Esdras, S.

[88] S. Esdras, Sac. (13. Juli). Vom Hebr. Esra = Hülfe. (Im Griechischen, dem die Vulgata folgte, heißt er Esdras.) – Der hl. Esdras ist ein Enkel des Hohenpriesters Saraias, ein vom Geiste Gottes erleuchteter, im Gesetze höchst erfahrener Mann, der Esdr. 7,6 »ein schneller Schreiber im Gesetze Moysis«, d. h. ein geübter Schriftgelehrter, genannt wird. Er stammt von dem Hohenpriester Aaron ab, wie Esdr. 7,1–5 dargethan wird, und war ohne Zweifel wirklicher Priester, da er öfter im angezogenen Buche so genannt wird. Seine Lebensumstände erfahren wir von ihm selber; in seinem den heiligen Schriften einverleibten Buche erzählt er sie vom 7. Kapitel bis zum Ende, nachdem er in den ersten sechs Kapiteln die Rückkehr eines Theiles der Juden (der Stämme Juda und Benjamin) aus der babylonischen Gefangenschaft nach Jerusalem und die Wiedererbauung sowie die Vollendung des Tempels erzählt hat, – Begebenheiten, welche in einem Zeitraume von 20 Jahren, vom ersten Jahre des Perserkönigs Cyrus (536 v. Chr.) bis zum siebenten Jahre des Königs Darius Hystaspes (515 v. Chr.) sich zutrugen. Nach 58 Jahren, nämlich im siebenten Jahre des Perserkönigs Artaxerxes (457 v. Chr.) führte er[88] selbst eine Anzahl Juden aus Babylonien in ihr Heimathland zurück, und suchte dort ihre immerhin noch traurige Lage nach Möglichkeit zu verbessern. Vorzüglich bezog sich seine Thätigkeit auf die Wiederherstellung des mosaischen Gottesdienstes, auf die Unterweisung des Volkes im Gesetze, auf die vorschriftmäßige Feier der Feste und auf die Beseitigung gemischter Ehen. Er richtete zwar sein Auge auch auf die Wiederherstellung des jüdischen Staates, überließ jedoch die Ordnung der bürgerlichen Verhältnisse mehr dem geistvollen, edelmüthigen und von Liebe zu seiner Nation glühenden Nehemias, welcher die weiteren Begebenheiten in jenem heil. Buche beschrieben hat, das nach der Vulgata auch »das zweite Buch Esdras« heißt. Die jüdische Ueberlieferung schreibt dem hl. Esdras die Sammlung und Ordnung des hebräischen Kanon zu, sowie sie auch sagt, er habe statt der althebräischen oder phönicischen Schrift die assyrische oder Quadratschrift eingeführt, und auch sämmtliche Bücher des Kanon, die bei Jerusalems Zerstörung durch die Chäldäer zu Grunde gegangen waren, wieder hergestellt, sowie dem hebräischen Text die Vocale und Accente beigefügt. Wie lange er gelebt hat, und ob er in Palästina oder in Persien gestorben ist, wird uns nirgends mit Sicherheit berichtet. Nach Flavius Josephus wäre er im Lande seiner Väter gestorben, nach der spätern jüdischen Ueberlieferung aber in Persien. Sein Name findet sich mit dem des Propheten Joel am 13. Juli auch im Mart. Rom., wo Esdras ein Prophet genannt wird. (III. 475.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 88-89.
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