sieh Attes. Dergleichen Zorn ließ sie hernachmals auch gegen den Hippomenes und die Atalanta aus, so, daß sie dieselben nicht nur in ein Paar Löwen verwandelte, als sie in ihrem Tempel ihrer Liebe nachhiengen; sondern spannete sie noch darzu, statt der Pferde, vor ihren Wagen, auf welchem sie zu fahren pflegete. Ovid. Metam. X. v. 696. & Lactant. Placid. Narrat. lib. X. Fab. 11. Man zieht die Erzählung von der Ceres Verheurathung mit dem Jasion auch zu ihrer Geschichte. Banier Erl. der Götterl. III B. 618. Es läßt sich solches aber nicht füglich thun; weil in derselben ausdrücklich allezeit Ceres genannt, und die Mutter der Götter deutlich von ihr unterschieden wird, Jasions Mutter, Elektra, die Neuvermählten auch mit deren Dienste und denen musikalischen Instrumenten beschenkete, welche Cybele erfunden hatte. Diod. Sic. L. V. pag. 223.
[825] 4 §. Beynamen. Diesen nach wird sie genennet.
Andirina,Antæa,Asporina,
Berecynthia,Cybebe,Daucia,
Enthea,Dindymene,Idæa,
Mæa,Magna mater,Mater Deum,
Mygdonia,Pasithea,Pessinuntia,
welche Beynamen denn an ihren Orten nachzusehen stehen, weil darunter ein großer Theil ihrer Historie mit verborgen liegt. Man hat sie auch vielfältig mit der Tellus und Vesta für einerley gehalten. Desgleichen soll sie mit der syrischen Göttinn eine Person seyn. Lucian. de Dea Syr. T. II. Opp. p. 662. sq. Es ließe sich solches durch eine Münze unter dem M. Aurelius Antonin bestätigen, wo sie auf ihrem Throne zwischen den beyden Löwen sitzt, und in der rechten einen ausgestreckten Zepter hält, mit dieser Umschrift:
ΘΕΑC CΥΡΙΑC ΙΕΡΟΠΟΛΙΤΩΝ.
Frœlich. tentam. p. 258.
5 §. Verehrung. Diese nahm ihren Anfang zu Pessinus, woselbst ihr, nach obbemeldeter Art, der erste Tempel erbauet wurde. Von dar breitete sich dieselbe zuerst in klein Asien aus, und sie wurde insonderheit zu Sipylus, Strabo ap. Marsham. Sæc. IX. p. 135. zu Smyrna, Vlpianus ap. eumd. und zu Magnesia, tb. Marsham. l. c. auf dem Berge Ida, Claudian. de R. P. lib. I. v. 199. zu Berecynth, Ser. ad Virgil. Aen. I. v. 785. zu Andira, Strabo lib. XIII. p. 614. auf dem Berge Aspordenum, Idem ibid. p. 619. in Karien, Stephan. Byz. ap. Gyrald. Synt. IV. p. 15. in Kolchis, Arrianus ap. eumd. l. c. p. 149. und in der Insel Lemnus, Steph. Byz. ap. eumd. l. c. verehret, an welchen Orten insgesammt sie ihre besondern Tempel hatte. Von da kam ihre Verehrung nach Griechenland, wo sie ihre Tempel zu Sparta, Pausan. Lacon. c. 12. p. 183. zu Athen, Idem Att. c. 3. p. 6. zu Korinth, Idem Corinth. c. 4. p. 93. bey Delphis, Idem Phoc. c. 32. p. 265. und anderweits mehr hatte. Endlich kam er auch auf eine gar besondere Art nach Rom. Denn als man im I. 547. R. in den sibyllinischen Büchern fand, [826] daß, wenn ein fremder Feind in Italien komme, er daraus wieder könne vertrieben werden, wenn man die Matrem Idæam von Pessinus nach Rom hole; und weil das Orakel zu Delphis von ungefähr auch da mit zustimmete, so schickete man den M. Valerius Lävinus, gewesenen Bürgermeister, M. Cäcilius Metellus, gewesenen Stadtrichter und andere ansehnliche Männer mehr, als Gesandten, mit fünf Galeren erst nach Delphis, und von dar, auf des Orakels Rath, zu dem Attalus, Könige zu Pergamus, welcher ihnen denn die Statue der Göttinn, die ein Stein war, überlieferte. Es hatte aber das Orakel befohlen, man sollte den redlichsten Mann (optimum), zu Rom aussuchen, welcher die Göttinn inzwischen beherbergete. Man sah den P. Cornelius Nasica dafür an, weil man ihn für den frömmsten und gerechtesten hielt. Dio Cass. Fragm. 63. p. 606. s. 28. Ed. Reim. welcher denn mit allen ehrbaren Matronen der Göttinn nach Ostia entgegen gieng, woselbst er sie aus dem Schiffe empfieng, und den Frauen nach Rom zu bringen übergab, wobey vor allen Thüren Rauchfässer mit angezündetem Weihrauche stunden, und das gesammte Volk der ankommenden Göttinn entgegen gieng. Sie brachten solche in den Tempel der Victoria auf dem Palatio, und feyerten diesen Tag als eines der größten Feste. Livius lib. XXIX. c. 10. 