Innocentius I., S. (10)

[44] 10S. Innocentius I.., Papa Conf. (28. Juli). Der Bollandist Wilhelm Cuper handelt am 28. Juli (VI. 548–561) ausführlich von diesem hl. Papste Innocentius und widerlegt Anfangs namentlich den Dempster, welcher denselben als einen Schotten bezeichnen will, indem er den Ausdruck »Albanensis« auf Albion (Albania) anstatt auf Albanoin Italien bezieht. Wir folgen hier besonders der Darstellung, wie sie bei W.W. (K.-L. V. 626 ff.) sich findet, da sie mit den Bollandisten im Wesentlichen übereinstimmt. Der hl. Papst Innocenz, aus Albano bei Rom, der Sohn eines uns unbekannten Innocentius, wurde nach dem Tode des hl. Papstes Anastasius15 am 18. Mai 402 von Klerus und Volk einstimmig zum Papste erwählt. Sogleich nach seiner Ordination gab er dem hl. Bischofe Anysius von Thessalonich die Aufsicht über die ostillyrischen Kirchen. Dasselbe Verfahren beobachtete er gegen den Nachfolger des Anysius, Namens Rufus, dem er ausdrücklich bemerkte, daß er seine Macht blos dem römischen Stuhle, dessen Vicarius und Legatus er sei, zu verdanken habe. Dem hl. Bischofe Victricius von Rouen schickte er auf seine Bitte einen Decretalbrief, in welchem er ihm in Bezug auf die Kirchendisciplin verschiedene Anweisungen [44] gab. Unter den 13 Punkten, welche dieses Schreiben enthält, befiehlt der dritte, daß alle unter den Geistlichen entstehenden Streitigkeiten von den Provincialbischöfen entschieden werden sollten; diejenigen, die zu andern Gerichten ihre Zuflucht nehmen würden, sollten abgesetzt werden; eine Ausnahme sollte nur stattfinden beim Eintreten sehr wichtiger Fälle, in welchen man, auch wenn die übrigen Bischöfe ihr Urtheil gefällt hätten, nach dem Beschlusse des Concils (wohl des zu Sardica) an den römischen Stuhl appelliren könne. Der neunte Satz bestimmte, daß die Priester und Diakonen nach ihrer Weihe von aller Gemeinschaft mit den Weibern ausgeschlossen werden sollen. Deßgleichen schickte er im J. 405 dem hl. Bischofe Exuperius6 von Toulouse, der ihn wegen mehrerer Disciplinarpunkte befragt hatte, eine Decretale zu, in welcher er unter Anderm sagte, man solle den Büßenden auf dem Todbette niemals die Lossprechung verweigern, um nicht die Härte der Novatianer nachzuahmen; in welcher er ferner das Verbot der Priesterehe erneuerte, dann sich gegen die Gewohnheit aussprach, daß die Weiber wegen Ehebruchs härter bestraft werden als die Männer, und endlich befahl, alle jene Eheleute, die sich, nachdem sie sich von ihren Ehegatten getrennt hätten, noch bei Lebzeiten derselben mit Andern sich wieder verheirateten, von der Kirchengemeinschaft auszuschließen. Im Jahr 404 wandte sich der hl. Augustinus im Namen der zu Karthago versammelten Väter an Innocenz I. mit der Bitte, bei dem abendländischen Kaiser Honorius ein Gesetz gegen die, die Orthodoxen bedrückenden und grausam behandelnden, Donatisten auszuwirken. Honorius folgte den Vorstellungen des Papstes, und seine strengen Maßregeln hatten solchen Erfolg, daß sich die Donatisten, wie Augustinus sagt, von ihren Irrthümern überzeugen ließen und massenweise zur Kirche zurückkehrten. Um dieselbe Zeit schrieb der hl. Vater an die spanischen Bischöfe über mehrere Disciplinarpunkte. Kräftig nahm sich Innocenz auch um den verfolgten hl. Patriarchen Chrysostomus von Constantinopel an.25 Im J. 408 belagerte Alarich mit seiner Heeresmacht die Stadt Rom. Der Mangel an Lebensmitteln und das enge Zusammenwohnen einer großen Menschenmasse führte Hungersnoth und Pest herbei. In diesen Nöthen mußten die Römer mit Alarich einen um schwere Geldsummen erkauften Vergleich abschließen, und überdieß noch sich verbindlich machen, den Frieden zwischen den Gothen und Honorius zu vermitteln. Als der letztere auf die vorgeschlagenen Bedingungen nicht einging, begab sich Innocenz selbst nach der kaiserlichen Residenz zu Ravenna. Da Honorius fortwährend die Vorschläge Alarichs verwarf, zog dieser zum zweitenmal nach Rom und plünderte die Stadt während der Abwesenheit des Papstes, der in Ravenna zurückgeblieben war. – Den macedonischen Bischöfen gegenüber, welche ihm (im J. 414) Briefe zugeschickt hatten, die gewisse, wie es scheint, ihm schon früher vorgetragene und bereits entschiedene Disciplinarpunkte betrafen, machte er die Stellung eines obersten Richters mit Nachdruck geltend, indem er schon im Eingange seines Antwortschreibens seine Verwunderung darüber zu erkennen gab, daß sie es gewagt hätten, dasjenige in Zweifel zu ziehen, was einmal vom röm. Stuhle entschieden worden sei. In einem Schreiben an den Erzbischof von Antiochia sprach er den inhaltreichen Satz aus, daß alledem genannten Bischofsitze eigenen Vorrechte nicht von den Vorzügen der Stadt herrührten, sondern von der Würde des Sitzes, den der hl. Petrus inne gehabt habe. In einem Briefe an den Bischof Decentius von Gubbio (Eugubium) im Kirchenstaate schrieb er über das Verhältniß der römischen Kirche zu