[151] 3S. Jeremias, Proph. (1. Mai). Jeremias, welcher auch als Hyeremias geschrieben vorkommt, ist der Zweite in der Reihe der vier »großen« Propheten des Alten Bundes. Er nennt sich gleich im Anfange seines Buches selbst den Sohn des Priesters Helcias (hebr. Chilkijahu) von Anathoth im Lande Benjamin, einem Landstädtchen, das nach Josephus 20 Stadien, nach Hieronymus 3 röm. Meilen in nordöstlicher Richtung von Jerusalem lag22. Auch erwähnt er dort die Art und Weise seiner göttlichen Sendung. Er sagt nämlich (Jer. 1, 2 ff.), des Herrn Wort sei an ihn ergangen im 13. Jahre des Königs Josias (also im J. 628 oder 629 v. Chr.), und da habe Gott zu ihm gesagt, Er habe ihn schon im Mutterleibe geheiligt und zum Propheten für die Völker bestimmt. Zwar habe er sich geweigert, da er noch ein Kind sei, aber der Herr habe zu ihm gesagt, er solle sich nicht fürchten, indem Er mit ihm seyn und ihm die Worte in den Mund legen werde etc. Daß Jeremias im Mutterleibe geheiligt worden sei, wie der hl. Johannes der Täufer, ist nach Benedict XIV. (De Canoniz. l. 4. p. 2. c. 20. nr. 31) in der Kirche anerkannt. Bezüglich seines Alters vermuthet man, daß er bei seinem Auftreten nicht über 20 Jahre alt war. Nach dem hl. Hieronymus wäre er erst 15 Jahre alt gewesen, wie die Bollandisten erwähnen, welche sich übrigens bezüglich seines Lebens auf die Interpreten dieses Propheten berufen und daher selbst nur wenig (I. 5–7) angeben. Seine ganze Wirksamkeit fassen sie in die Worte zusammen: »Er war Priester, Lehrer, Prophet und Apostel.« Seine Aufgabe war besonders, den Abfall des jüdischen Volkes von der Verehrung des wahren Gottes und dessen vielfache Versunkenheit in den Götzendienst zu rügen und als Strafe dafür den Untergang des Staates und die damit verbundenen Uebel zu verkünden. Dieses that er nun nach Allioli über 42 Jahre lang, nämlich unter den Königen Josias, Joachaz, Joakim, Jechonias und bis zum 11. Jahre des Königs Sedecias (586), wo die Einwohner Jerusalems in die Gefangenschaft nach Babylon abgeführt wurden, und diese seine Weissagungen, welche nur hie und da einige frohe Blicke in eine bessere Zukunft enthalten, bilden den I. Theil seines Werkes (Cap. 1–39 und Cap. 45), während der II. Theil (Cap. 40–44) die nach der Zerstörung Jerusalems bekannt gemachten Weissagungen, und der III. Theil (46–51) die gegen auswärtige Völker enthält. Das letzte Capitel (52) enthält als Anhang aus den Büchern der Könige eine Geschichte der Belagerung und Einnahme Jerusalems durch Rabuchodonosor. Wir wollen nun besonders [151] nach W.W. (V. 515 ff.) noch Einiges über ihn anführen. Der hl. Prophet Jeremias führte sein schwieriges Amt auf eine des größten Heiligen würdige Weise aus. Einem in die ärgste Sinnlichkeit versunkenen Volke gegenüber mußte auch das Leben des Propheten, wenn sein Wort wirken sollte, eine Bußpredigt sein; daher entsagte er allen Genüssen und jeder Lebenslust, auch dem den Hebräern sonst so reizenden Familienglücke, und blieb unvermählt (Jerem. 16, 1. 2). Dafür war er unablässig im Gebete (7, 16), und darin fand sein sonst weich gestimmtes Inneres die Kraft, eine »feste Stadt, eine eiserne Säule und eine eherne Mauer« gegen das Böse zu seyn, wie Gott selbst seinen Beruf bezeichnet (1, 18). Indessen konnte eine heftige Opposition bei der damaligen sittlichen Versunkenheit des Volkes nicht ausbleiben, und wirklich erscheint das ganze Leben des Propheten als eine fortlaufende Kette innerer und äußerer Leiden. Schon früher strebten ibm seine Mitbürger von Anathoth nach dem Leben, was wohl seine gänzliche Uebersiedelung nach Jerusalem veranlaßt haben mag (11, 21 ff.). Unter Joakim kam er wieder in ernstliche Lebensgefahr, da man sich seiner als unbequem entledigen wollte (26, 1 ff). Er mußte so sein Prophetenwort unbeachtet verhallen, das Unglück des Landes mit Riesenschritten nahen und den babylonischen Herrscher Nabuchodonosor die Stadt Jerusalem erobern, den Tempel berauben, die Blüthe des Volkes (darunter den jungen Daniel) hinwegführen und so die 70jährige Gefangenschaft ihren Anfang nehmen sehen. Als sich der von Nabuchodonosor zum Könige von Juda gesetzte Sedecias empörte, eilte jener alsbald wieder mit einem Heere herbei und belagerte Jerusalem anderthalb Jahre, und das war des heiligen Mannes härteste Lage. Vom Könige aufgefordert, durch Gebet den Sieg zu bewirken, kann er nur die Zerstörung der Stadt, ihm selbst die Gefangenschaft, den Großen und Priestern den Tod, dem Lande die völlige Verwüstung ankündigen (34,1 ff.). Das brachte ihn in den Kerker (37,20). Und als er dem Könige und Volke wiederholt die eitle Hoffnung des Widerstandes zeigte, suchte man sogar einen Vorwand, ihn zu tödten, oder wenigstens zu quälen. Er wurde als Verräther an der großen Nationalsache, der dem Volke den Muth zu kämpfen nehme, nochmals eingekerkert oder vielmehr in eine tiefe, schlammige Grube hinabgelassen (38,6), durch Hunger gemartert und zur Hinrichtung bestimmt, die aber wegen des Einzuges des babylonischen Heeres nicht zur Ausführung kam (38,28). Nabuchodonosor ließ ihn ehrenvoll behandeln (39,11 ff.) und stellte ihm frei, nach Babylonien zu gehen, oder im Lande bei Godolias, dem Sohne seines Freundes Ahikam, der ihm einmal das Leben gerettet, zu bleiben. Jeremias wählte das Letztere und hielt sich einige Zeit bei den armen Juden auf, welche im Lande zurückgelassen und nicht in die Gefangenschaft geführt wurden. Als dann der chaldäische Statthalter Godolias ermordet ward, und die noch übrigen Juden aus Furcht nach Aegypten flohen, nahmen ihn diese mit sich bis Taphnis (bei Pelusium, Bruzen XI. 89). Hier soll er nach jüdischer und christlicher Tradition von den Juden, deren Götzendienst er strenge rügte, gesteinigt worden seyn. Nach einer bei den Bollandisten (I. 7) citirten Quelle wäre dieses im J. 607 geschehen, was aber jedenfalls ganz unrichtig ist; denn wenn man auch das Jahr seines Todes nicht gewiß weiß, so nimmt man doch gewöhnlich an, daß er um das J. 570 v. Chr. gestorben sei. Was die Steinigung betrifft, so glauben Viele, der hl. Paulus habe in seinem Briefe an die Hebräer (11, 37) ihn im Auge gehabt, wie bezüglich der Zersägung den hl. Propheten Isaias (s.d.). Erst nach seinem Tode fand Jeremias bessere Anerkennung. In Babylon wurden seine Prophezeiungen fleißig gelesen und beherzigt (Dan. 9, 2). Jesus Sirach gedenkt seiner (49, 8. 9), nach 2. Macch. 2, 1 ff. hat er die heiligen Geräthe gerettet und in einer Höhle des Berges Sinai verborgen; nach 2. March. 