Flavianus, S. (5)

[219] 5S. Flavianus, Ep. M. (18., al. 17. Febr.) Dieser hl. Flavian, Priester an der Kirche von Constantinopel, wurde nach dem Tode des hl. Patroklus zum Erzbischof gewählt, welche Würde derselbe in der griechischen Kaiserstadt vom J. 446 bis 449 bekleidete, und zwar in einer sehr schwierigen und bewegten Zeit, wo die morgenländische Kirche von Häresien zerrissen und von Streitigkeiten bis ins innerste Mark erschüttert war. In diesen verwirrten Verhältnissen entwickelte er aber einen solchen Tugendglanz und eine solche christliche Charakterstärke, daß er uns die vollste Anerkennung und Bewunderung abnöthigt. Seine hohe Stellung und die ihm dadurch auferlegten heiligen Pflichten verlor er nie aus dem Auge. Als ihm nach seiner Wahl im Namen des Kaisers anbefohlen wurde, diesem für seine Erhebung ein Geschenk zu machen, schickte der heil. Oberhirte nach damaligem Kirchengebrauche die Eulogien oder gesegneten Brode, zum Zeichen des Friedens und der Gemeinschaft; sie wurden aber zurückgewiesen mit dem Bedeuten, die Eulogien müssen von Gold seyn. Darauf erwiderte Flavian mit apostolischem Freimuthe: »Gold und Silber hab' ich nicht und die Kirchenschätze sind nicht mein.« Flavian war ein unerschrockener Verfechter des katholischen Lehrbegriffes gegenüber der monophysitischen Irrlehre, was ihm aber viele Drangsale bereitete und ihn zuletzt in den Tod führte. Eutyches, Priester und Abt von 300 Mönchen nahe bei Constantinopel, der sich durch ein regelmäßiges Leben einen gewissen Ruf erworben hatte, im Grunde aber ein unwissender, [219] stolzer und auf seinen Meinungen starrsinnig haftender Mann war, ging in seinem übertriebenen Eifer gegen Nestorius, der die Einheit der Person in Christus läugnete, so weit, daß er in den entgegengesetzten Irrthum fiel, indem er lehrte, es sei nur Eine Natur in Christo. Bischof Eusebius von Doryläum (in Phrygien) klagte ihn auf einem von Flavian im J. 448 versammelten Concilium an; dasselbe verwarf nach gepflogener Untersuchung seine Lehre, sprach über ihn den Bannfluch aus und setzte ihn ab. Flavian berichtete die ganze Sachlage an den hl. Papst Leo I. nach Rom; auch Eutyches schrieb einen verfänglichen Brief an den Papst, um ihn gegen das Concilium von Constantinopel ein zunehmen. Der Papst aber billigte Flavian's Verfahren, und schickte ihm ein Schreiben, worin er mit bewundernswerther Gründlichkeit die katholische Lehre von der Zweiheit der Naturen und der Einheit der Person in Christo auseinandersetzte, welches Schreiben nachher zu den Acten des Concils von Chalcedon gebracht wurde, das die eutychianische Lehre feierlich verdammte. Eutyches dagegen hatte sich durch seinen Verwandten, den Eunuchen Chrysaphius, des Kaisers Theodosius II. allvermögenden Günstling und Flavian's grimmigen Feind, der schon seine Wahl zum Erzbischof sehr mißbilligt hatte, die Gunst beim Hofe erworben und die Zusammenberufung einer neuen Synode nach Ephesus im J. 449 bewirkt, deren Beschlüsse, welche bereits vorausgefaßt waren, mit der Gewalt des Schwertes ausgesprochen wurden. Der Patriarch Dioskorus von Alexandria, ein ebenso kurzsichtiger als leidenschaftlicher Mann, führte den Vorsitz auf dieser Synode, welche offen alles Necht verhöhnte und jegliches Herkommen mit Füßen trat, weßhalb sie durch den Namen »Räubersynode« gebrandmarkt wurde. Eutyches, der mit zwei kaiserlichen Befehlshabern und einer Abtheilung Soldaten erschienen war, wurde von allem Vorwurfe der Ketzerei freigesprochen, Flavian dagegen eines ungerechten Verfahrens in der Sache des Irrlehrers angeklagt, ohne gebührende Untersuchung für schuldig erklärt, seines Amtes entsetzt und mit der Excommunication belegt. Unbeachtet blieb die Einsprache der päpstlichen Legaten, fruchtlos die Fürbitte mehrerer Bischöfe, welche in der Versammlung kniefällig den Dioskorus um die Zurücknahme seines Spruches gegen Flavian baten. Statt sich erweichen zu lassen, erhob sich der vorsitzende Dioskorus und rief den Bevollmächtigten des Kaisers. Da thaten die Pforten sich auf, und plötzlich erschienen Soldaten mit Ketten und Schwertern versehen in der Versammlung, und erzwangen von den katholischen Bischöfen mit Gewalt die Unterzeichnung von Flavian's Absetzung. Die Legaten des Papstes blieben unerschütterlich. Einer aus ihnen wurde ins Gefängniß geworfen; ein anderer, der Diakon und nachmalige Papst Hilarius, rettete sich nur mit Mühe nach Rom;, Flavian berief sich auf das Urtheil des hl. Stuhles, und überreichte seine schriftliche Erklärung den Legaten von Rom. Dioskorus ward darüber so aufgebracht, daß er mit Barsumas, einem eutychianischen Archimandriten, über ihn herfiel und ihn so grausam mit Füßen trat, daß er nach 3 Tagen zu Hypäpa bei Sardes in Lydien, wohin er in die Verbannung geschleppt wurde, in Folge der ausgestandenen Leiden sein Leben endigte. Endlich gingen dem Kaiser die Augen auf; Chrysaphius fiel in Ungnade, und wurde zum Tode verurtheilt, die Kaiserin Eudoxia mußte sich nach Jerusalem zurückziehen, und nach des Kaisers Tod bestieg seine Schwester, die hl. Pulcheria, mit ihrem Gemahl Marcian den Thron. Diese ließ den Leib des hl. Flavian in feierlichem Zuge nach Constantinopel bringen. Papst Leo hatte an Flavian einen väterlichen Trostbrief geschrieben, der ihn aber nicht mehr am Leben traf. In der Folge rechtfertigten die auf dem ökumenischen Concil zu Chalcedon im J. 451 sitzenden Väter das Andenken des mißhandelten Flavian auf das glänzendste, und erklärten den standhaften Bischof als einen für den reinen Glauben gefallenen Martyrer. Papst Hilarius, welcher Legat des hl. Leo zu Ephesus war, hatte eine solche Verehrung für den hl. Erzbischof Flavian, daß er seinen Martyrtod bildlich darstellen ließ in der Kirche, die er zu Ehren des heil. Kreuzes erbaute. Sein Andenken wird an verschiedenen Tagen gefeiert. Butler (III. 98) setzt ihn auf den 17., das Mart. Rom. auf den 18. Febr. Des Heiligen Reliquien kamen später nach Italien, wo die Stadt Recanati (Recinetum) in der Marl Ancona einen Arm und die Stadt Giulia (Julia nova) in den Abruzzen die übrigen Gebeine aufbewahrt. (III. 71.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 219-220.
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