11. 14. Man glaubete um so vielmehr Ursache dazu zu haben, weil die Göttinn selbst bey ihnen zu seyn gewünschet. Denn als Attalus die Bildsäule anfänglich nicht wollte verabfolgen lassen, so wurde aus dem Innersten des Tempels eine Stimme gehöret, welche sagete: Ich wollt' es, säume nicht, schick, wie ich will, mich fort; Rom ist für jeden Gott allein ein würdiger Ort. Ovid. Fast. IV. 269. Es wurde ihr nachher im I. R. 548. ihr besonderer Tempel auf dem Palatio errichtet, Liv. ibid. c. 37. und vorhin erwähnter Stein, welcher ehemals, nach der Phrygier Vorgeben, selbst vom Himmel herunter gefallen war, Herodion. lib. I. c. 11. §. 3. [827] in denselben gebracht, worinnen sich denn mit ihm das Wunder soll eräuget haben, daß, da er sonst nach Morgen zu sah, er sich kurz nach des Julius Cäsars Tode von selbst nach Abend zu kehrete. Dio Cass. L. XVI. s. 33. p. 313. Man seperte dieser Göttinn zu Ehren hieselbst insonderheit im Monate April sechs Tage hinter einander die Megalesien, oder megalensischen Spiele, und führete dabey vornehmlich ihre Statue auf einem Wagen in der Stadt umher. Die Frauen giengen mit musikalischen Instrumenten voran, der Rath und die Bürger aber in schönsten Kleidern, hinten nach: Kipping. A. R. lib. II. c. 6. §. 12. conf. Scalig. Poet. lib. I. c. 29. Jedoch geschah alles nur nach römischen Gebräuchen; und obgleich ein Phryger und eine Phrygerinn ihr nach ihrer Art opferten, und die andern Priester gaukelten, und schwärmeten und so für wie Mutter der Götter Almosen bathen, so mischete sich doch kein Römer mit darunter. Dion. Hal. A. R. L. II. p. 91. Sonst pflegete auch solche Statue den letzten, oder, nach andern, den 27 März von ihren Priestern mit großem Gepränge vor das kapenische Thor an den kleinen Fluß oder Bach Almon getragen und daselbst gewaschen zu werden. Ovid. Fast. IV. v. 337. & ad ipsum Neap. l. c. conf. Paull. Merula Cosmogr. P. II. lib. IV. c. 23. p. m. 427. & Voss. Theol. gent. lib. IX. c. 16. sub fin. In den spätern Zeiten brachte man ihr ein ganz besonderes Opfer, bey den die gottesdienstlichen Gebräuche und Cärimonien von andern Opfern sehr abgiengen. Man nannte es Taurobolium und war solches eine Art von Bluttaufe oder geistlichen Wiedergeburt. Derjenige, der sie empfieng, stieg in dem größten Anputze in eine Grube, welche mit einem Fußboden voller Löcher und Spalten bedecket wurde. Auf demselben stach man einen Stier ab, und ließ das Blut hinunter in die Grube fließen, welches der darinnen stehende sorgfältige in seinem ganzen Gesichte und auf allen Theilen seines Leibes und seiner Kleider aufzufangen suchete, und die Merkmaale [828] davon so lange trug, als es angieng. Prudent. Peristephan. XIV. 1011. sqq. Antonin der Fromme soll es zuerst eingeführet haben, und es wurde zur Versühnung der Sünden, für die Gesundheit des Landesherrn oder anderer und vornehmlich bey Weihung eines hohen Priesters der Cybele dargebracht. Boze dans les Mem. de l'Ac. des B. L. & des I. T. III. p. 106. sqq. Ihre Verehrung kam so gar bis nach Gallien. Sieh Berecynthia. Es hießen aber ihre Priester Galli, wie ihr Haupt Archi-Gallus, von einem Flusse dieses Namens in Phrygien, der alle die, welche daraus tranken, rasend machte. Ovid. l. c. v. 360. Diese Priester waren insgesammt nach dem Exempel des obgedachten Attis Verschnittene, indem sie sich selbst theils mit einem scharfen Kieselsteine, theils aber auch nur mit einem Messer die Hoden nebst deren Sacke wegschnitten; Kipping. l. c. c. 2. §. 8. Sie stelleten sich auch bey Verrichtung ihres Gottesdienstes nicht anders, als rasend, an, indem sie die Köpfe auf eine wunderbare Weise dreheten, und schüttelten, sich mit Messern schnitten, daß das Blut häufig darnach gieng, mit Trommeln, Pfeiffen und Cymbalen ein ungeheures Geschwärme machten, dabey tanzeten und sprungen, und was der Tollheiten alles mehr waren. Dempster. ad Rosin. lib. II. c. 5. cf. Gyrald. Synt III. p. 142. & Kipping. loc. cit.
6 §. Bildung. Ihre eigentliche Statue zu Pessinus, und hernach zu Rom, war nichts, als ein dunkeler, eckichter, und also ungestalteter nicht allzu großer Stein; Livius, Arnobius, Minutius ap. Voss. Theol. gent. lib. IX. c. 16. Sonst aber wurde sie als eine ältliche wohlgebildete Matrone vorgestellet, Martian. Capella ap. eumd. l. c. die viefältig sowohl auf Gemmen als Münzen geschleyert ist. Lipp. Dactyl. I Taus. 89. Sie trägt eine Krone, wie eine Mauer, mit Thürmen, auf dem Kopfe, Ovid. Fast. VI. 321. Albricus de Imag. Deor. c. 12. conf. Fr. Swertii Panth. p. 66. in der rechten Hand aber einen Zepter, oder auch ein Büschel [829] Aehren oder Hierse, in der linken hingegen eine Handpauke. Vossius l. c. Jedoch hatte sie auch wohl in der rechten Hand einen Schlüssel, Isidor. ap. eumd. l. c. sonst aber ein buntes geblühmtes Kleid an, Vossius l. c. und fuhr auf einem erhabenen Wagen, welchen zweene Löwen zogen. Lucret. L. II. 600. Albricus l. c. & Schol. Aristoph. ad Ὄρνιδ. v. 877. Zuweilen ziehen ihn so gar ihrer viere, da sie denn ihre Handpauke in der linken hat und auf ihre Knie stützet, wie auf einem Medaillon des Hadrians, Buonarot. Osservaz. Tab. I. fig. 10. oder dafür die Klapper oder einen Spieß und in der rechten einen Zweig oder auch in dieser den Spieß hält, und mit der linken sich auf ihre Handpauke stützet, wie auf den Münzen der Julia, Severs Gemahlinn, vorkömmt. Mediobarb. Imp. rom. num. p. 281, 282, 283. Sie saß auch wohl selbst die queer auf einem Löwen, und hatte in der rechten Hand eine Klapper. Nummus Severi ap. Voss. l. c. Auf einer andern Münze des Commodus ist der Löwe in vollem Laufe, und sie hat in der rechten die Handpauke und in der linken einen Spieß, welcher dem Löwen über dem Halse liegt. Angeloni hist. aug. p. 217. n. 12. Dergleichen sieht man auch auf einer trajanopolitanischen unterm Marcus Aurelius. Frœlich. tentam. rei num. p. 279. Auf dem Wagen saß dann und wann Attis, als ein nackender Knabe, bey ihr, Albric. l. c. der aber auch wohl seine Pluderhosen an und einen phrygischen Hut auf dem Kopfe hatte. Muncker. ad Albric. l. c. So findet er sich auf einem alten Denkmaale, wo er sich an eine Fichte lehnet, auf welcher ein Vogel sitzt. Den linken Fuß hat er über den rechten geschlagen, zu welchen ein Schäferstab liegt. In der rechten Hand hält er eine Kugel und mit der linken scheint er sich in den Kopf zu kratzen, den er nach der Cybele zu wendet, die mit ihren beyden Löwen auf ihn zugefahren kömmt, und in der rechten Hand ein Paar Kornähren, in der linken aber ihre Trommel auf ihrem Knie stehen hat. Du Choul Relig. des anc. Rom. p. 89. [830] Auf den Münzen sitzt sie gemeiniglich auf einem Throne oder auch nur Stuhle, und hat an jeder Seite desselben einen Löwen sitzen, wobey sie ordentlich in einer oder der andern Hand ihre Pauke hat oder sich darauf stützet, in der andern aber einen Zweig oder Spieß hält. Beger. Num. Croy. tab. 48. In dieser Gestalt war auch ihre vom Phidias verfertigte Bildsäule zu Athen. Arrian. Peripl. Pont. Eux. p. 120. Auf einer Münze von des Lucius Verus Gemahlinn Lucilla, steht Attis auch vor ihr. Vaill. num. Imp. roman. T. I. p. 210. Jedoch kömmt sie sonderlich auf den smyrnischen Münzen auch wohl nur mit einem Löwen auf der rechten Seite oder gar ohne denselben vor, und hat sie dabey gemeiniglich eine Schale in der ausgestreckten rechten Hand. Corrarii num. aer. mod. max. tab. 20, 31, 36, 43, 54. Jedoch fehlet ihr auch diese zuweilen und sie hat einen Zepter in dem linken Arme liegen, der sich auf die Trommel stützet. De Camps sel. num. p. 60. Statt desselben trägt sie darinnen auf andern das Bild einer Wegsäule. Corrar. l. c. tab. 21, 40. Selten trifft man sie auf solchen stehend an, Struv. Synt. A. R. c. 1. p. 123. jedoch giebt es deren, wo sie sich zwischen zweenen Löwen zeiget, und einen Zepter oder ein Füllhorn in dem linken Arme hält. Strada de vit. Imp. p. 89. n. 126. Corrar. l. c. tab. 11. 40. Mehrer Abbildung derselben zu geschweigen. S. Montf. Ant. expl. T. I. P. I. tab. 1–5.
7 §. Eigentliche Historie. Daß sie eine Prinzessinn in Phrygien gewesen, ist wohl unstreitig, wobey man auch zugestehen kann, daß sie mit dem Attis ihre Liebeshändel gehabt, und über dessen Hinrichtung verrückt geworden, und sich aus ihrem Vaterlande zuletzt in die Länder gegen Norden gewendet habe. Es wird in ihre Historie auch das mit gemenget, was zwo weit ältere Cybelen angeht, deren eine nothwendig die Titea, des Cölus Gemahlinn, und die andere die Rhea, eine Gemahlinn des Saturns gewesen. Banier Entret. VIII. ou P. I. p. 216. Dess. Erl. der Götterl. III B. 621. S. Sie soll deswegen eine Krone mit Thürmen [831] tragen, weil sie die phrygischen Städte zuerst damit versehen, sich desto besser beschützen zu können. Ovid. Fast. IV. 219. Lucret. L. II. 606.
8 §. Anderweitige Deutung. Sie ist eigentlich nichts anders, als die Erde, Albric. Imag. Deor. c. 12. und bedeutet bey ihrer Bildung ihr Fahren auf dem Wagen das Hängen der Erde in der Luft; ihre Krone, die Städte und Schlösser, welche sie trägt; die Räder am Wagen das Umdrehen der Welt; ihre Trommel die Runde der Erde; die zahmen Löwen vor dem Wagen, daß ihre mütterliche Liebe alles überwinden könne, oder keine Erde so wild sey, die durch sie nicht könne tragbar gemacht werden; und der Schlüssel in ihrer Hand, daß die Erde im Winter gleichsam zu, im Sommer wieder aufgeschlossen werde. Serv. ad Virg. Aen. III. v. 113. & Isidor. Orig. lib. VIII. c. 11. Jedoch wollen einige auch, daß ihr die Löwen darum zugegeben werden, weil solche die vornehmsten wilden Thiere auf der Erde sind. Voss. Theol. gentil. lib. IX. c. 16. Wenn sie saß, so soll es anzeigen, daß sie immer in Ruhe bleibe. August. de C. D. L. VII. c. 24.
Buchempfehlung
Nach Caesars Ermordung macht Cleopatra Marcus Antonius zur ihrem Geliebten um ihre Macht im Ptolemäerreichs zu erhalten. Als der jedoch die Seeschlacht bei Actium verliert und die römischen Truppen des Octavius unaufhaltsam vordrängen verleitet sie Antonius zum Selbstmord.
212 Seiten, 10.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro