[642] 11B. Henricus, Conf. (10. Juni). Dieser sel. Heinrich, von den Italienern St. Rigo oder Arrigo genannt, war von armen, aber frommen Eltern zu Botzen in Tirol geboren und erhielt eine höchst dürftige Erziehung, so daß er nicht einmal lesen konnte. Er ging nach Treviso (Tarvisia), sich seinen Unterhalt zu suchen, und versah dort Taglöhners-Dienste, aber genau nach dem Sprüchwort: »Die Hand bei der Arbeit, das Herz bei Gott.« Auch versäumte er wegen Herrendienstes nie den Dienst Gottes. Was er sich an Lohn ersparte, schenkte er den Armen. Er soll alle Tage gebeichtet haben, um seine Seele in ungetrübtester Reinheit zu erhalten. Man bewunderte vorzüglich seinen ungebrochenen Gleichmuth, seine durch nichts zu störende Ruhe in Gott. Nie sah man ihn, auch mitten in schweren Bedrängnissen, in Verwirrung gerathen. Er betete viel und stärkte sich in der Einigung mit Gott durch oftmalige Theilnahme am Tische des Herrn. Dazu kamen verschiedene Bußübungen, die in körperlichen Züchtigungen bestanden. Die betreffenden Instrumente wurden in der Kathedrale zu Treviso als Reliquien des Seligen aufbewahrt. Als er nicht mehr arbeiten konnte, nahm ihn ein gewisser Jakob Castagnolis in sein Haus. Er lebte nun vom Almosen, gab aber jeden Tag, was er nicht brauchte, andern Dürftigen, ohne etwas für den folgenden Tag aufzubewahren. Einst durchwanderte er, auf seinen Stock gestützt, die Straßen, und blieb, nach seiner Gewohnheit, so oft er bei einem Heiligenbild vorüberkam, stehen, um eine kurze Andacht zu verrichten. Als nun plötzlich ein heftiger Platzregen alle Leute auf der Straße unter die Säulengänge vertrieb, fuhr er ruhig in seiner Andacht fort und blieb durchaus unbenetzt. Er starb am 10. Juni 1315. Drei Notare zeichneten den Bericht seiner Wunder auf, unter welchen das erste das Läuten aller Glocken in Treviso, ohne daß sie Jemand anzog, gewesen seyn soll. Das Verzeichniß der wunderbaren Heilungen, die auf seine Fürbitte in den ersten 25 Tagen nach seinem seligen Hintritte erfolgten, füllt bei den Bollandisten 16 eng gedruckte Folioseiten. Seine sterbliche Hülle umschließt ein marmorner Sarg in der Domkirche, in welche sie im Jahr 1712 übertragen wurde. Er war nach der ächten Abbildung, die wir von ihm besitzen, ein großer Mann, hagern Aussehens, im Angesicht den Ausdruck einer tiefen Innerlichkeit, mit spärlichem Bart- und Haupthaar, hoher Stirne, langer Nase und großen Augen, den Mund ein wenig auf die Seite gezogen, höchst einfach, ja dürftig gekleidet. (II. 368–392.)
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