Franciscus de Paula, S. (6)

[262] 6S. Franciscus de Paula, C. et Ord Fund. (2. April). Dieser hl. Franciscus, der Stifter des Ordens der »Mindesten Brüder« (Minimen), ward geboren zu Paula, einer kleinen Stadt Calabriens, im Königreiche Neapel, am 27. März 1416. Seinen Eltern Jakob Martotilla und Vienna war weder Adel noch Reichthum beschieden; im Gegentheil lastete schwer auf ihnen die Armuth, welche ihnen indessen in ihrer Frömmigkeit weniger drückend gewesen wäre, hätte nur der Himmel ihnen einen Sprößling geschenkt. Nachdem sie längere Zeit mit einander im Frieden, aber ohne Kinder gelebt, nahmen sie ihre Zuflucht zu Gott durch die Fürbitte des hl. Franciscus von Assisi, und gelobten, das Kindlein, welches ihnen geschenkt würde, so zu erziehen, daß Gott und seine Heiligen daran Freude haben sollten. Und der Eltern Flehen ward erhört, Vienna genas eines Knäbleins, das in der heil. Taufe den Namen Franciscus erhielt. Die Freude der Eltern war groß, wurde aber auch bald getrübt. Es zeigte sich nämlich an dem Einen Auge des Kindes eine Geschwulst und ließ das völlige Erblinden desselben befürchten. Da wandten sich die glaubensvollen Eltern wieder an den hl. Franciscus mit der Bitte, er möge das Auge ihres Söhnleins der göttlichen Liebe empfehlen; zum Danke für die Hilfe wollten sie ihm das Kind dergestalt aufopfern, daß es ein ganzes Jahr lang in dem Ordenskleide in einem Franciscanerkloster Gott dienen sollte. Bald darauf verschwand die Geschwulst gänzlich. Jakob und Vienna hielten ihr Gelübde; sie boten Alles auf, ihr Söhnlein, das sie immer als eine Frucht ihres Gebetes betrachten zu müssen glaubten, in der Furcht des Herrn zu erziehen. Die Gnade Gottes war aber auch sichtbar mit ihnen und dem Kinde. Ueberraschend früh entfaltete sich an diesem die Liebe zum Gebete, ein kindlicher Gehorsam und namentlich eine für sein Alter ungewöhnliche Kraft, sich auch von erlaubten Genüssen zu enthalten. Als Franciscus das 13. Jahr erreicht hatte, schien es den Eltern an der Zeit, ihr Gelübde zu lösen, und sie übergaben ihn daher den Franciscanern des Städtchens Santo Marco, bei denen er ein Jahr unter den strengsten Uebungen zubrachte. Obwohl noch durch kein Gelübde verpflichtet, erfüllte er doch die Regel in ihrer ganzen Strenge, enthielt sich der Fleischspeisen, des Weines etc., und trug keine Linnen. Sein Vorbild blieb der Heilige, dessen Namen er trug; selbst fromme Väter des Hauses erbauten sich an dem Wandel des jungen Franciscus, und meinten, so müsse der heil. Ordensstifter von Assisi in seiner Jugend gelebt haben. So [262] verfloß ein Jahr, und es kamen die Eltern, ihren Liebling abzuholen. Franciscus dankte den Vätern für alle Liebe und sprach zu den über sein Scheiden Klagenden: »Ehrwürdige Väter! ihr werdet es mit der Zeit wohl erkennen, warum es Gottes Wille nicht war, mich länger unter Euch zu verweilen.« Sie wußten nicht, was der Knabe damit meinte, und keiner ahnte, daß er berufen sei, auf den Baum, den sein hl. Namenspatron, der seraphische Vater Franciscus, gepflanzt, ein neues blühendes Zweiglein zu setzen. In Begleitung seiner Eltern unternahm er eine Wallfahrt nach Rom und Assisi, und zog sich nach seiner Rückkehr, kaum 15 Jahre alt, in die Einsamkeit zurück. Um durch die Nähe seiner Heimat im beschaulichen Leben nicht gestört zu werden, verließ er seine Einsiedelei, drang weiter gegen das Meer hin und grub sich in einer Bergschlucht eine Höhle. Hier schlief er auf hartem Steine und lebte bloß von Kräutern, die er im angränzenden Walde auflas. Bald gesellten sich fromme Personen zu ihm und theilten seine Lebensweise. Die Bewohner der Umgegend hörten von den wundersamen Einsiedlern, suchten sie auf und bauten Jedem eine Zelle; ein Priester aus der Pfarrei besorgte den Gottesdienst, und so waren die Eremiten des hl. Franciscus von Assisi gegründet. Als sich die Zahl seiner Schüler immer mehr vergrößerte, unternahm Franciscus im J. 1454 mit Genehmigung des Bischofes von Cosenza den Bau einer Kirche und eines Klosters, wobei er von allen Seiten und besonders großmüthig von einem Edelmanne aus Cosenza unterstützt wurde. Um diese Zeit heilte er eine für unheilbar erklärte Krankheit, was eidlich im Processe seiner Heiligsprechung bezeugt wurde. Als das Klostergebäude aufgeführt war, ließ der Heilige seine Jünger in dasselbe ziehen. Nun galt es vor Allem, für ihr gemeinsames Leben eine Regel festzusetzen. Dieser legte er Nächstenliebe, Bußfertigkeit und Demuth zu Grunde. Liebe sollte die Brüder des Hauses unter sich einigen, Liebe sie mit allen Mitmenschen verbinden, um ihr Seelenheil zu fördern. Demuth besaß er selbst im höchsten Grade; einen lieblichen Glanz breitete sie über alle seine übrigen Tugenden aus. Der Gedanke an die menschliche Armseligkeit durchdrang sein Gemüth und begleitete ihn überall; erfüllt vom Geiste Gottes, sah er in sich nur einen Abgrund von Mängeln und Schwächen. Obwohl von den Großen der Erde, von Päpsten und Königen, von Fürsten und Bischöfen geehrt, war er doch in seinen Augen der Letzte, der Geringste und Mindeste von Allen, und wollte daher auch, daß seine Brüder sich die »Mindesten« (Minimi) nannten und dadurch sich als die Letzten im Hause des Herrn darstellten. Dem Vorsteher eines Hauses gab er den Namen Corrector, und wollte, daß er sich beständig erinnern möge, daß er der Diener der Uebrigen sei, gemäß jener Worte unsers Herrn: »Wer unter euch der Größte ist, werde wie der Kleinste, und der Vorsteher werde wie der Diener.« (Luc. 22, 26.) – Eine hervorragende Stelle in des Heiligen Regel Nimmt auch das Fasten ein. Dasselbe galt ihm als ein Hauptmittel, zur Selbstverläugnung und dadurch zur Vollkommenheit zu gelangen. Er verpflichtete daher seine Schüler zu einer ewigen Fastenzeit, untersagte ihnen auf immer den Genuß des Fleisches und alles dessen, was vom Fleische kommt, wie Milch, Butter, Käse, Eier etc., und hielt die Enthaltsamkeit von letzteren Speisen so hoch, daß er sie zum vierten Gelübde seiner Regel erhob. Immerfort hatte er mit wahrem Schmerze die häufige und so leichtsinnige Uebertretung des kirchlichen Fastengebotes unter den Christen seiner Zeit wahrgenommen; in seinen Augen war sie die Quelle zahlloser Sünden und ein Haupthinderniß, die übermächtige Sinnlichkeit zu bändigen und dem Geiste die Herrschaft über den Leib zu verschaffen. Darum wollte er mit seinen Brüdern der sinnlichen Welt im christlichen Fasten ein Beispiel geben; er wollte sie von der Nothwendigkeit, der Würde und dem Segen desselben überzeugen und dadurch die Lauen aneifern, das Fastengebot fleißiger zu halten und jene Tugend zu üben, die der Herr selber auf Erden geübt hat. Alsbald erhielt die Stiftung unsers Heiligen Verbreitung in Calabrien und Sicilien, und im J. 1474 päpstliche Bestätigung und Befreiung von der Jurisdiction der Ordinarien. Zugleich wurde der Heilige zum Generalsuperior ernannt. Gegen das Jahr 1476 gründete Franz von Paula zwei neue Häuser seines Ordens, das eine zu Paterno am Meerbusen von Tarent, das andere zu Spezza in der Diöcese Cosenza. Drei Jahre nachher reiste er nach Sicilien, wo er wie ein Engel vom Himmel aufgenommen wurde. Ueberall strömte ihm das Volk entgegen, bat um sein Gebet und [263] brachte ihm die Kranken, die er wunderbar heilte. Auf diese Weise konnte es ihm nicht schwer werden, dort ein Haus zu gründen, von dem bald noch mehrere andere ausgingen. Im folgenden Jahre kehrte er wieder nach Calabrien zurück und legte den Grundstein zu einem neuen Kloster in Corigliano in der Diöcese Rossano. Solches nahm ihm der damalige König Ferdinand von Neapel hoch in Uebel; ohnedieß zürnte er dem Heiligen wegen einiger Mahnungen, die er und seine Söhne, Herzog Alphons von Calabrien und Cardinal Johann von Aragonien, verdienter Weise von ihm empfangen hatten. Unter dem Vorwande, als hätte der Heilige durch eigenmächtige Erbauung von Klöstern auf königlichem Grund und Boden ein landesherrliches Recht gekränkt, sandte der König einen Schiffshauptmann nach Paterno, wo sich Franciscus eben aufhielt, um ihn zu ergreifen und gefangen nach Neapel zu führen. Als der Hauptmann den heil. Ordensmann betend vor dem Altare des Herrn traf, ruhig und gottergeben die Botschaft vernehmend, ward er so erschüttert, daß er sich nichts wider ihn zu unternehmen getraute. Franciscus bedeutete dem Abgesandten, wie er ihm zu folgen bereit sei, wie aber auch seine Gefangenschaft dem Könige keinen Vortheil bringen würde. Er möge nur zurückkehren nach Neapel und dem Könige und den Prinzen als ein kleines Zeichen seiner Verehrung diese geweihten Wachskerzen mit der Bitte überreichen, doch einmal in sich zu gehen und wahre Buße zu wirken, sonst würde er das Reich verlassen und in Jammer und Elend sein Leben enden müssen. Dieses traf später auch wirklich ein, als König Carl VII. nach Neapel zog und das Königreich eroberte im J. 1483. Diese mit erschütterndem Ernst gesprochenen Worte machten auf den Hauptmann den tiefsten Eindruck; er kehrte nach Neapel zurück und redete mit solcher Kraft zum Könige zu Gunsten des Dieners Gottes, daß Ferdinand sich entschloß, denselben in Freiheit zu lassen. – Franciscus besaß die Gabe der Weissagung. So prophezeite er mehrere Jahre vor dem Ereignisse die Eroberung Constantinopels durch die Türken, sowie auch Otranto's, welches die erste Festung und gleichsam der Schlüssel des Königreichs Neapel war; versprach aber auch den Christen, daß diese Festung durch den frommen Grafen Johann von Arena, einen der Generale Ferdinands, im folgenden Jahre den Ungläubigen wieder abgenommen werde. Noch mehrere andere Prophezeiungen werden von ihm berichtet, die sich auf die Könige Ferdinand I. und Alphons II. von Neapel, dann auf Ludovica von Savoyen, die nachmalige Herzogin von Angouleme etc. bezogen, und welche alle eintrafen. Als die Heiligsprechung des prophetischen Mannes im Gange war, berichtete Bischof Lorenz von Grenoble in einem Briefe an Papst Leo X., der Heilige habe ihm viele Sachen geoffenbaret, die nur Gott und er wisse. – Ebenso groß wie die Prophezeiungen waren die Wunder des Heiligen. Ihm schien die Natur zu gehorchen; er gab durch seine Fürbitte Blinden das Gesicht, Stummen die Sprache wieder, heilte Krankheiten, die Jedem unheilbar schienen. So ging er eines Tages bei dem Bau seines Klösterleins in einen brennenden Kalkofen und besserte die schadhaften Stellen aus, ohne vom Feuer verletzt zu werden. Auf sein Gebet erstanden sieben Todte zum Leben. Es kam auch eines Tages seine Schwester Brigitta zu ihm, voll Schmerz und Thränen, und klagte ihm ihres Sohnes Hinscheiden. Der Heilige betete eine Zeit lang für die Ruhe der Verstorbenen, ließ sich dann die Leiche des Kindes in seine Zelle bringen und fing wieder zu beten an. Als dann die Mutter hineintrat, fand sie ihr Söhnlein wieder am Leben. Der auferweckte Jüngling, der sich Nicolaus von Alesso nannte, trat in der Folge in den Orden der Minimen und zeichnete sich durch Tugend und Frömmigkeit aus. Die Wunder, welche Gott durch seinen Diener wirkte, erregten allenthalben großes