Ignatius, S. (8)

[22] 8S. Ignatius, Patriarcha Conf. (23. Oct.). Dieser hl. Bischof war von erlauchter Abkunft; denn er war der drittgeborne Sohn des griechischen Kaisers Michael I. Rhangabes, welcher von dem Amte, das er vor seiner Erhebung bekleidete, auch Curopalates (Oberhofmarschall) heißt, und durch seine Mutter Procopia ein Enkel des Kaisers Nicephorus. Seine Geburt ist bei Pierer (XV. 100) in das J. 799 gesetzt. In Folge der Empörung eines Befehlshabers der Truppen, Namens Leo, mit dem Beinamen »der Armenier«, der sich als Leo V. (813–820) selbst zum Kaiser aufwarf, begab sich dieser Kaiser Michael mit seiner ganzen Familie auf die Prinzeninsel, wo sie sämmtlich die Klostergelübde ablegten. Es waren außer ihm die Kaiserin, dann zwei Töchter und zwei Söhne; ein dritter Sohn war ihm durch den Tod entrissen worden. Der jüngere Sohn hieß Nicetas und hatte erst ein Alter von 14 Jahren; er ist es, welcher den Ordensnamen Ignatius bekam, und von welchem hier des Weitern zu handeln ist. Der argwöhnische Leo ließ bald die beiden Prinzen entmannen, damit sie keine Nachkommen erzeugen möchten; auch vertheilte er die Glieder der Kaiserfamilie von der Insel weg in verschiedene, ihm beliebige Wohnorte. In dem Kloster des Satyrus, wohin Ignatius in Folge dessen kam, hatte der Heilige Manches von der heftigen Art des obendrein bilderstürmerischen Abtes zu leiden. Doch dienten solche Prüfungen nur dazu, sein Herz immer mehr zu läutern. Nach des Abtes Tode wählten ihn die Mönche, die ihn liebten und achteten, zu ihrem neuen Vorstande. Er führte sein Amt mit größter Milde, Liebe und Klugheit und stiftete vier neue Klöster. Bis um diese Zeit waren seit seines Vaters Regierung drei Kaiser einander auf dem Throne zu Constantinopel gefolgt: Leo V., Michael II. und Theophilus. Der Ruf seiner Tugenden wurde aber nun Ursache, daß er nach dem Tode des Patriarchen Methodius als dessen Nachfolger auf den Stuhl von Constantinopel von der Kaiserin Theodora, die seit dem Tode des Kaisers Theophilus (im J. 842) die Reichsverwaltung führte, im J. 847 erhoben wurde. Die höhere Würde war ihm Antrieb zu höherem Tugendbeispiel. Namentlich aber war es sein eines Oberhirten würdiger Freimuth, welcher eine Kette von Verfolgungen um den Heiligen schlang. Er konnte nicht umhin, dem Bruder der Kaiserin, Namens Bardas, der keinen geringen Einfluß auf die Staatsgeschäfte übte, wegen blutschänderischen Zusammenlebens mit seiner Schwiegertochter und Verstoßung der rechtmäßigen Gemahlin die ernstesten Vorstellungen zu machen; ja er sprach zuletzt den Kirchenbann gegen den unverbesserlichen Wüstling aus. Von nun an kochte in diesem Rache gegen den ächt apostolischen Mann. Er begann aber die Anstiftung gegen Ignatius nicht so geradezu, sondern zuerst beredete er den jungen, den Leidenschaften fröhnenden Kaiser Michael III. (842–867), selbst endlich einmal zu regieren anzufangen und sich von den Befehlen seiner Mutter und seiner Schwestern zu befreien; den heil. Patriarchen hatte er aber gelegentlich tüchtig bei dem jungen Kaiser angeschwärzt. Michael forderte nun von dem heil. Patriarchen, der kaiserlichen Mutter und den Schwestern das Haar abzuschneiden und sie für das Kloster einzuweihen. Der hl. Ignatius konnte sich zu dieser Gewaltthat nicht verstehen; Bardas aber flüsterte dem jungen Kaiser nun wiederholt um so ärger wider den Patriarchen in die Ohren. Die Mutter und die Schwestern des Kaisers wurden jetzt in ein Kloster gestoßen, der Patriarch aber ward wegen seiner Weigerung von der kaiserlichen Gereiztheit in das Kloster Terebinthus bei Constantinopel, welches der Heilige selbst gestiftet hatte, verwiesen. Einen Verzicht auf seine Amtswürde aber konnten weder Versprechungen, noch Drohungen, noch Mißhandlungen von demselben erzwingen. Da erklärte Bardas den Eunuchen Photius, seinen nahen Verwandten, zum Patriarchen, ohne sich um die kirchlichen Formen bezüglich der Bischofswahl irgend etwas zu kümmern. Photius legte es nun vor Allem darauf an, sich in der Patriarchenwürde zu befestigen; hernach gedachte er den Ignatius um so leichter für immer [22] unschädlich zu machen. Photius war sehr gelehrt, aber noch weit mehr tückisch und arglistig. Die Weihen erhielt er im J. 858 in sechs Tagen von Gregorius Asbesta, dem gewesenen Bischof von Syrakus, welcher von dem hl. Ignatius, gegen den er schon bei dessen Erhebung eine Partei gebildet hatte, ims J. 854 wegen lasterhaften Lebens abgesetzt worden war. Keiner der übrigen Bischöfe hatte sich zu dieser Ceremonie verstanden im Angesichte der Unrechtmäßigkeit, mit welcher Photius auf den Patriarchenstuhl gelangt war. Gleichwohl hatte Photius doch noch einige von den Bischöfen auf seine Seite gezogen, indem er ihnen vorlog, er werde mit Ignatius sich versöhnen, ihn wie seinen Vater ehren und ohne dessen Einwilligung nichts Wichtiges vornehmen. Bald aber gab er dem Bardas an, wie er den Ignatius als Verschwörer beim Kaiser darstellen sollte; und wirklich ließ der Kaiser gegen den Verklagten Untersuchungen einleiten. Es gingen also Commissäre nach der Insel Terebinthus ab, konnten aber selbst durch Anwendung der Folter von den Dienern des Heiligen keinen Anhaltspunkt für ihre argen Beschuldigungen erpressen. Während hierauf der Patriarch Ignatius mannigfach gequält und an verschiedene Orte, als wäre er wirklich der ärgste Verbrecher, selbst mit Ketten beladen, geschleppt wurde, versammelte Photius seine Partei und erklärte den Ignatius als verurtheilt und abgesetzt. Andrerseits aber belegten mehrere Bischöfe der Provinz, welche in einer Kirche zu Constantinopel sich zusammenbegeben hatten, über die Schändlichkeit des Photius empört, diesen mit dem Kirchenbanne. Dem hl. Papst Nicolaus I. (858 bis 867) schrieb Photius in einem heuchlerischen Briefe, Ignatius sei wegen Kränklichkeit und Alters freiwillig abgetreten und in ein Kloster gegangen; an dessen Stelle sei er vom Kaiser berufen und von den Metropoliten gewählt worden, und er habe ungern die schwere Bürde auf sich genommen. Gleichzeitig gingen Botschafter vom Kaiser mit reichen Geschenken an den Papst, den Lügenbericht zu unterstützen. Der Statthalter Christi gab eine kluge, gemessene Antwort. Die Legaten, um deren Absendung im Schreiben des Photius gleichfalls gebeten war, ließ er abreisen und beauftragte sie zu nichts Weiterm, als das Ergebniß ihrer Untersuchung nach Rom zu senden. Dem Kaiser zeigte er an, wie ungesetzlich man den Ignatius ohne Befragen des römischen Stuhls abgesetzt, wie allen kirchlichen Verordnungen zuwider man ihm einen Laien zum Nachfolger gegeben habe. Dem Photius wünschte er, weil er bezüglich des Bilderstreites in schlauer Weise sich in seinem Briefe wohlerwünscht und zuvorkommend ausgelassen hatte, Glück zu seiner Rechtgläubigkeit, hielt ihm aber auch das Unrechtmäßige seiner Wahl vor Augen. Den Bischöfen des Orients ward vom Papste die Ermahnung, mit Ignatius die Gemeinschaft zu behalten, den Photius aber als bloßen Laien zu betrachten. Als nunmehr, nach Ankunft der päpstlichen Legaten, Photius im J. 861 zu Constantinopel dieselben wirklich gewonnen und auf der unmittelbar darauf gehaltenen Synode die Absetzung des Ignatius erwirkt hatte, befand sich der Heilige zuletzt in die Grabstätte des Copronymus verschleppt, die in der nämlichen Kirche sich befand, wo die Synode stattfand. Dort schmachtete er unter grausamen Entbehrungen und Mißhandlungen, bis er endlich die Freiheit erhielt, sich in ein Haus zu begeben, das seine Mutter in einem Orte, Namens Posa, besaß. Diese Augenblicke benützte er, um dem Papste von dem wahren Hergang Nachricht zu geben. Der Abt Theognostes, dessen Kloster zu Constantinopel war, sollte das von mehreren Metropoliten, Bischöfen und Mönchen unterzeichnete Schreiben überbringen, das Weitere aber mündlich ergänzen. Da jedoch Photius sich nicht für sicher hielt, so ergriff er andere Maßregeln. Plötzlich erschien nämlich um das Haus herum ein Troß Soldaten. Dem Heiligen aber gelang es, in einer Verkleidung als Sklave zu entfliehen, ja selbst fortwährend unentdeckt zu bleiben. Ein heftiges Erdbeben zu Constantinopel, welches ein starkes Murren des Volkes mit zürnenden Aeußerungen wegen der ungerechten Verfolgung des Ignatius zur Folge hatte, veranlaßte den Bardas und den Kaiser, den hl. Ignatius in sein Kloster zurück zu berufen, wo er sich auch wirklich wieder einfand. Inzwischen hatte der Papst vollständigere Aufklärungen über das Geschehene eingeholt; er warf seinen Legaten, unter deren Anwohnung und Zustimmung Ignatius verurtheilt worden war, gröbliche Ueberschreitung der ihnen aufgegebenen Vollmacht vor. Auf einem zu Rom im J. 863 gehaltenen Concilium wurde Alles verworfen, was in Beisein der päpstlichen [23] Legaten zu Constantinopel im J. 861 gegen den hl. Ignatius verfügt worden war, und Photius, der »wie ein Dieb in den Schafstall eingedrungen sei«, aller priesterlichen Würde entkleidet und außer Stand gesetzt, eine geistaber wurde in seiner Würde bestätigt und wieder eingesetzt. In einem Schreiben an den Kaiser und an Photius erklärte Nikolaus die Wahl des Photius für gesetzwidrig und behandelte denselben ganz wie einen Laien. An alle Gläubigen des Morgenlandes aber erließ er ein Rundschreiben, worin er seine Legaten tadelt, die gegen seinen Befehl gehandelt, den Kirchenhäuptern aber seine Gesinnung gegen Ignatius und Photius darlegt. Statt des an ihn gesendeten ächten päpstlichen Schreibens schmiedete jedoch Photius ein anderes falsches, das er mit einem späteren Datum versah, worin natürlich ein ganz anderer Inhalt verlautete. In seiner Nichtswürdigkeit trat er im J. 866 mit vielen andern elenden Beschuldigungen gegen den Papst und die römische Kirche und mit der albernen Erklärung auf, durch Verlegung der kaiserlichen Residenz von Rom nach Constantinopel sei auch das Primat der römischen Kirche von dem alten Rom auf das neue übergegangen. Auf dem nur von 21 Bischöfen besetzten Conciliabulum in Constantinopel sprach er gegen den Papst Nikolaus Absetzung und Excommunication aus. Von da fing das Schisma der griechischen Kirche sich zu entwickeln an. Den ärgsten Zorn erregte in ihm besonders die Thatsache, daß die zu den neubekehrten Bulgaren von Papst Nikolaus abgeschickten Legaten das von ihm geweihte heil. Oel nicht annahmen, sondern zur Firmung dieses Volkes ein neues weihten. Doch bald nachher verlor Photius seinen Beschützer. Kaiser Michael hatte nämlich am 29. April 866 seinen Oheim Bardas ermorden lassen und den Macedonier Basilius adoptirt, ja sogar zum Mitregenten ernannt. Da er jedoch die ihm zugetheilte Macht wieder zurücknehmen wollte, ließ ihn Basilius im September 867 in einer Berauschung aus dem Wege räumen. Schon nach wenigen Tagen verbannte nun Kaiser Basilius den Photius und setzte den hl. Ignatius wieder in seine Würde ein. Zugleich zeigte er dieses dem Papste Nikolaus an und bat nach dem Wunsche des hl. Patriarchen um ein allgemeines Concilium, welches denn auch unter dem hl. Papst Adrian II. (s. S. Adrianus13) als das achte allgemeine im J. 869 zu Constantinopel stattfand, wo dann die Person und die ränkevollen Handlungen des Photius verdammt wurden. Dem hl. Ignatius aber blieb das Patriarchat bis zu seinem seligen Hinscheiden, welches am 23. Oct. 878 in einem Alter von beinahe 80 Jahren erfolgte. Den heiligen Dulder verherrlichten Wunder. Seine heil. Ueberreste wurden Anfangs in die Sophienkirche zu Constantinopel, dann in die des hl. Mennas, zuletzt aber in die von ihm selbst nächst der Stadt erbaute Kirche des hl. Michael gebracht. Die Lateiner und Griechen begehen seinen Gedächtnißtag am 23. Oct., an welchem Tag sein Name auch im Mart. Rom. steht. (But. XV. 447.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 22-24.
Lizenz:
Faksimiles:
22 | 23 | 24
Kategorien:

Buchempfehlung

Meyer, Conrad Ferdinand

Das Leiden eines Knaben

Das Leiden eines Knaben

Julian, ein schöner Knabe ohne Geist, wird nach dem Tod seiner Mutter von seinem Vater in eine Jesuitenschule geschickt, wo er den Demütigungen des Pater Le Tellier hilflos ausgeliefert ist und schließlich an den Folgen unmäßiger Körperstrafen zugrunde geht.

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon