[90] S. Aichardus (Aicardus, Aichadrus), Abb. (15. Sept.) Der hl. Aichardus war der Sohn Anschars, eines der ersten Hofbeamten des Königs Clothar II., und wurde von seinem frommen Vater und seiner frommen Mutter Ermina vortrefflich erzogen. Die Klosterschule zu Poitiers gab ihm die wissenschaftliche Ausbildung bis zum sechzehnten Jahre. Während er seine ritterliche Laufbahn bei Hofe beginnen sollte, richtete er sein Herz zu Gott und entschloß sich, der Welt ganz zu entsagen. In der Abtei Jonin (St-Ansyon), am äußersten Ende von Poitou, nahm er das Ordenskleid. Seine Eltern stifteten nach seinem Eintritte ins Kloster die Abtei Quincay bei Poitiers und übergaben sie der Leitung des hl. Philibert, der, vor Ebroins Tyrannei fliehend, so eben seine Abtei Jumièges (Gemeticum) verlassen hatte und nach der Normandie geflüchtet war. Philibert setzte den hl. Aichard an die Spitze der neu gegründeten Klostergemeinde und wollte wieder nach Jumièges zurückkehren. Da ihm dieses unmöglich war, behielt er Quincay und sandte Aichard nach Jumièges, um der dort blühenden Genossenschaft vorzustehen; Jumièges zählte damals 900 Mönche; aber Aichard leuchtete denselben durch Frömmigkeit, Wissenschaft, Weisheit und Würde voran. Was er sprach, hatte Gewicht. Er hatte viele Offenbarungen, war öfters mit himmlischem Glanze umgeben, und hängte in Ermangelung eines Nagels seine Handschuhe an die Sonnenstrahlen. Er hatte viele Anfechtungen des Teufels zu bestehen, die er aber allezeit mit dem Zeichen des hl. Kreuzes und durch das Weihwasser [90] zurückwies. Endlich, als er zu sterben verlangte, erschien ihm ein Engel und offenbarte ihm den Tag seines Todes, der bald darauf (um das Jahr 687) erfolgte. Zur Zeit der normännischen Einfälle ward sein Leib nach Hapres, einem zwischen Cambrai und Valenciennes gelegenen Priorate, übertragen.