Ezechiel, S. (2)

[154] 2S. Ezechiel, Proph. (10. April). Ezechiel, Sohn des jüdischen Priesters Buzi, ward bei der zweiten Einnahme Jerusalems durch die Chaldäer (4. Kön. 24,14) mit dem Könige Jechonias und 10,000 edeln Juden im J. 599 v. Chr. in die babylonische Gefangenschaft abgeführt (Ezech. 1, 1–4). Im fünften Jahre seines dortigen Aufenthaltes, sieben Jahre vor der dritten Einnahme und Zerstorung Jerusalems, erhielt er am Flusse Chaboras (Chebar, Chobar), wo ihm sein Wohnsitz angewiesen worden, die Berufung zum Propheten-Amte, in welchem er wenigstens bis zum 27. Jahre seines Exils thätig war. Bei seinen Mitexulanten stand er in großem Ansehen; sie pflegten zu ihm zu kommen, um über wichtige Angelegenheiten Aufschlüsse und göttliche Offenbarungen zu erhalten. Da Ezechiel ein Zeitgenosse des Jeremias war, und wie dieser dem Priesterstande angehörte, daß sie in einem gewissen Verkehre mit einander gestanden und jedenfalls ihre Weissagungen gegenseitig kennen gelernt haben. Ezechiel widerlegt daher im Einklange mit seinem Zeitgenossen die falschen Propheten, welche, auf die Hilfe Aegyptens vertrauend, den Sturz Babylons und die Rettung der Juden verkündeten und auch bei seinen Mitgefangenen in Chaldäa Eingang fanden. Diesen sagte er die baldige Zerstörung Jerusalems und Abführung des ganzen Volkes vor als nothwendige Folge der herrschenden Gesetzesübertretung und Abgötterei. Dann weissagte er die Rückkehr aus der Gefangenschaft, das neue und vollkommnere Jerusalem, das Reich des Messias und das unglückliche Schicksal der das Volk Israel anfeindenden Nachbarvölker, nämlich der Ammoniter, Moabiter, Edomiter, Philister, Tyrier, Sidonier und Aegypter. Der Prophet erhielt einen großen Theil seiner Offenbarungen in Gesichten, die er ausführlich beschreibt, und gewöhnlich von Gott selbst gedeutet erhält. Man kann in seinen Weissagungen drei Theile unterscheiden: 1. Weissagungen, die Juden betreffend, vor der Zerstörung Jerusalems (Kap. 1–24); 2. Weissagungen, die auswärtigen Völker betreffend (Kap. 25–32); 3. Weissagungen, die Juden betreffend, nach der Zeestörung Jerusalems (Kap. 33–48). Diese Visionen sind mitunter großartig zu nennen. So erscheint ihm in der Einweihungsvision die Herrlichkeit Gottes über dem wunderbaren Cherubimwagen; der Untergang Jerusalems wird ihm angedeutet, indem ein Mann glühende Kohlen unter dem Cherubimwagen wegnimmt und sie auf die Stadt hinabwirft; die Wiederherstellung der Theokratie zeigt sich ihm in der Erscheinung des neuen Tempels und einer neuen Austheilung des Landes.

Er muß nicht bloß mit Worten, sondern auch durch symbolische Handlungen weissagen; so z. B. muß er das Schicksal des Volkes bei seinem Untergange da durch andeuten, daß et sich die Haare abschneidet und den dritten Theil derselben in der Stadt verbrennt, den andern dritten Theil mit dem Schwertzerhaut, und den dritten in den Wind streut. Dadurch aber, sowie durch seine bilderreiche Darstellung bekommen einzelne Theile seiner Weissagungen eine gewisse Dunkelheit, weßhalb ihn auch der hl. Hieronymus ein Labyrinth der Geheimnisse [154] Gottes genannt hat. Dem hl. Gregor von Nazianz ist Ezechiel der größte und erhabenste unter den Propheten. Nach dem größern Umfange seiner schriftlich hinterlassenen Weissagungen gehört er den sogenannten vier größeren Propheten an. Nach einer alten Sage wurde er von einem jüdischen Richter, dessen Abgötterei er bestrafte, in der Gefangenschaft ermordet und zu den alten Patriarchen Sem und Arphaxad begraben, welcher Angabe auch das Mart. Rom. beistimmt, obwohl seine Grabstätte mit Sicherheit nicht anzugeben ist. – Als Emblem trägt Ezechiel ein Thor mit Thürmen in der Hand. (I. 857.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 154-155.
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