den übrigen abendländischen Kirchen: da außer dem hl. Petrus kein anderer Apostel im Occident gepredigt habe, und alle abendländischen Kirchen von Petrus oder von seinen Nachfolgern gestiftet worden seien, so seien sie schlechterdings verbunden, sich nach den Gewohnheiten und Uebungen der röm. Kirche zu richten; auch seien die Gewohnheiten aller übrigen Kirchen, insofern sie von der römischen abwichen, nur Verfälschungen der alten [45] Ueberlieferungen, Abweichungen von den die durchaus abgeschafft werden müßten. Den nämlichen schrieb er auch nach W.W. (IX. 72), daß in der röm. Kirche am Donnerstage vor Ostern die Büßer sollten losgesprochen und in die Gemeinschaft aufgenommen werden. Eine willkommene Gelegenheit, die Macht des Primats in Anwendung zu bringen, boten ihm die Pelagianischen Streitigkeiten dar. Im J. 416 wurden von den afrikanischen Bischöfen zwei Synoden gegen Pelagius gehalten. Um ihre Sache durch die Autorität des römischen Stuhles noch zu stützen, wandten sich beide Concilien, sowie der hl. Augustin an Innocenz. Die eine Synode (von Karthago) bat um die Zustimmung des Papstes mit den Worten: »Wir glaubten, unsere Verhandlung Deiner Heiligkeit vorlegen zu müssen, damit den Beschlüssen unserer Wenigkeit auch die Vollmacht des apostolischen Stuhles beitrete.«26 In ähnlicher Weise sprachen sich die Väter des andern Concils, nämlich des von Mileve, aus. Nachdem die päpstliche Bestätigung der Synodalbeschlüsse von Karthago und Mileve nach Afrika gekommen war, sagte der hl. Augustinus in einer seiner Reden: »Die Beschlüsse der beiden Concilien sind dem apostolischen Stuhle übersendet worden. Die Antworten desselben sind eingetroffen; nun ist die Sache beendigt. Wolle der Himmel, daß auch der Irrthum ein Ende habe.« (Serm. 131. nr. 10). In seinem dritten Antwortschreiben rühmt Innocenz die Afrikaner wegen ihrer Hochachtung gegen den römischen Stuhl. »Ihr habt die Ordnung der alten Väter gut beobachtet,« schrieb er, »und habt nicht mit Füßen getreten, was nicht durch sie, nicht durch menschliche Weisheit, sondern nach göttlichem Befehle eingerichtet worden ist, nämlich daß Alles, was auch in entfernten Gemeinden vorfällt, dem apostolischen Stuhl zur Bestätigung vorgelegt werde.« Er bestätigte sonach die Beschlüsse jener beiden Synoden und schloß »kraft seiner apostolischen Vollmacht« den Pelagius und Cölestius sammt ihrem Anhange von der Kirchengemeinschaft aus. Von den letzten zwei Briefen, die er schrieb, war der eine an den hl. Hieronymus gerichtet, welchen er, sowie auch die hhl. Eustochium und Paula in ihren Leiden tröstete; der andere darauf starb er im J. 417 und zwar, wie wan gewöhnlich annimmt, am 12. März. In den verschiedenen Martyrologien aber, auch im Mart. Rom., findet er sich am 28. Juli und ebenso im römischen Breviere, in welchem noch mehrere weise Anordnungen von ihm angeführt sind. Auch die Bollandisten behandeln ihn am 28 Juli, an welchem er beigesetzt worden seyn soll. – Papst Innocentius I. war nach W.W. (V. 628) »ein Kirchenfürst von ausgezeichneten Eigenschaften und ist unter die größten Päpste der ersten Jahrhunderte zu rechnen. Er war eifrig darauf bedacht, jede Gelegenheit zu benützen, um die Auctorität des römischen Stuhls zur Anerkennung zu bringen. Seine Decrete sind für die Kirchengeschichte und das Kirchenrecht von der höchsten Bedeutung; unter andern sind in ihnen die unzweideutigsten Beweise von der frühen Anwendung der Macht des Papstthums enthalten.« Aehnlich spricht sich Dr. Haas aus: »Niemand kann ihm seine großen Eigenschaften bestreiten, und der Aerger der Kirchenfeinde gilt nur seiner klaren und glücklichen Energie.« Von ihm haben sich 42 Briefe erhalten; jedoch sind nach Feßler davon nur 34 wirklich von ihm selbst; die übrigen 7–8 sind solche, die an ihn geschrieben worden sind. – Sein heil. Leib befand sich zur Zeit des Bollandisten Cuperus in einem Altare der hhl. Päpste Silvester und Martinus. Der erste Sachsenherzog Ludolph, der Großvater des Kaisers. Heinrich I., bekam von Papst Sergius II. (844–847) »Corpus S. Innocentii«, d.h. nach Cuperus (VI. 560. nr. 58) einen Theil seines heil. Leibes; denn in diesem Sinne werde es sehr häufig genommen. – Sein Nachfolger auf dem röm. Stuhle war der hl. Zosimus. (VI. 548.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 44-46.
Lizenz:
Faksimiles:
44 | 45 | 46
Kategorien:

Buchempfehlung

Diderot, Denis

Rameaus Neffe

Rameaus Neffe

In einem belebten Café plaudert der Neffe des bekannten Komponisten Rameau mit dem Erzähler über die unauflösliche Widersprüchlichkeit von Individuum und Gesellschaft, von Kunst und Moral. Der Text erschien zuerst 1805 in der deutschen Übersetzung von Goethe, das französische Original galt lange als verschollen, bis es 1891 - 130 Jahre nach seiner Entstehung - durch Zufall in einem Pariser Antiquariat entdeckt wurde.

74 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon