[803] S. Hunegundis V. (25. Aug. al. 6. Oct. 7. Nov.) Vom Altd. hun (cun) = kühn, und gund = Mädchen etc. – Die bei den Bollandisten enthaltene Lebensgeschichte dieser Heiligen wurde von dem Abte Bernerus von Hombtieres (Humbliers) etwa 300 Jahre nach ihrem Tode nach den Erzählungen der Gläubigen verfaßt, woher es kam, daß viel Wahres mit Irrigem sich vermischte, welches nun nicht mehr wohl gesichtet werden kann. Wir wollen einen kurzen Auszug aus ihrem Leben, welches in ähnlicher Weise auch bei Saussayus sich findet, mit eben dem Vorbehalte geben, der bei den Bollandisten in obigen Worten ausgesprochen ist. Die hl. Hunegundis, welche in verschiedenen alten Martyrologien vorkommt, wurde in der ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts zu Lembais (Lambais), einem kleinen Flecken im Landstriche Vermandois in der Picardie von ansehnlichen Eltern geboren, die mit dem hl. Eligius1, nachmaligem Bischofe von Noyon, in nahen Beziehungen gestanden seyn müssen, da er als Taufpathe ihrer Tochter bezeichnet ist. Dieselben verlobten sie noch in der Wiege mit einem vornehmen und reichen Herrn, welcher aber bald starb. Als sie erwachsen war, wurde sie von ihren Eltern genöthigt, sich mit einem andern reichen Herrn, Namens Eudaldus, zu vermählen. Sie willigte scheinbar ein, machte je doch dabei den festen Vorsatz, in beständiger Keuschheit zu leben und in ein Kloster zu gehen. Zu diesem Zwecke beredete sie ihren Bräutigam, dem sie bereits angetraut war, vor dem Antritte der [803] Ehe eine Wallfahrt nach Rom zu machen und; dort sich des Himmels Segen zu erflehen. Nach einiger Widerrede willigte derselbe ein, ja er drang sogar selbst auf die Reise, um die ersehnten Gnaden zu erlangen. In Rom angekommen, nahm er sogleich die Pracht der Gebäude und besonders der Kirchen in Augenschein; die Jungfrau aber, von welcher er glaubte, daß sie von den Beschwerden der Reise ausruhe, besuchte in der Stille nur die St. Peterskirche, dann aber auch mehrere Oratorien, wobei sie sich verschiedene Abtödtungen und andern frommen Werken widmete. Endlich erhielt sie die erbetene Audienz beim heil. Vater, als welcher von Einigen der hl. Papst Martinus I. (649–654), von Andern aber der hl. Papst Vitalianus (657–672) bezeichnet wird, machte vor ihm das Gelübde der Jungfräulichkeit und erbat sich den Schleier, den sie auch erhielt. Als nun Eudaldus dieses vernommen, ergrimmte er sehr und ging mit dem Gedanken um, seine Braut mit dem Schwerte niederzustoßen. Doch vor dem Morde zurückbebend und aus Achtung vor der jungfräulichen Gesinnung, begnügte er sich, ihr den Scheidegruß zu schicken und alle Mitel zur Rückkehr ins Vaterland vorzuenthalten. Die Jungfrau empfahl sich nun dem Schutze des Allerhöchsten und machte im Vertrauen auf ihn ganz allein unter vielen Entbehrungen den Weg nach Frankreich. Obwohl Eudaldus sich sehr beeilte, zuerst nach Frankreich zu kommen, um die Güter seiner Braut zu veräußern, kam diese doch noch vor ihm an und stiftete mit ihrem Vermögen das Kloster Hombtieres (Humbleria, Humolaria) bei St. Quentin (Quintinopolis) im Herzogthum Vermandois. Als Eudaldus nachkam und den Sachverhalt erfuhr, verwandelte sich sein Zorn in Bewunderung der Jungfrau, der er sich sofort als Verwalter anbot und für den Fall seines Ablebens all sein Vermögen zusprach. Wirklich leitete er das Hauswesen und sorgte für alle Bedürfnisse der Jungfrau, während er selbst in dem von ihm errichteten Pilgrimhause (xenodochium) wohnte. Als er dort den Tod des Gerechten gestorben, ließ ihn die Jungfrau im Kloster begraben; sie selbst aber setzte ihre frommen Uebungen in demselben fort und heiligte sich von Tag zu Tag immer mehr. Eines Tages wurde sie während des Gebetes von einer großen Schwäche befallen, empfing die heil. Wegzehrung und die letzte Oelung und gab dann nach einigen Stunden ihren Geist in die Hände ihres Schöpfers am 25. Aug., nach Mabillon im J. 690. Am 6. Oct. 9.46 wurde ihr Leib erhoben und auf einer Synode vom J. 954 unter dem Vorsitze des Bischofs Rudolph von Noyon ihr Sterbetag als Feiertag erklärt. Nach Mabillon fanden in den Jahren 1051 und 1378 neue Erhebungen statt. Bucelin setzt eine solche am 7. November. Als das von ihr gestiftete Kloster Hombtieres (Hombliers) um die Mitte des 10. Jahrhunderts in Verfall gerieth, wurde es den Benedictinern übergeben, deren Alt Bernerus dann ihr Leben beschrieb. Im Mart. Rom. steht sie nicht, doch ist ihre Ver. ehrung unbezweifelt. Die Bollandisten behandeln sie ausführlich am 25. Aug. und führen viele Wunder an, die Gott auf ihre Fürbitte wirkte. (V. 223–240.)