15,14 f. erscheint er als vorzüglicher Schützer der heil. Stadt. Die Juden zu Christi Zeit haben ihn als Vorläufer oder Begleiter des Messias erwartet (Matth. 16, 14). Die Kirchenväter haben ihn als Vorbild des Heilandes erkannt, sowohl in der jungfräulichen Reinigkeit und in der Liebe zum undankbaren Volke, als auch ganz besonders in den vielen innern und äußern Leiden, die ihm durch dasselbe Volk bereitet wurden, in dessen Dienst er sich hingegeben. – Jeremias ließ seine Weissagungen nach damaliger Gewohnheit auf einzelne Rollen schreiben, die er wahrscheinlich nicht selbst, sondern ein späterer Sammler in jene Ordnung[152] gebracht hat. in der sie setzt, weniger nach der Zeitfolge als nach andern Rücksichten, zusammengestellt sind. Der Grund dieser Unordnung war wohl, besonders bei den späteren Theilen, eben das Stürmische der Zeiten, die Jeremias zu durchleben hatte, und die ihm eine Abrundung oder Ordnung nicht gestatteten. Einen treuen Gefährten des Propheten finden wir in Baruch (s.d.), welcher dessen Weissagungen niederschrieb (36, 5). An die Weissagungen schließen sich die in eigenthümlicher äußerer Einkleidung verfaßten Klagelieder (Lamentationes, ϑϱῆνοι), welche in 5 Capiteln und eben so viel Liedern das traurige Schicksal Jerusalems und seines Volkes nach Eroberung und Verwüstung der Stadt durch Nabuchodonosor enthalten. Das 1., 2. und 4. Capitel hat je 22 Verse, von denen jeder mit einem andern Buchstaben des hebr. Alphabetes nach ihrer Ordnung beginnt. Das 3. Capitel hat 66 Verse, von denen immer drei mit demselben Buchstaben nach der Ordnung des hebr. Alphabetes anfangen. Das 5. Capitel hat auch 22 Verse, ohne jedoch alphabetisch zu seyn. Ferner findet man nach den Prophezien des Baruch einen Brief, den Jeremias an die Exulanten in Babylon schrieb. Jeremias bearbeitete und vollendete nach Haneberg (Gesch. der bibl. Offenb. S. 292) auch die Bücher der Könige und Samuels. – Am 1. Mai steht des Propheten Name im Mart. Rom., das auch seinen Martyrtod bestätigt und beifügt, Epiphanius sage, daß zu seinem Grabe (zu Taphnis) die Gläubigen häufig zu wallfahrten pflegten und mit der Erde desselben die Schlangenbisse heilten. – Auf bildlichen Darstellungen hält Jeremias nach Hackin der rechten Hand eine Ruthe und in der linken ein eisernes Band mit Ring. Erstere bezieht sich ohne Zweifel auf den wachsamen Stab, den der Prophet in einer Vision sah (Jerem. 1, 11). Das Letztere mag vielleicht eine Anspielung auf das Umgürten der Lenden seyn, das ihm vom Herrn befohlen wurde (1, 17). Zuweilen steht zur Seite des Propheten eine weibliche Person mit einer Krone auf dem Haupte, einem Ochsen Weihrauch opfernd, was eine Anspielung auf den Götzendienst ist, in welchen das auserwählte Volk verfiel. Auch wird Jeremias gemalt, wie er im Kerker gefesselt liegt, und ihm ein Engel die Zukunft offenbart, während ein anderer dieses niederschreibt. Nach Migne (Dict. icon. 319) malte ihn Michel Angelo sitzend. Auch mit einem Gebetszettel (phylacterium) wird er dargestellt; auch wie er aus einer tiefen Grube, in die er geworfen ward, herausgezogen wird. Auf einem Bilde ist er in der Wüste sitzend dargestellt, ein Löwe zu seinen Füßen. Wieder auf einem Bilde steht er, ein Buch und eine Feder in den Händen haltend etc. (I. 5–7.)
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