[345] S. Audomarus, Ep. C. (9. Sept.) Der hl. Audomar (frz. Saint-Omer), Bischof von Tarouenne (Taruena), wurde zu Ende des 6. Jahrhunderts geboren und war der einzige Sohn von Friulph und Domitilla, die beide aus einer sehr edlen Familie abstammten und ansehnliche Güter in der Gegend von Constanz am Bodensee besaßen. Sein Geburtsort lag in der Nähe dieses Sees und hieß Guldenlac oder Goldthal. Als der hl. Audomar seine Mutter durch den Tod verlor, bewog er seinen Vater, alle seine Güter zu verkaufen und unter die Armen zu vertheilen, und begab sich mit ihm in das Kloster Lureuil, dem damals der hl. Eustasius vorstand. Die Stadt Taronenne (oder Tarvane), die Hauptstadt der Moriner (von Mor d.i. Meer, und die Picardie, Artois und Flandern umfassend) bedurfte damals einen eifrigen Hirten. Denn obwohl früher Versuche gemacht worden waren, das Christenthum in jenen Gegenden zu verbreiten, so waren sie doch von geringem Erfolge begleitet, und das kleine Häuflein, welches sich dem Christenthume angeschlossen, sank alsbald in Unglaube und Sittenlosigkeit zurück. Der hl. Audomax mochte sich sträuben wie er wollte, er mußte die auf ihn gefallene Wahl annehmen und wurde um das Jahr 637 zum Bischofe geweiht. Der hl. Bischof, von der Gnade des Himmels unterstützt, unterwies die Moriner in der Lehre des Heils und brachte sie dahin, daß sie mit eigenen Händen die Fahne des Kreuzes auf den Trümmern ihrer Götzentempel [345] aufpflanzten. Er ist als der Apostel dieser Landschaft zu betrachten. Von einem Edelmann, Adroald mit Namen, erhielt er dessen Landgut Sithin (situs Dei). und dieser Ort gefiel ihm so sehr, daß er daselbst eine Kirche unter Anrufung des hl. Martinus erbauen ließ, welche Kirche Saint-Martin-aux-Lards21 hieß, und mit der später ein Kloster in Verbindung gebracht wurde. In seinem hohen Alter ward er des Gesichts beraubt, was ihn aber nicht hinderte, noch immer mit allem Eifer für das Wohl seiner Heerde thätig zu seyn. Auf einer seiner apostolischen Reisen vom Fieber befallen, starb er zu Wavrans (Waurant), einemunweit von St. Omer gelegenen Dorfe, am 9. Sept. 670, nachdem er beinahe 40 Jahre seinem Bisthume vorgestanden war. Gleich von Anfang an wurde sein Andenken zu St. Omer und Sithin feierlich begangen, und findet sich sein Name in alten Martyrologien und Missalen. Wahrscheinlich in Folge einer Uebertragung wurde ein Fest des hl. Bischofs am 1. Nov. begangen, das dann später wegen der allgemeinen Einführung des Festes »Aller Heiligen« weichen mußte. Statt desselben feierte man das Andenken späterer Uebertragungen (z.B. am 21. Oct.), und am 8. Juni das Fest der Rückversetzung oder Wiederherstellung (Relatio) des Leibes des Heiligen, der von Abt Hugo von Quintin und Sithin im Jahre 843 aus der Kirche weggenommen worden war, aber wieder dahin zurückkam. – Sein Name steht am 9. Sept. im Mart. Rom., und wird unser Heiliger auf Gemälden als Bischof dargestellt.