Apollinaris, S. (6)

[280] 6S. Apollinaris, Ep. M. (23. Juli). Dieser hl. Apollinaris war der erste Bischof von Ravenna und wurde vom hl. Apostel Petrus in diese Stadt geschickt, um dort das Evangelium zu predigen. Als nämlich der hl. Petrus zur Zeit des Kaisers Claudius von Antiochia nach Rom kam, begleiteten ihn viele Christen, und unter diesen war auch Apollinaris, weßhalb er für einen Antiochener gehalten wird, und wohl gar für einen aus der Zahl der 72 Jünger Jesu. Wann der hl. Apollinaris vom Apostelfürsten nach Ravenna geschickt worden, läßt sich nicht genau angeben, da es in der »Passio Apollinaris« (die von einem Unbekannten herrührt und sehr alt, aber nicht ganz ächt seyn dürfte) heißt, daß diese Sendung lange nach der ersten Ankunft des hl. Petrus in Rom (post multum vero temporis) geschehen sei. Die Bollandisten jedoch, welche den hl. Petrus im J. 40 das erstemal nach Rom kommen lassen, setzen genannte Sendung des hl. Apollinaris in das Jahr 46 n. Chr. Hier in Ravenna begann er seine apostolische Thätigkeit damit, daß er den blinden Sohn seines Gastfreundes sehend machte, und auf diese Weise allmählig eine kleine Heerde um sich versammelte. Als diese durch seinen apostolischen Eifer von Tag zu Tag wuchs, und sich viele Heiden taufen ließen, er auch nicht versäumte, Diakone und Priester zu weihen; so wurde er ergriffen, mit Ruthen geschlagen, auf glühende Kohlen gesetzt, und weil man ihn für todt hielt zur Stadt hinausgeworfen. Mehr als einmal mußte er Todesgefahr erleiden, wie dieß aus einer Rede des hl. Petrus Chrysologus hervorgeht, der da sagt (Sermo 128), Apollinaris habe zu verschiedenen Malen für den Glauben sein Blut vergossen und nichts sehnlicher gewünscht, als für Jesus Christus sterben zu dürfen; der Herr habe ihn jedoch lange seiner Kirche erhalten und nicht zugelassen, daß er von den Verfolgern zum Tode verurtheilt werde. Daraus schließen Manche, er sei kein vollendeter Martyrer gewesen, er habe zwar verschiedene Qualen zur Vertheidigung des Christenthums erlitten, habe sie aber allemal [280] überlebt. Allein unsere Gewährsmänner stimmen dem Mart. Rom. bei, welches ihn am 23. Juli einen »Martyrer« nennt und seinen Tod in die Zeit des Kaisers Vespasian setzt, nämlich am 23. Juli, etwa im J. 75 (Vespasian starb als 70jähriger Greis am 24. Juni 79). Wenn in den Acten verschiedene Wanderungen unseres Heiligen vorkommen, nämlich in die Lombardei, nach Mösien, Thracien und an die Donau, um überall das Evangelium zu verkünden, so bekennen unsere Gewährsmänner, daß es ihnen am sichern Fundamente fehle, um sie für unächt zu erklären; dennoch bemerken sie, daß sie spätere Beisätze seyn dürften, zumal alte Ueberlieferungen davon schweigen. Ueber die Zeit seines Episcopats herrschen verschiedene Meinungen. Während Beda behauptet, er habe 20 Jahre seine Kirche regiert, nehmen die Bollandisten mit Baronius und Andern 29 Jahre an, wie aus dem Vergleich zwischen dem Jahre seiner Sendung und dem seines Todes hervorgeht. Sein Leib wurde zu Classica (Classis), einem alten Meerhafen, 3 Meilen von Ravenna, der jetzt eine Vorstadt von Ravenna ist, begraben, kam aber später nach Ravenna, wo er in der Kathedralkirche beigesetzt wurde. Papst Honorius gründete zu Rom eine Kirche zu Ehren des hl. Apollinaris, wie denn auch zu Ravenna sein Andenken auf das Feierlichste begangen wird. Am 7. Mai feierte man einst in Classica die Kirchweihe des zu seiner Ehre dort erbauten Gotteshauses. Sein Attribut ist eine Keule, als Werkzeug seines Marterthums; er ist der Schutzpatron für die, welche am Stein leiden. Wenn aber Radowitz, dem wir diese Notiz entnehmen, sagt, der hl. Apollinaris von Ravenna sei der Schutzpatron von Valence in der Dauphiné, so irrt er sich sehr (vgl. Apollinaris8); interessant jedoch dürfte die Notiz Menzels (II. 255) seyn, die Stadt Ravenna soll den Namen von unzähligen Raben (das Sinnbild des Teufels, weil er, wie Augustin sagt, immer ruft: cras) haben, welche Raben sich jährlich am Feste des hl. Apollinaris vor der Stadt sammelten und mit einem todten Pferd gefüttert wurden. Sein Fest steht am 23. Juli auch im römischen Brevier und zwar ritu dupl. und er wird dort gleichfalls »Martyrer« genannt.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 1. Augsburg 1858, S. 280-281.
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