Juliana, S. (23)

[513] 23S. Juliana, (11. Oct.), Abtissin von Pavilly (Pauliacum) in der Diöcese Rouen in der Normandie, war nach Saussayus von niederem Stande und wurde deßwegen von der hl. Abtissin Benedicta5 in ihr Kloster Pavilly nicht aufgenommen, obwohl sie, vom Geiste der Frömmigkeit getrieben, öfter darum angehalten hatte. Eines Tages nun, und zwar am Feste der hl. Austreberta, der ersten Abtissin von Pavilly, kam sie wieder, begab sich zum Grabmale der hl. Austreberta, umklammerte dasselbe und erklärte, sie werde es nicht verlassen, bis sie nicht die Aufnahme erhalten habe. Ueber diese Zudringlichkeit aufgebracht, ließ die Abtissin sie vom Grabe wegreißen und aus der Kirche treiben. Doch Gott, der sich um die Armen ebenso wie um die Reichen annimmt, strafte die Abtissin mit einem Fieber, welches sie in solchem Grade ergriff, daß sie dem Tode nahe kam. In dieser Noth machte sie das Versprechen, der armen Postulantin Aufnahme zu gewähren, wenn sie die Gesundheit wieder erlange. Kaum hatte sie dieses Versprechen gemacht, genas sie auch, gab dann der hl. Juliana das heil. Kleid und nahm sie unter jene Klosterschwestern auf, welche die Nonnen zu bedienen hatten. Mehrere Jahre versah sie diesen Dienst mit solchem Eifer, mit solcher Demuth und warmen Nächstenliebe, daß man sie »Jesus-Schwester« (Soror de Jesu) nannte. Als dann die Abtissin gottselig starb, wurde unsere hl. Juliana zu ihrer Nachfolgerin erwählt, die nun als Abtissin ihren Untergebenen in allen Tugenden vorleuchtete und mit mütterlicher Liebe für dieselben sorgte. Nachdem sie noch längere Zeit ein sehr verdienstvolles Leben geführt, starb sie endlich um die Mitte des 8. Jahrhunderts (nach [513] Lechner um das I. 740). Ihr Leib wurde von Pavilly nach Montreuil (Monasteriolum, Monstrolum) gebracht, wo sie auch verehrt wird. – Obige Erzählung über die wunderbare Aufnahme der hl. Juliana findet sich in ähnlicher Weise auch im Leben der hl. Austreberta, welches von einem Ungenannten auf den dringenden Wunsch einer Abtissin Julia geschrieben wurde und am 10. Febr. (II. 419) bei den Bollandisten enthalten ist. Zum 11. Oct. (VI. 663) nun sprechen sie sich mit Mabillon dahin aus, diese Julia sei keine andere, als unsere hl. Abtissin Juliana Sie weisen auch nach, daß diese hl. Juliana identisch sei mit jener Juliana, welche zuerst bei Menardus als Nonne von Pavilly erwähnt wird, und von welcher es bei Bucelin heißt, sie sei eine Verwandte der hl. Austreberta gewesen und aus dem französischen Königsblute entsprossen etc. Diese wird von Bucelin ebenfalls am 11. October mit dem Titel, »heilig« aufgeführt, während er gleich darauf unsere hl. Juliana im Text nur »ehrwürdig« nennt, übrigens ihr Leben ganz nach Saussayus gibt. (VI. 661–666.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 513-514.
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