[202] 4S. Fidelis à Sigmaringa, Mon. M. (24. April). Dieser hl. Fidelis erblickte das Licht der Welt im J. 1577 in dem Städtchen Sigmaringen, in der Herrschaft gleichen Namens. Sein Vater war Johann Roy, städtischer Schultheiß, und seine Mutter Genovefa Rosenberger. Von seinem Pathen Markus Lorch, Untervogt des Ortes, erhielt er in der heil. Taufe den Namen Markus. Frühzeitig verlor er seinen frommen Vater, empfing aber doch, wie er in seinem vor seiner Profeß verfaßten Testamente selbst bezeugt, von seinen nach des Vaters Tod ihm verordneten Pflegern eine gute christliche Erziehung. Der große Fleiß und die herrlichen Talente, die edle Wißbegierde und das fromme bescheidene [202] Wesen, welche den jungen Markus schon in der Elementarschule auszeichneten, bestimmten seine Mutter und seinen Vormünder ihn zur wissenschaftlichen Ausbildung auf die Schule in Freiburg im Breisgau zu schicken. Hocherfreut zog der Knabe dahin, und machte alsbald bewundernswerthe Fortschritte in allen Fächern, besonders in der lateinischen Sprache. Einen Beleg hiefür liefern uns die auf uns gekommenen Briefe, die er als Student in dieser Sprache geschrieben hat. Nach vollendeten philosophischen Studien fiel seine Wahl auf das Studium der Rechtswissenschaft, die er im J. 1603 absolvirte. Während seiner Studienjahre verband Markus mit Talent und Fleiß eine liebenswürdige Bescheidenheit und große Frömmigkeit, eine unbefleckte Unschuld und ein abgetödtetes Leben, indem er niemals Wein trank und stets ein Bußkleid trug. Ehe Markus von Freiburg heimkehrte, schlossen mehrere hoffnungsvolle Jünglinge aus adelichen schwäbischen Häusern unter sich den tödlichen Bund, die merkwürdigsten Städte Europa's zu bereisen, um die im Kreise der Schulen gesammelten Kenntnisse weiter auszubilden. Da ihnen aber ein tüchtiger Geleitsmann fehlte, so wählten sie dazu im Einverständnisse mit ihren Eltern und Professoren den in wissenschaftlicher und moralischer Beziehung ausgezeichneten Markus Roy. Dazu ließ sich auch dieser im Interesse seiner eigenen Fortbildung gerne herbei, und trat mit ihnen im Anfange des Jahres 1604 die Reise an, die sechs Jahre dauerte. Er durchzog mit seinen jungen Gefährten ganz Frankreich, mehrere Provinzen Spaniens, ganz Italien und Deutschland, und wachte dabei mit aller Sorgfalt über die Reinheit ihrer Sitten. Er ging ihnen immer mit dem Beispiele zarter Frömmigkeit voran, hörte täglich die heil. Messe, betete die kleinen Tagzeiten der Mutter des Herrn, reinigte alle Monate durch die heil. Beicht sein Gewissen von allen Fehlern, nahte sich an jedem Festtage dem Tische des Herrn, besuchte alle Kirchen und Krankenhäuser und gab so viel Almosen, als in seinem Vermögen lag. In Universitätsstädten wohnte er vielen Vorlesungen und öffentlichen Disputationen bei, wurde öfters in die wissenschaftlichen Kämpfe hineingezogen, und gewöhnlich Gegenstand der Bewunderung, wenn er Proben ablegte über seine vielseitigen Kenntnisse des römischen, fränkischen, longobardischen und kirchlichen Rechts. Auf diesem Wege machte er auch Bekanntschaft mit verschiedenen Gelehrten. Mit vielen Kenntnissen bereichert, kehrte er im J. 1610 nach Sigmaringen zurück, wo er kurze Zeit bei seinem Bruder Georg verweilte, der früher in den Capuciner-Orden getreten war und den Klosternamen Apollinaris führte. Hier entschloß er sich zur juristischen Laufbahn, wollte aber vorher noch den Doctorgrad erlangen. Er begab sich daher nach Villingen am Schwarzwalde, wohin sich die Professoren der Hochschule Freiburg wegen einer in dieser Stadt eingerissenen Pestkrankheit begeben hatten. Er bestand eine ruhmvolle Prüfung und wurde nun am 7. Mai 1611 feierlich als Doctor beider Rechte (des kirchlichen und weltlichen) gekrönt. Hierauf trat er zu Ensisheim im Oberelsasse, dem damaligen Sitze der vorderösterreichischen Regierung, die Advocatur an, und gewann nicht nur bald das Vertrauen der Regierung, sondern auch den schönen Titel eines Advocaten der Armen. Allein Markus bemerkte bald, daß der erwählte Stand zu seinem Zwecke, Gott mit ganzer Seele zu lieben, nicht sehr förderlich sei; einige Ungerechtigkeiten, die er nicht hindern konnte, stößten ihm Ekel gegen seinen Stand ein. Mehrere Anwälte suchten durch Scheingründe die Geschäfte zum Nachtheile der Parteien in die Länge zu ziehen. Dieses merkte er, und stemmte sich dem Unwesen auf alle Weise entgegen. Als ihn seine Collegen auf ihre Seite zu bringen sich Mühe gaben, war sein Entschluß bald fertig, die Advocatur niederzulegen und in einen geistlichen Orden zu treten. Anfänglich zog ihn besonders der Karthäuser- und Jesuiten-Orden an – jener, weil er seine Glieder in stiller Betrachtung nur mit Gott beschäftigt; dieser, weil er so verschiedenartig für die Verherrlichung Gottes und das Heil der Menschen wirkt. Er blieb eine Zeit lang unschlüssig, bis er endlich die ihn besonders ansprechenden Eigenschaften jener Orden in dem der Capuciner vereinigt fand. Noch im J. 1611 ließ er sich daher im Capucinerkloster zu Altdorf aufnehmen, empfing im Herbste desselben Jahres von dem Weihbischof zu Constanz, Johann Jakob Mörgel, die niedern und höhern Weihen, und feierte im J. 1612 im Kloster zu Freiburg die erste heil. Messe, nach deren Beendigung er durch den Guardian Angelus das Ordenskleid und den Namen »Fidelis« (d. i. Getreuer) erhielt, bei welcher Gelegenheit Angelus in einer Anrede [203] die Stelle der Offenbarung 2, 10: »Sei getreu bis in den Tod, und ich will dir die Krone des Lebens geben,« gleichsam prophetisch auf ihn anwendete. Endlich nach zurückgelegtem Probejahre, und nachdem er über sein Vermögen testirt hatte, legte Fidelis in die Hände des Guardians Mathias von Herbstheim die Ordensgelübde ab, begann im Kloster zu Constanz das Studium der Theologie, vollendete dasselbe in Frauenfeld, ward hierauf zum Prediger und Beichtvater ernannt, und dann in Rheinfelden in der Schweiz, einige Stunden von Basel, später zu Freiburg im Uechtland und im J. 1621 zu Feldkirch in Vorarlberg als Guardian aufgestellt. In diesem seinem Amte war er ein musterhafter Schüler des hl. Franciscus. Durch seine Predigten zog er die Herzen seiner Zuhörer mächtig an, wirkte Wunder von Bekehrungen, führte viele Calvinisten in den Schooß der katholischen Kirche zurück, wurde als weiser Rathgeber, Helfer und Tröster gerne aufgesucht, oblag zur Zeit der Pest dem Besuche und der Pflege der Kranken ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses, und erwarb sich die allgemeine Achtung und Liebe auch des Militärs, bei dem er einmal durch sein Ansehen blutige Auftritte verhinderte. – Als die Nachricht von den apostolischen Arbeiten unseres Heiligen nach Rom gelangte, machte ihn die römische Propaganda21 im Einverständnisse mit der österreichischen Regierung zum Vorstande einer Mission für Rhätien, wo Calvins Irrlehre sehr überhand genommen hatte. Allein nur kurze Zeit stand er diesem beschwerlichen und gefahrvollen Amte vor, nämlich vom Anfange des Jahres 1622 bis zu Ostern. Nachdem er zu Bretigau (Breetlola), Grüsch und Sevis (Sevisium) mit Milde und Eifer den katholischen Glauben gepredigt und Viele vom Irrthum zur Wahrheit zurückgeführt hatte, rückte die heil. Woche heran, die er in seinem Kloster zubringen wollte, um als Vorsteher die nöthigen Verfügungen auf Weiteres zu treffen. In seiner Abwesenheit entspannen sich Umtriebe gegen ihn, von denen er auch Kenntniß erhielt; deßungeachtet ließ er sich von seinem heil. Missionswerke nicht abhalten. Ahnend die Nähe seines Todes, nahm er von seinem Kloster Abschied. Am 24. April 1622 legte er einem seiner Reisegefährten eine Generalbeichte ab, brachte das heil. Opfer dar, und predigte in Grüsch mit aller Wärme und Kraft, und folgte dann einer Tags vorher von fanatisirten Bauern an ihn ergangenen Einladung, nach Sevis zu kommen und ihnen zu predigen. Dort angekommen predigte er über die Worte des hl. Paulus: »Nur Ein Herr, Ein Glaube, Eine Taufe« (Ephes. 4,5). Schon unter der Predigt fiel ein Schuß auf ihn; aber die Kugel fuhr, ohne ihn zu beschädigen, dicht neben ihm in die Wand. Die Anwesenden liefen hierauf aus der Kirche, die Schutzwache des heil. Predigers, die ihm der Hauptmann Jakob Kolonna, Freiherr von Fels, von Grüsch aus mitgegeben hatte, wurde theils getödtet, theils gefangen genommen; Fidelis warf sich vor dem Altare nieder und empfahl sein Leben in die Hand Gottes. Hierauf machte er sich auf den Weg nach Grüsch; allein ein bewaffneter Bauernhause fiel ihn an, und ein Rasender schlug ihn mit einem Schwertstreiche nieder. Er richtete sich aber wieder auf und bat mit lauter Stimme Gott um Verzeihung für seine Mörder; endlich aber wurde er von den wüthenden Bauern erschlagen. Der linke Theil seines Hauptes war mit einem Kolben zerschmettert, in seiner Brust fanden sich mehr als zwanzig Stiche, seine Rippen waren beinahe alle eingeschlagen, und kaum ein Flecklein sah man an seinem Leibe, das nicht verwundet war. Ein calvinischer Prediger, der bei seinem Tode zugegen war, konnte sich des Geständnisses nicht erwehren, daß der Glaube, der so sterben lehre. sicher der wahre seyn müsse. Er entwand sich sogleich dem Irrthume und legte das katholische Glaubensbekenntniß ab. Andern Tags wurde der heil. Blutzeuge Fidelis von dem Meßner beerdigt, sein Leichnam aber am 18. Oct. wieder erhoben und in das Capucinerkloster nach Feldkirch gebracht, wo er sich noch befindet. Sein Haupt indessen, und seinen linken Fuß besitzt die Domkirche von Chur. Fidelis ward durch viele Wunder verherrlicht weßhalb er von Papst Benedict XIII. i. J. 1729 »selig«, und im J. 1746 von Benedict XIV. [204] »heilig« gesprochen wurde, worauf sein Name unterm 24. April in das röm. Martyrologium aufgenommen ward. Im röm. Brevier wird sein Fest ebenfalls am 24. April sub ritu dupl. gefeiert, und dort heißt es, daß er der erste Martyrer der Propaganda gewesen sei. – Die kirchliche Kunst stellt den Heiligen dar als Capuciner mit einer Stachelkeule, mit der er erschlagen wurde. (But. V. 289.)
Heiligenlexikon-1858: Fidelis, S. (6) · Fidelis, S. (5) · Fidelis, S. (7) · Fidelis, SS. (3) · Fidelis, S. (8) · Fidelis (9) · Fidelis (11) · Fidelis a S. Germano (10) · Fidelis, S. (2) · Fidelis, S. (1)
Buchempfehlung
Der aus Troja zurückgekehrte Agamemnon wird ermordet. Seine Gattin hat ihn mit seinem Vetter betrogen. Orestes, Sohn des Agamemnon, nimmt blutige Rache an den Mördern seines Vaters. Die Orestie, die Aischylos kurz vor seinem Tod abschloss, ist die einzige vollständig erhaltene Tragödientrilogie und damit einzigartiger Beleg übergreifender dramaturgischer Einheit im griechischen Drama.
114 Seiten, 4.30 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro