[54] S. Elzearius (Eleazarus), Com. (27. Sept.) Der hl. Elzearius – oder wie ihn im Mart. Rom. Papst Benedict XIV. nennt, Eleazarus – stammte aus dem alten und berühmten Hause Sabran in der Provence und ward geboren im J. 1285 zu Robians, im Bisthume Apt. Hermengaud hieß sein Vater und Lauduna seine Mutter. Diese, wegen ihrer Wohlthätigkeit gewöhnlich nur die »gute Gräfin« genannt, opferte das Kind alsbald nach der Geburt dem Herrn, mit der feierlichen Bitte, er möge, wenn es je einmal die Pfade der Tugend verlassen und das Laster lieben würde, es lieber gleich nach der heil. Taufe von ihrem Herzen reißen und so in seiner Unschuld zu sich nehmen. Das heiße Gebet der Mutter war nicht vergeblich; denn in der Wiege schon waren die Wirkungen des heil. Geistes unverkennbar. Der Knabe war still, freundlich und liebenswürdig. Mit drei Jahren schon konnte man ihm keine größere Freude machen, als wenn er unter dem Schloßthore auf dem Arme seiner Wärterin Almosen an Nothleidende austheilen, oder von seinem Mittagessen etwas an ein armes Kind abtreten durfte. So hatte sein Oheim, Wilhelm von Sabran, Abt des Klosters St. Victor in Marseille, leichte Arbeit, den siebenjährigen Neffen in allem Guten weiter zu bilden. Wirklich machte er auch in Wissenschaft und Tugend die glänzendsten Fortschritte. Seine Liebe zu Gott war so feurig, daß er einmal einem Ordensmanne anvertraute, er habe keinen heißern Wunsch, als einst unter den Ungläubigen im Bekenntnisse Jesu Blut und Leben für seinen Erlöser zu opfern. Seine Sehnsucht nach der Marterkroneward indessen nicht erfüllt; denn die gütige Vorsehung hatte ihn nach ihren unerforschlichen Rathschlüssen zu einem gütigen Vater seiner Unterthanen, zum Schützer der Armen und Unglücklichen gemacht. Auf Betreiben des Königs Karl II. von Sicilien ward der fromme Jüngling mit Delphina, der einzigen Tochter des reichen Sinhas, Herrn von Pui-Michel vermählt. Der Bräutigam zählte erst 10, die Braut 12 Jahre. Der Segen des Himmels aber war über dem Bündniß dieser unschuldigen, Gott ganz ergebenen Herzen. Ein heiliger Wetteifer, Gott mehr zu ehren und zu lieben, beseelte die beiden Gatten. Es ist rührend, wie das fromme junge Ehepaar dem Herrn gelobt, lebenslang in jungfräulicher Keuschheit zu leben; wie es das Fasten auch außer der gebotenen Zeit oft und strenge hält, und in Werken der Buße, der Andacht und heiliger Liebe nicht genugthun kann. – So brachten sie auf dem Schlosse Ansois 7 Jahre im eifrigen Streben nach Vollkommenheit zu; dann zogen sie sich nach dem Schlosse von Pui-Michel zurück, ihr gottseliges Leben fortsetzend. Da traf Elzear zum ersten Mal ein schweres Leid; es starben seine Eltern, welche den Heiligen bisher aller irdischen Sorgen enthoben, und für ihn und Delphina mit treuer Liebe das Zeitliche in Ordnung erhalten hatten. Jetzt mußte Elzear als 23jähriger Mann die Verwaltung der reichen Erbgüter auf sich nehmen, sah sich aber nur als Haushälter Gottes an, und suchte mit all' seinem Vermögen nur die Ehre Gottes zu fördern. Er hörte nicht auf, mit Delphina dem Gebete obzuliegen, betete fleißig die kirchlichen Tagzeiten, ging häufig zur heil. Communion, und pflegte einen Theil der Nacht der Betrachtung göttlicher Dinge zu widmen. Diese Frömmigkeit aber hatte durchaus nichts Düsteres und Abschreckendes an sich; im Gegentheil, nie war Elzear heiterer und gütiger, als wenn er vom Gebete kam. Dabei ließ er seine übrigen Pflichten als Hausvater, Gutsherr, Ritter und Vasalle des Königs nie aus dem Auge. Er verwaltete seine Güter mit eben so viel Sorgfalt als Weisheit. Im Kriege war er tapfer und treu seinem königlichen Herrn; im Frieden thätig und klug, friedlich als Nachbar, redlich, gefällig und dienstfertig gegen Jedermann. Am schönsten offenbarte sich dieser heil. Eheleute christliche Gesinnung in der Ordnung des Hauses und in der Leitung und Behandlung ihrer zahlreichen Dienerschaft. Sie führten eine Hausordnung ein, die christlichen Familienvätern und Müttern wahrhaft als nachahmungswürdiges Musterdienen kann; darum soll sie auch hier nach Butler folgen, obwohl damit die einem Lexikon gesetzten Gränzen überschritten werden mögen: »1. Sollen meine Hausgenossen jeden Tag, welches Geschäft sie auch haben mögen, die heil. Messe hören. Wenn in meinem Hause Gott recht gedient wird, so wird nichts darin mangeln. 2. Wenn Jemand aus meiner Dienerschaft schwört oder lästert, wird er streng bestraft, und mit Schanden entlassen. Kann ich wohl hoffen, daß Gott seinen Segen über mein [54] Haus ausgießen werde, wenn Menschen darin sind, die sich dem höllischen Feinde übergeben? Sollte ich in meiner Nähe Zungen dulden, welche die Seelen vergiften? 3. Alle sollen die Schamhaftigkeit ehren; die mindeste Unlauterkeit in Wort und That wird in meinem Hause nicht ungestraft bleiben. 4. Männer und Weiber müssen alle Wochen ihre Beichte ablegen; Niemand entziehe sich an den Hauptfesten des Jahres der heil. Communion. 5. Ich will, daß man in meinem Hause den Müssiggang meide. Am Morgen wird Jeder sein Herz durch ein glühendes Gebet zu Gott erheben, um ihm sich selbst, wie auch alle Handlungen des Tages, zum Opfer darbringen. Nach diesem sollen Alle an die Arbeit gehen. Von Jenen will ich nichts wissen, die beständig in der Kirche sind; denn dieses thun sie nicht aus Liebe zur Beschaulichkeit, sondern aus Abneigung gegen die Arbeit. Das Leben einer gottesfürchtigen Frau, so wie es der heil. Geist beschreibt, besteht nicht allein darin, daß sie recht bete, sondern daß sie auch sittsam, gelehrig, fleißig in der Arbeit, und sorgfältig im Hauswesen sei. 6. Alle Spiele um Geld, und besonders mit Würfeln, sind verboten. Indessen ist nicht meine Absicht, daß mein Schloß einem Kloster gleich seyn solle, und daß die Meinigen wie Einsiedler leben; ich verwehre ihnen nicht, froh und heiter zu seyn, wofern sie nur nichts gegen ihr Gewissen thun, und sich nicht der Gefahr aussetzen, Gott zu beleidigen. 7. Der Friede darf in meinem Hause nie gestört werden; wo der Friede herrscht, da wohnt Gott. Der Neid, die Eifersucht, der Verdacht, die Angeberei theilen eine Familie wie in zwei Kriegsheere, die sich beständig heimlich zu überfallen suchen, und die, nachdem sie den Hausherrn belagert haben, ihn verwunden und aufzehren. 8. Wenn sich irgend ein Streit erheben sollte, will ich, daß man unverweilt die Vorschrift des Apostels befolge, und daß die Wiederversöhnung noch vor Sonnenuntergang geschehe. Ich weiß es, daß es unmöglich ist, mit Menschen leben, und nicht etwas zu leiden haben. Selten ist ja ein Mensch einen Tag mit sich selbst einig. Andern nicht verzeihen wollen, ist teuflisch; seine Feinde aber lieben und Böses mit Gutem vergelten, ist das Unterscheidungsmerkmal der Kinder Gottes. Wenn ich solche Diener kenne, werde ich ihnen allzeit mein Haus, meinen Geldbeutel und mein Herz öffnen. 9. Alle Abende wird sich mein ganzes Haus versammeln, um der Unterhaltung beizuwohnen, wo man von Gott, von dem Heile, und von den Mitteln, den Himmel zu gewinnen, sprechen wird. Es ist beschämend für uns, daß wir auf Erde gesetzt, um das Paradies zu verdienen, so wenig daran denken, und nur so oberflächlich davon sprechen. O Menschenleben, wie wirst du angewendet! Wie sollen wir Gott lieben lernen, wenn wir niemals von ihm sprechen? Es soll daher Niemand bei der Unterredung fehlen, unter dem Vorwande meiner Geschäfte. Ich habe kein Geschäft, das mir näher geht, als das Heil meiner Dienerschaft. Sie sind mir gegeben, und ich stelle Gott Alles zurück, den Herrn, die Dienerschaft, und überhaupt Alles, was in meiner Gewalt ist. 10. Ich verbiete allen meinen Beamten unter den strengsten Strafen, irgend Jemand an seinen Gütern oder an seiner Ehre das geringste Unrecht zuzufügen, die Armen zu bedrücken und den Nebenmenschen unter dem Vorgeben, meine Rechte zu behaupten, in Noth oder Elend zu stürzen. Ich will mich nicht mit dem Vermögen des Dürftigen bereichern, noch, wenn er darbt, im Ueberflusse schwelgen. Beamte, die auf grausame Weise für den Nutzen ihrer Herrschaft eisern, verdammen sich und jene. Wie dürfte man sich einbilden, daß einige unbedeutende Almosen die Ungerechtigkeit der Beamten tilgen werde, welche die Eingeweide der Armen zerfleischen, deren Weheklagen zum Himmel steigt und um Rache ruft? Ich will lieber nackt in's Paradies gehen, als in Gold und Purpur glänzend mit dem gottlosen Reichen in die Hölle gestürzt werden. Man ist reich genug, wenn man die Furcht Gottes hat. Durch Ungerechtigkeit oder Unterdrückung erworbene Reichthümer sind wie ein unter der Erde verborgenes Feuer, dessen Ausbrüche Alles zerstören und verzehren werden. Ich bin nackt aus dem Schooße meiner Mutter hervorgegangen, bald werde ich nackt in den Schooß der Erde, unserer gemeinschaftlichen Mutter, zurückkehren. Sollte ich wohl für einen Augenblick des Lebens, den ich zwischen diesen zwei Gräbern zubringe, mein ewiges Heil auf's Spiel setzen? Um dieß zu thun, müßte ich meine Vernunft verloren haben, nicht wissen, was die Tugend ist, ich müßte dem Glauben entsagt haben.« – Diese schöne Hausordnung brachten die heil. Eheleute vor Allem durch ihr eigenes Beispiel zu Kraft und Ansehen. Elzear war besonders ein Vater [55] der Armen und Kranken. Täglich wusch er zwölf Armen die Füße und bediente sie bei Tische; gerne besuchte er die Spitäler, tröstete daselbst die Kranken, und beschenkte sie. Die am meisten Gemiedenen suchte er auf, küßte furchtlos im Namen Jesu ihre Wunden und verband sie nicht selten mit eigener Hand. Nach des Vaters Tod sah er sich genöthigt, von der Grafschaft Ariano im Königreich Neapel, Karls Geschenk, Besitz zu nehmen. Die Bewohner von Ariano aber, der frühern Herrschaft immer noch eingedenk, weigerten sich, Elzear als ihren Herrn anzuerkennen, und widerstanden allen Drohungen und Vorstellungen 3 Jahre lang. Von allen Seiten rieth man dem Heiligen, die Empörer mit Waffengewalt zur Huldigung zu zwingen; aber der edle Herr erwiderte: »Soll ich meine Regierung mit Blut und Mord beginnen? Es ist ein geringer Ruhm für einen Löwen, ein Lamm zu zerreißen; etwas Großes aber ist es, ein Lamm über einen Löwen triumphiren zu sehen. Ich hoffe mit Gottes Beistand sollt ihr bald diese Wunder sehen.« Und in der That, die Bewohner Ariano's erkannten ihr Unrecht reuevoll, und ehrten und liebten ihren Herrn wie einen Vater. So besiegte er durch seine übermenschliche Geduld stets seine Gegner. Als Elzear mit Delphina 5 Jahre in Neapel geweilt, begab er sich mit des Königs Erlaubniß nach Frankreich zurück, wo er mit seiner Gattin in Mitte eines prunkliebenden Adels sein einfaches zurückgezogenes Leben fortsetzte, mit ihr in den dritten Orden des hl. Franciscus trat, und am Tage ihres Eintritts das Gelübde ewiger Keuschheit erneuerte. Nach 2 Jahren rief ihn König Robert zurück, machte ihn zum Ehrenritter des Reiches, und übergab ihm seinen Sohn, den Herzog Karl von Calabrien, zur Erziehung, der unter einem solchen Lehrer zu einem ausgezeichneten Regenten heranwuchs. Im Jahre 1323 ging er als Gesandter an den königlichen Hof nach Frankreich, um dort für seinen Zögling um die Hand der Prinzessin Maria, Tochter des Grafen von Valois, zu werben; aber während dieses Geschäftes erkrankte er in Paris. Mit der größten Sorgfalt bereitete er sich auf sein Erscheinen vor Gottes Gericht, und entschlief dann, nachdem er mit innigster Andacht die heil. Sterbsacramente empfangen hatte, selig in Gott am 27. Septbr. in einem Alter von 38 Jahren. Seiner letzten Willensverfügung gemäß wurde sein Leichnam im Ordenskleide von der Kirche der »mindern Brüder« in Paris, wo derselbe anfänglich beigesetzt war, nach der Provence gebracht, und in der Franciscanerkirche zu Apt begraben. Papst Urban V. unterzeichnete, nachdem schon unter seinem Vorgänger der Canonisationsproceß war eingeleitet worden, das Decret der Heiligsprechung im J. 1369, in welchem Jahre auch die sel. Delphina, seine Gemahlin, starb, und mithin noch ihren unvergeßlichen Gatten als Heiligen anerkannt wußte. Indessen veröffentlichte erst Gregor XI. das erwähnte Decret im J. 1371. – Die Künstler lassen den Heiligen gewöhnlich in fürstlicher Tracht auftreten, mit einer Kreuzesfahne und Rosen neben ihm, die sich wohl auf seine Reinheit, oder auf den Wohlgeruch beziehen, mit dem er einst sein Haus erfüllt fand, als er 6 Aussätzige geküßt und geheilt hatte, und heimgekehrt war. (VII. 528.)
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