Aufsehen. Als der Papst Paul II. sich von ihrer Aechtheit überzeugen wollte, beauftragte er im J. 1469 einen seiner Kämmerer, sich an Ort und Stelle zu begeben und an den Bischof von Cosenza sich zu wenden, um von ihm Authentisches zu erfahren. Der Bischof sagte dem Abgeordneten, er kenne den Heiligen genauer, er sei ein Mann von ganz außerordentlichen Tugenden, und rieth ihm, denselben selbst zu sehen und zu befragen. Der Kämmerer folgte dem Rathe und besuchte den heil. Ordensmann. Der Canonicus Karl Pyrrho von Cosenza, den Franciscus zehn Jahre vorher von einer Krankheit geheilt hatte, begleitete ihn. Als sie mit einander ankamen, arbeitete der Heilige mit den Handwerkern an dem Baue seiner Kirche; sobald er aber die Besuchenden erblickte, verließ er [264] seine Arbeit und ging ihnen entgegen. Da der Kämmerer sich anschickte, ihm die Hand zu küssen, weigerte er sich und sprach: »Mir kommt es zu, dir die Hände zu küssen, welche dreißig Jahre lang durch das Opfer der heil. Messe sind geheiligt worden.« Der Kämmerer erstaunte sehr über dieses Wort; da ihn der Heilige nie gesehen, nie kennen gelernt hatte, schloß er daraus, nur durch göttliche Eingebung könne er die Zahl seiner Priesterjahre wissen. Nun bat er ihn um ein Gespräch im Kloster, und Franciscus führte ihn in eine Zelle. Der päpstliche Gesandte, ein geistvoller Mann, wußte alsbald das Gespräch auf des Heiligen neue Anstalt zu lenken. Da verwies er ihm die übermäßige Strenge seiner Regel und mehrere seltsame Gebräuche, die er eingeführt, und warnte ihn schließlich vor Selbsttäuschung und geheimer Hoffart. Ruhig hörte Franciscus diese Vorwürfe an, und vertheidigte mit Demuth, aber auch mit gründlichem Ernste, sich und die Brüder. Als er aber sah, daß seine Rede auf den Kammerherrn keinen besondern Eindruck machte, füllte er seine Hand mit glühenden Kohlen, nahm ihnen die Kraft zu brennen und sprach in aller Demuth, daß Gott Jenen gehorsame, die ihm in der Einfalt ihres Herzens dienen – Worte, die nachher in die Bulle seiner Heiligsprechung aufgenommen worden sind. Dieß Wunder dieß erhabene Wort erschütterten den Gesandten, seine Zweifel schwanden, und er kehrte erfüllt von der tiefsten Verehrung gegen Franciscus nach Rom zurück, wo er dem Papste treuen Bericht erstattete über das, was er gesehen und gehört. Im J. 1482 wurde der hl. Franz von Paula nach Frankreich berufen, wo König Ludwig XI. bei den nahenden Schrecken des Todes seiner Fürbitte vertraute. Anfänglich war Ludwigs dringendes Ansuchen und des Königs von Neapel Fürsprache vergeblich, Franciscus wollte nicht nach Frankreich ziehen. Ich will Gott nicht versuchen, sprach er, und einen Weg von 400 Stunden machen, eines Fürsten wegen, der nur aus niedern, rein menschlichen Absichten ein Wunder von mir verlangt. Ludwig aber wandte sich an Papst Sixtus IV. um seine Vermittlung. Als der Diener Gottes zwei Breven erhielt, die ihm befahlen, ohne Verzug nach Frankreich sich zu begeben, gehorchte er ohne Widerrede. Angekommen bei dem an Entkräftung daniederliegenden König antwortete er auf das gestellte Verlangen, bei Gott die Verlängerung des königlichen Lebens zu erflehen, freimüthig und offen, daß auch das Leben der Könige seine Gränzen habe, wie jenes der übrigen Menschen; die Rathschlüsse Gottes seien unabänderlich, das Beste sei demnach, in den Willen des Himmels sich zu fügen und auf einen heiligen Tod sich vorzubereiten. Solche Bitten und Mahnungen waren nicht vergeblich; der König ging in sich und starb reumüthig in den Armen des heil. Mannes am 13. August 1483. – Ludwigs Sohn und Nachfolger, Carl VIII., schenkte unserm Franciscus noch größeres Vertrauen und ließ ihm ein schönes Kloster im Park von Plessis-les-Tours und ein anderes zu Amboise erbauen. Zu Paris, im Kloster Nigeon, hießen seine Mönche Bons hommes (die guten Leute).45 In Spanien, wohin Franciscus Mönche aus dem Kloster Plessis-les-Tours sandte, erhielten sie den Namen »Väter des Sieges«, weil Ferdinand der Katholische es ihrem Gebete zuschrieb, daß Malaga den Mauren entrissen wurde. Im J. 1497 ließen sich die Mönche auf die Bitte des Kaisers Maximilian auch in Deutschland nieder, wo sie anfänglich drei Klöster erhielten, aus denen viele andere besetzt wurden. Endlich im J. 1493 hatte Franciscus seine dreifache Regel vollendet, nämlich eine für die Mönche, eine andere für die Nonnen und eine dritte für die Tertiarier seines Ordens. Die Päpste Alexander VI. (1502) und Julius II. (1507) bestätigten sie und ließen den Orden an allen Privilegien der vier Bettelorden Theil nehmen. Nach dem Tode Carls VIII. bestieg im Jahr 1498 Ludwig XII. den Thron. Nun bat Franciscus den neuen König dringend, ihm die Rückkehr in seine Heimat zu gestatten. Ludwig willigte anfänglich ein, bald aber reuete es ihn, und er wollte durchaus den nicht fortziehen lassen, der für sein königliches Haus und für sein Reich ein großer Segen geworden war, und so blieb der Heilige noch volle 10 Jahre in Frankreich. In seinem 91. Lebensjahre befiel ihn ein Fieber und frohlockend erkannte er darin das Nahen des Todes. Nun widmete er sich gänzlich der Vorbereitung auf den Tag, der ihn mit seinem Erlöser, für den er sein Tagenwerk vollbracht, vereinigen [265] sollte. Während der drei letzten Monate seines Lebens schloß er sich in seine Zelle ein, und wollte keinen Umgang mehr mit Menschen haben; sein ganzes Sinnen und Trachten war auf die Ewigkeit gerichtet. Am Palmsonntage ergriff ihn das Fieber heftiger als je. Am Gründonnerstage versammelte er noch einmal seine Jünger um sich, empfahl ihnen wiederholt die Liebe zu Gott und unter sich, sowie treue Beobachtung ihrer Regel. Hierauf beichtete er und empfing, wie es an diesem Tage im Orden üblich, mit bloßen Füßen und einen Strick um den Hals, die heil. Communion. Andern Tages, am 2. April 1508, geleiteten die Engel seine heilige Seele zu Gott, als bereits sein Orden in fünf Provinzen blühte. Eilf Jahre später (1519) wurde. Franciscus von Papst Leo X. in die Zahl der Heiligen aufgenommen. Seinen Leichnam setzte man in der Kirche des Klosters Plessis bei, wo er bis zum J. 1562 unversehrt blieb, dann aber von den Calvinisten mit dem Holze eines großen Crucifixes verbrannt wurde. Frommen Katholiken gelang es, einige Gebeine aus dem Feuer zu retten, welche als kostbare Schätze in die Minimenklöster von Plessis, Nigeon, Paris, Aix, Neapel, Paula, Madrid etc. gebracht wurden. – Der Orden der Minimen, auch »Paulaner« genannt, obgleich er in der Folge bei 450 Häuser zählte, hat übrigens nie besonderes Ansehen erlangt und ist heutzutage nur auf wenige Häuser in Italien beschränkt, mit dem Hauptkloster zu Rom. – Die Kleidung der Ordensmitglieder besteht aus geringem Stoffe, von natürlich schwarzer, ungefärbter Wolle und muß bis auf die Knöchel herabreichen. In solcher Kleidung, mit langem Barte – vor sich das Wort »Charitas« in einer Glorie – wird der Heilige gewöhnlich abgebildet; bisweilen auch auf seinem ausgebreiteten Mantel auf dem Meere stehend, weil die Legende sagt, er sei in Ermanglung eines Schiffes auf seinem Mantel nach Sicilien gefahren, was auch das röm. Brevier in der VI. Lection am 2. April sagt, an welchem Tage der Name des Heiligen auch im Mart. Rom. steht. (I. 103. But. IV. 320.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 262-266.
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