Albanus, S. (1)

[96] [96] 1S. Albanus, M. (21. Juni). Lat. Albanus = ein Albanier (aus Albanien oder aus der Stadt Alba). – Im Martyrologium des hl. Erzbischofs Rhabanus Maurus von Mainz († 856) liest man vom hl. Alban Folgendes: »Der hl. Alban kam zur Zeit des Theodosius (des Großen) aus der Insel Namsia (oder, wie eine andere Leseart hat, Nausia) in Begleitung der hhl. Theonestus und Ursus nach Mailand. Diese Stadt verließ er aber bald wieder und ging nach Gallien, wo er im Dienste des Herrn wirkte (in servitio Dei manens), bereit für den Namen seines Erlösers zu sterben. Als aber in Aosta (Augusta Prætoria) der hl. Ursus den Martertod erlitten hatte, kam Theonestus mit dem hl. Alban nach Mainz. Während er daselbst das Evangelium predigte, erlitt sein Schüler Alban das Martyrium und wurde neben (bei) der Stadt begraben.« Geben diese Worte auch einigen Aufschluß über den hl. Alban, so lassen sie doch noch gar Vieles zu wünschen übrig. Ueberhaupt herrscht in Bezug auf diesen Heiligen große Verwirrung, und es thut Noth, darüber ins Reine zu kommen. Obgleich Alban in Deutschland den Martertod erlitten hat und in der ehemals berühmten deutschen Stadt Mainz, wie auch an vielen andern Orten Deutschlands, mit großen Ehren gefeiert wird, so findet man ihn doch selten in einer deutschen Legende, und selbst die neueste Legende von Holzwarth, die doch in Mainz erschien, enthält unsern Heiligen nicht. Auch die deutschen Bearbeiter Butlers haben auf ihn nur in soferne Rücksicht genommen, als sie bei Gelegenheit des hl. Alban, ersten Martyrers in England, der am 22. Juni verehrt wird, in einer Anmerkung (Bd. 8. S. 356 f.) beifügen, unser Alban sei von Geburt ein Afrikaner gewesen, und, nachdem er des christlichen Glaubens wegen von Hunnerich des Landes verwiesen worden, nach Mainz gekommen, wo er in die Hände der Hunnen gerathen und von diesen Barbaren gemartert worden sei. Sie fügen bei, Mabillon und Papebroch (letzterer einer der bedeutendsten Bollandisten) hätten – auf des Rhabanus Maurus Ansehen sich stützend – behauptet, Alban von Mainz sei aus Afrika gekommen. Allein dabei ist auffallend, daß gerade Papebroch (Mabillon konnten wir nicht vergleichen, da die Citation bei Butler nicht richtig ist) sich Mühe gibt, die Ansicht, Alban sei aus Afrika gekommen, weiler von Hunnerich vertrieben worden, als solche darzustellen, die gegen alle Geschichte, Geographie und Chronologie verstoße, und daß er ihren Urheber (oder doch ihren Wiederauffrischer Goswin, der im J. 1072 ein Leben des hl. Alban schrieb) einen infelix Historicus et Chronologus nennt. Folgendes dürfte, wenn wir dem gründlichen Forscher Papebroch (Jun. Tom. IV. p. 86, nicht 68, wie Butler hat) folgen dürfen, in Hinsicht auf unsern Heiligen richtig sein. Der hl. Alban kam gegen Ende der Regierung des Kaisers Theodosius mit den genannten Gefährten, von denen Theonestus das Haupt war, von der Insel Naxos (Naxia, nicht Nausia oder Namsia, die es gar nicht gibt), einer der cykladischen Inseln im griechischen Archipelagus, etwa im Jahre 380 und 390, zu Kaiser Theodosius nach Mailand, bei dem Theonestus ein Geschäft haben mochte. Ob dieser ein Bischof gewesen und seine Begleiter (die hhl. Alban und Ursus) Priester, wagt Papebroch nicht zu entscheiden, glaubt aber, daß alle drei den Clerikern angehörten, unter denen Theonestus einen höhern Rang als die übrigen eingenommen habe. Hier nun in Mailand ist es sehr wahrscheinlich, daß der hl. Ambrosius, der damals mit allem Nachdruck gegen die Arianer predigte, sie aufgefordert habe, nach Gallien zu ziehen, und in gleicher Weise gegen die Irrlehren, die sich dort eingeschlichen hatten oder durch die Gothen dahin gekommen waren, zu predigen. Nachdem sie dahin gezogen und zu Aosta ihren Gefährten, den hl. Ursus, der am 1. Febr. verehrt wird, durch den Martertod verloren hatten, kamen Theonestus und Alban nach Mainz, und zwar unmittelbar nach dem Tode des hl. Maximus, der von den Arianern daselbst, wie der Chronist Megenfridus erzählt, siebenmal aus seinem Bisthume verjagt worden war, und zur Zeit des hl. Bischofs Auräus (oder Aureus), der im Jahre 451 den Martertod starb und am 16. Juni verehrt wird. Hier nun in Mainz erlangte der hl. Alban, als der Jüngere und darum im Kampfe gegen die Ketzer Muthigere, vor seinem Lehrmeister Theonestus die Martyrerkrone, um derentwillen er von den Einwohnern der Stadt Mainz so innig verehrt wird. Diese Auseinandersetzung über die Lebensumstände[97] des hl. Martyrers Alban, zu dessen Ehre viele Kirchen in Deutschland erbaut wurden und noch bestehen, ist ganz conform mit einer Inschrift in Versen, die sich in Mainz um ein Gemälde unseres Heiligen herum angebracht findet, welche Inschrift die Ankunft unseres Heiligen in's Jahr 404 setzt, und wo es heißt: »Unter der Regierung des Kaisers Honorius und dem Episcopate des hl. Auräus, als in Mainz die Ketzerei des Arius den katholischen Glauben zu untergraben suchte (Arius atque fidem labefactat schismate diro), sei der hl. Alban von fernen Küsten (longis Albanus ab oris) nach Mainz gekommen und habe daselbst mit Muth gegen die Ketzer gekämpft, sei aber von ihnen enthauptet worden (capite oblato passus requievit).« In derselben Inschrift wird gesagt, wunderbarer Weise habe er nach der Hinrichtung mit beiden Händen sein Haupt an die Ruhestätte getragen; allein Papebroch ist der Meinung, daß die Martyrer, welche enthauptet worden, in der Regel mit dem Haupte in den Händen dargestellt worden seien, so daß es also deßhalb noch nicht gewiß sei, Alban habe nach dem Tode sein eigenes Haupt in Händen getragen, wenn dieß gleich jene Inschrift zu verstehen gebe. Merkwürdiger ist das Weitere, was in dieser Inschrift von dem Orte »Hunum«, auf dem später eine Kirche zu Ehren des hl. Alban erbaut worden, steht, weil dieser Ort Veranlassung gegeben hat, zu glauben, Alban sei von den Hunnen gemartert worden. Diese fielen allerdings bald nach Albans Tode, noch unter dem Episcopate des hl. Auräus, der mit einer großen Menge Christen während des Gottesdienstes von den Hunnen getödtet worden ist, in's Bisthum Mainz ein und zerstörten nach ihrer Weise alles, was unter ihre Hände kam; allein der hl. Alban war schon vorher von den Arianern getödtet worden, und was die Bezeichnung jenes Ortes betrifft, so ist »Hunum« unser »Huhn, Henne« (gallina) und wurde der Ort aus irgend einem Grunde seit alter Zeit so genannt, gab aber wegen des Gleichlauts Veranlassung, daß selbst in der Inschrift auf die Hunnen, welche Mainz zerstörten, angespielt wurde. Die Inschrift selbst fällt zwischen die Jahre 825–840, da die Kritiker einverstanden sind, daß die ersten Worte der letzten fünfgliederigen Strophe, welche im Laufe der Zeit ausgefallen oder gänzlich unleserlich geworden sind, in solcher Weise ergänzt werden müssen, daß darin die Namen des Bischofs Otgar und des Kaisers Ludwig des Frommen, von denen der erstere im Jahre 825 den erzbischöflichen Stuhl von Mainz bestieg (bis 847, wo Rhabanus Maurus ihm folgte), der letztere aber im Jahre 840 starb, vorkamen. Nun aber entsteht noch die große Frage, in welchem Jahre der hl. Alban gemartert worden. Unser Gewährsmann, der Bollandist Papebroch, spricht sich hierüber nicht entscheidend aus, obwohl er anfänglich in einer Nandbemerkung der Meinung zu sein scheint, Alban sei im Jahre 404 getödtet worden, weil auf besagter Inschrift diese Zahl vorkommt; allein aus derselben kann man nur entnehmen, der hl. Alban sei in diesem Jahre nach Mainz gekommen, nicht aber, er habe in demselben die Marterkrone erlangt. Gewiß ist, daß er noch unter dem Episcopate des hl. Bischofs Auräus (etwa zwischen 400 bis 451 n. Chr.), unter dem die Irrlehrer arg hausten, von den Arianern getödtet worden; aber eben so gewiß dürfte aus besagter Inschrift hervorgehen, daß er etliche Jahre vor dem Einfalle der Hunnen unter Attila im Bisthum Mainz und der Zerstörung dieser Stadt durch dieselben (etwa im Jahre 451) gelitten habe; denn in der Inschrift heißt es, anknüpfend an den Ort »Hunum«, von dem oben die Rede war, daß der Geschichte gemäß nach dem Tode des hl. Alban (Albani tempore passi) die Hunnen in Mainz einfielen und es grausam zerstörten. Die Zeit seines Todes fällt also zwischen das Jahr 404 und 451, wo Mainz zerstört und der hl. Auräus gemartert wurde. Er wurde nach dem Martyrologium des Rhabanus bei (juxta) der Stadt begraben. Das frühere Mainz nämlich stand vor der Zerstörung durch die Hunnen etwas landeinwärts vom Rheine weg, und da, wo es jetzt steht, war der Ort, wo der hl. Alban begraben wurde. Nach dem Wiederaufbau der Stadt wurde der Leib des hl. Alban auf den nahen Albansberg – S. Albani Mons (früher unter den Heiden Mons Martis, unter den Christen Mons Martyrum genannt) – gebracht, wo gegen Ende des 8. Jahrhunderts eine Benedictinerabtei errichtet wurde. – Zu Burano bei Venedig finden sich in einer Kiste die Reliquien eines hl. Martyrers und Bischofs Alb an mit denen eines hl. Einsiedlers und Martyrers [98] Dominicus. Lange Zeit war man des Dafürhaltens, der Leib des hl. Alban in Mainz sei etwa durch die Lüfte oder den Rhein hinab auf der See nach Venedig gekommen; allein diese Annahme entbehrt allen Grundes, und es ist gewiß, daß der Bischof und Martyrer Alb an, dessen Reliquien in Burano sich befinden, ein ganz anderer war als der von Mainz. (S. S. Albanus2.) – Auf Gemälden wird der hl. Alban dargestellt, wie er sein abgeschlagenes Haupt in Händen trägt. Diese Darstellung ist schon uralt, da, wie wir sahen, dieselbe schon auf dem Gemälde sich befindet, um welches die vielbesprochene Inschrift angebracht war.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 1. Augsburg 1858, S. 96-99.
Lizenz:
Faksimiles:
96 | 97 | 98 | 99
Kategorien:

Buchempfehlung

Jean Paul

Die unsichtbare Loge. Eine Lebensbeschreibung

Die unsichtbare Loge. Eine Lebensbeschreibung

Der Held Gustav wird einer Reihe ungewöhnlicher Erziehungsmethoden ausgesetzt. Die ersten acht Jahre seines Lebens verbringt er unter der Erde in der Obhut eines herrnhutischen Erziehers. Danach verläuft er sich im Wald, wird aufgegriffen und musisch erzogen bis er schließlich im Kadettenhaus eine militärische Ausbildung erhält und an einem Fürstenhof landet.

358 Seiten, 14.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon