Gertrudis, S. (1)

[422] 1S. Gertrudis, V. Abbat. (17. März, al. 10. April, 30. Mai, 2. Dec.) Vom Altd. nach Einigen: vertraut mit dem Speere; nach Andern: sehr hold etc.; nach Andern: liebes Mädchen etc. – Diese hl. Gertrudis oder Gertraud, frz. Ste-Gertrude, Äbtissin von Nivelle in Brabant, deren Verehrung in Deutschland, Belgien und Frankreich allgemein ist, war die Tochter des sel. Pipin von Landen, Majordomus der Könige von Austrasien, und der sel. Itta (Iduberga), der Schwester des hl. Bischofs Modoald von Trier. Die hl. Gertraud wurde wahrscheinlich in Nivelle, etwa 5 Stunden von Brüssel, geboren. Das Geburtsjahr wird verschieden angegeben; nach Butler (IV. 84) und Migne kam sie im J. 626 zur Welt, nach den Bollandisten aber im J. 631 oder, wie es anderswo (Jul. III. 65) heißt, im J. 632. In ihrem 14. Lebensjahre verlor sie ihren Vater und wurde nun von ihrer Mutter allein in aller Frömmigkeit erzogen. Schon frühzeitig faßte sie den Entschluß, sich ganz Gott zu weihen. Als man daher eines Tags in sie drang, sie möchte sich verheirathen. er widerte sie nach Butlerin Gegenwart des Königs Dagobert: »Ich habe zum Bräutigam Jenen gewählt, dessen ewige Schönheit der Grund der Schönheit aller Geschöpfe ist, dessen Reichthümer unendlich sind, und vor dessen Angesicht die Engel anbetend niederfal len.« Der König ward durch diese Antwort gerührt und befahl, daß man ihren Neigungen ferner nicht mehr entgegenwirken solle. Nachdem ihre Mutter auf Zureden des hl. Bischofs Amandus von Utrecht in Nivelle ein Kloster gegründet hatte, trat die hl. Gertraud in dasselbe, erhielt im J. 650 den Schleier vom hl. Bischof Autbert von Cambray und wurde dann die erste Vorsteherin desselben. Selbst die sel. Itta übergab sich der Leitung ihrer Tochter. Als jene im J. 658 (nach Butler im J. 652) starb, überließ sich ihre fromme Tochter mit desto größerm Eifer allen Uebungen der Gottseligkeit. Schon in ihrer ersten Jugend war die Zirde und der Schmuck der Altäre und Gotteshäuser ihr eine Herzensangelegenheit; nun suchte sie auch die lebendigen Tempel Gottes in sich und ihren Untergebenen mit allen Tugenden zu zieren. Unter ihren geistlichen Pflegetöchtern ist die hl. Amelberga eine der berühmtesten. Ununterbrochen übte sie sich in Nachtwachen, Gebeten und Strengheiten jeder Art. In der heil. Schrift besaß sie außerordentliche Kenntnisse und sie erklärte mit bewundernswerther Deutlichkeit ihre tiefsten Geheimnisse. Viele Kirchen erbaute sie und unterstützte mit liebevoller Huld die Armen, Wittwen, Waisen, Gefangenen und Pilger. Eines Tages betete sie vor dem Altare des hl. Sixtus; da sah sie einen hellleuchtenden Lichtkreis über sich, so daß die ganze Klosterkirche erhellt wurde. Die Größe ihrer Abtödtungen schwächte jedoch ihren zarten Körper, und sie erkannte, daß ihre Auflösung nahe sei. Ihre Krankheit währte etwas über 50 Tage. Sie empfing also mit größter Andacht die heil. Wegzehrung und ging unter Danksagung und Gebet in das Reich des ewigen Lebens am 17. März 664 (nach Butler und Migne 659). Vor ihrem Tode befahl sie, daß man sie in ihrem Bußkleide begraben und ihr kein besonderes Leichenkleid fertigen solle; »denn,« sagte sie, »derlei überflüssige Dinge helfen weder den Lebendigen. noch den Todten.« Auf Abbildungen hat sie eine Lilie, das Symbol der Jungfräulichkeit, in der Hand, und um sich Ratten und Mäuse, gegen welche sie angerufen wird, und unter welchen man aber auch die teuflischen Versuchungen verstehen kann, die sie überwand und durch ihre Fürbitte uns überwinden hilft. (Hack, S. 352). Ihr Name steht am 17. März; auch im Mart. Rom. Ihre Aufnahme ins Kloster wird am 2. Dec., ihre erste Erhebung am 30. Mai und die zweite am 10. April begangen. Im Proprium der Diöcese Augsburg findet sich ihr Fest sub ritu semidupl. ebenfalls am 17. März. wird aber nun, weil das Fest des hl. Patritius durch Decret der S. R. C. vom 12. Mai 1859 zu einem Duplex erhoben wurde, auf den 20. März verlegt werden. (II. 592.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 422.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: