[360] S. Gebehardus (Gebhardus), Archiep. Conf. (16. Juni). Vom Altd. = stark (unermüdet) im Geben. – Dieser hl. Gebehardus (Gebhard) war aus dem Geschlechte der Grafen von Helffenstein, welche ihren Wohnsitz zwischen Ulm und dem ehemaligen Herzogthum Württemberg hatten. Sein Vater hieß Chadold, seine Mutter Azala. Er hatte noch eine Schwester, Dietberga, welche mit Werner von Reichersberg, dem Stifter des Klosters Reichersberg, um das J. 1070 oder 1084 sich vermählte. Er studirte in Paris zugleich mit den nachmaligen Bischöfen Altmann von Paßau (s. Bd. I. S. 153) und Adalbero von Wirzburg (s. B. Adalbero1). Im März des Jahres 1055 erhielt der hl. Gebehardus durch den Erzbischof Balduin die Priesterweihe und ein Canonicat an der Domkirche zu Salzburg. Unter Heinrich III. erhielt er das Amt eines kaiserlichen Kanzlers. Als im J. 1060 der Erzbischof Balduin starb, wurde er zu dessen Nachfolger bestimmt. Am 11. Juni erhielt er von Kaiser Heinrich III. die Belehnung mit Ring und Stab, am 20. Juli wurde er von seinem Freunde, dem sel. [360] Bischof Adalbero von Wirzburg, kanonisch in den Besitz des Erzbisthums gesetzt und am 30. desselben Monats wurde er zu Regensburg consecrirt in Gegenwart der sechs Bischöfe: Gebhard von Regensburg, Engelbert von Paßau, Ellinhard von Freising, Altwin von Seben, Adalbero von Wirzburg und Gunzo von Eichstädt (Butler XIX. 577). Im J. 1062 empfing er das erzbischöfliche Pallium. Als Bischof lag ihm nichts so sehr am Herzen als das Heil der Seelen, die Zierde und der Schmuck der Kirchen, die Reinheit und Unbescholtenheit des Klerus, die Pflege der Armen und Kranken. Kein Wunder, daß der apostolische Stuhl zu Rom auf ihn ganz vorzügliches Vertrauen setzte, ihn zum apostolischen Legaten für Deutschland ernannte, und im J. 1062 zum Primas von Deutschland erhob. Nachdem im J. 1055 der Bischof Engelbert von Paßau gestorben war, weihte der hl. Gebhard seinen Studiengenossen, den sel. Altmann, zum Oberhirten dieser Diöcese. Im Investiturstreite stand der hl. Gebehard natürlich ganz auf Seite des Papstes, als des Vaters der Christenheit. Unbedenklich unterzeichnete er im J. 1071 die Beschlüsse des Concils von Mainz gegen den simonistischen Bischof Carl von Constanz (s. S. Cumdecarus). Weil er nicht zwei Herren dienen wollte, lehnte er auch die ihm zugedachte Würde eines kaiserlichen Erzcapellans ab. Der hl. Gebehaed ist Stifter des Bisthums Gurk für Kärnthen und Pannonien, bas dem Erzbischofe von Salzburg bleibend untergeordnet wurde. Die dort lebenden Kanoniker mußten, nach der Verfügung des Kaisers Heinrich IV., zuerst um ihre Einwilligung gefragt werden, welche sie auch mit gutem Willen ertheilten (Hansizius T. II. Germania Sacra, pag. 175). Im Fundationsbriefe sind die Ursachen, welche ihn zu tiefem Schritt veranlaßten, angegeben, nämlich die rauhen, oft sehr schwierigen Wege in den Gebirgen, die unruhigen Zeiten, verschiedene Uebelstände und Geschäfte, die einen längeren Aufenthalt in Kärnthen nicht zuließen; dann der weite Umfang des Bisthums, »so daß wir,« wie er selbst sagt, »auf keine Weise der Kirche Gottes in Ausübung des göttlichen Berufes (in divinis) genügen konnten und um unser Seelenheil dießfalls sehr ängstlich bekümmert waren« – Worte, die einen tiefern Blick in seine fromme, gottesfürchtige Seele thun lassen, als es die weitläufigste Beschreibung vermag. Daß sich der hl. Gebehard auch die Ernennung der Bischöfe von Gurk vorbehielt, wie behauptet worden ist (W. W. IX. 593), darf bezweifelt werden, da der erste Bischof Gunter von Kraphelt von den Kanonikern zu Gurkhofen erwählt wurde, vom hl. Gebehard den Ring, vom Prälaten aber den Stab erhielt (Hansizius, l. c.) Kaiser Heinrich IV. bestätigte im J. 1072 die Stiftung. Bald darauf trat für ihn die Zeit äußerlicher Beängstigungen und Leiden ein. Der Investiturstreit brach mit aller Heftigkeit aus und schüttete auf das Haupt des hl. Gebehard einen großen Theil seiner schweren Bedrängnisse. Er mochte dieß im Voraus ahnen; darum suchte er zuvor noch dem Neiche Gottes und seinem Erzbisthum insbesondere den Boden so fruchtbar wie möglich zu machen, um dann die neue Saat mit seinen Thränen und Schmerzen zu begießen. Er gründete im J. 1074 in einer schauerlichen Gegend das Kloster Admont (Ad montes), wo er sich seine Grabstätte bestimmte. Nach seiner Rückkehr von dem Römischen Concil weihte er am 29. Sept. die Klosterkirche zu Ehren Mariä und des hl. Bischofs und Martyrers Blasius ein. Zum ersten Abt ernannte er den Mönch Arnold Isengrim, und berief zur Absingung des Lobes Gottes, zur Armen-und Krankenpflege und zur Bildung der Jugend und Erwachsenen zwölf Mönche.20 Auch Michaelbeuern und Heglwerth verdanken dem hl. Gebehard ihre Entstehung. Nun entbrannte aber der Kampf zwischen Papst und Kaiser immer heftiger. Bereits war das Absetzungs-Decret gegen letztern ergangen. Natürlich wollte der hl. Gebehard dem schmachvollen Afterconcil von Worms (1076) nicht beiwohnen; aber er war einer von denen, die in der Versammlung von Forchheim für die Erhebung des Herzogs Rudolph von Schwaben wirkten (1077). »Nun waren,« schreibt sein ungenannter Biograph bei Butler (XIX. 584), »höchst gefährliche Zeiten im Anzuge, da außer den Kämpfern Christi Gebehard, Altmann von Paßau, Adalbero von Wirzburg, Hermann von Metz und Meginwardus von Freising im ganzen deutschen Reiche kein [361] katholischer Bischof mehr zu finden war, indem die übrigen fast alle die Kirchengewalt ganz der weltlichen Macht überantworten und unterordnen wollten. Zu jener Zeit nun ragte unser hl. Erzbischof als treuer Verfechter der römischen Kirche und der katholischen Wahrheit hervor, der mit dem Harnisch des Glaubens sich umgürtend, mit dem Schwerte seines Wortes im ganzen deutschen Reiche die Veste der Kirche beschirmte. Die Stimme unsers Herrn im Evangelium: ›Wer nicht mit mir ist, ist wider mich, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreuet‹ (Luc. 11, 23), war ins Ohr seines Herzens gedrungen. Fest war bei ihm beschlossen, Christo dem Herrn, der zum Heil der Kirche am Kreuze hing, mit aufrichtiger Treue zu folgen. Vieles, sowohl für seine Person als für seinen Stand Schmachvolles hatte er von Heinrichs Anhängern zu erdulden, die insgesammt die Güter seiner Kirche plünderten, indem jeder, gleichsam mit des Königs Erlaubniß, raubte was ihm nahe lag, trotz dem Bannfluch des Papstes und unsers Herrn.« Der Kaiser ging so weit in seiner Feindseligkeit, daß er den Grafen Berthold von Moosburg zum Erzbischof machte und den hl. Gebehard vertrieb. Die Verbannung dauerte neun volle Jahre. Der Eindringling wirthschaftete schrecklich. Er vergeudete den großen Kirchenschatz (damals, wie man sagte, der reichste in Bayern, ja in ganz Deutschland) der Art, daß nach ihm kaum einige Ueberbleibsel mehr gefunden wurden. Dennoch suchte Gebhard auf jede Weise den Frieden der Kirche herbeizuführen. Es that ihm wehe, sich als Zwietrachtstifter ausgetragen zu sehen: »Weil wir uns weigerten, mit den Feinden des apostolischen Stuhles gemeinsame Sache zu machen, werden wir gelästert und verfolgt, werden wir und unser Eigen, als wären wir die Urheber eines so heillosen Zerwürfnisses, jedem Nächsten preisgegeben,« schrieb er an den Bischof Heinrich von Metz. Mehrere Unterredungen, die den Frieden bewirken sollten, blieben ohne Erfolg. Im J. 1085 wohnte er der Synode zu Quedlinburg unter dem Vorsitze des päpstlichen Legaten Leo von Ostia bei. Im folgenden Jahre mußte er bis nach Dänemark entfliehen. Nun aber wendeten sich die Dinge Herzog Welf I. von Bayern stellte sich an Seite des Papstes, vertrieb den eingedrungenen Berthold und gab dem hl. Gebehaed sei nen erzbischöflichen Sitz wieder zurück. Dieser starb aber im Schlosse Werfen schon am 16. Juni 1088 und wurde in der Klosterkirche zu Admont begraben. Hier geschahen mehrere Wunder. – Eine förmliche Canonisation erfolgte nicht. Er ist weder ins Salzburger Proprium aufgenommen, noch wird ihm selbst im Stift Admont irgend eine Art öffentlicher und kirchlicher Verehrung gezollt. Ein alter Katalog der Erzbischöfe von Salzburg, der im Stifte Mölk aufbewahrt wird, bezeichnet ihn gleichwohl als »heilig«, ebenso Canisius und Ferrarius. Baronius hat ihn in das Verzeichniß jener Heiligen, die im röm. Martyrologium nicht enthalten sind, aufgenommen. Auf diese Autoritäten gestützt, glaubten wir gleichfalls zu jener Bezeichnung berechtigt zu seyn. (VI. 147.)