Klemens Maria Hofbauer

[625] Klemens Maria Hofbauer, der erste deutsche Redemtorist und Generalvicar der Congregation »des allerheiligsten Erlösers« außer Italien, wurde am 26. Dec. 1751 geboren zu Taßwitz in Mähren, im Znaimer Kreise, als der Sohn schlichter Landleute, die sich durch ihre Rechtschaffenheit und Frömmigkeit auszeichneten29. Er verdankte seine vortreffliche, ächt christliche Erziehung hauptsächlich seiner Mutter, die ihn nach dem frühzeitigen Tode des Vaters zu dem Bilde des Gekreuzigten führte und zu ihm sprach: »Sieh, dieser ist von nun an dein Vater! Gib Acht, daß du auf dem Wege wandelst, der Ihm wohlgefällig ist.« Diese Worte machten großen Eindruck auf das kindliche Gemüth des Clemens, der sich daran noch in spätern Jahren mit Rührung erinnerte. Als er das gehörige Alter erreicht, schickte ihn die Mutter in die Schule des Ortes, wo er durch seine leichte Auffassung, seinen Fleiß und seine Frömmigkeit die Freude seines Lehrers wie seines Pfarrers war. Die Mutter hätte ihn gar gerne studiren und geistlich werden lassen; aber hiezu gebrachen ihr die nöthigen Mittel, und so schickte sie ihn denn in einem Alter von 15 Jahren nach Znaim zu dem braven Bäckermeister J. Dobsch, um dort das Bäckerhandwerk zu erlernen. Nachdem er ausgelernt hatte, wünschte er in einem geistlichen Hause zu leben und bot daher der vor den Thoren Znaims liegenden ehemaligen alten und berühmten Prämonstratenser-Abtei Bruck seine Dienste an, die denn auch angenommen wurden. Der Abt bemerkte bald die außerordentliche Fähigkeit des Jünglings und seinen Wunsch, zu studiren, und um ihm hiezu Muße und Gelegenheit zu geben, übertrug er ihm statt der Bäckerei die minder beschwerliche Sorge für das Refectorium, und erlaubte ihm, die unteren Classen der im Kloster befindlichen Schule zu besuchen. Da er das Wohlwollen des Abtes und der ganzen Gemeinde besaß, hätte er hier ruhig und ohne Nahrungssorgen leben können, und würde auch hinreichende Muße zum Gebet und zu frommen Uebungen gefunden haben. Aber eine gewöhnliche Frömmigkeit genügte ihm nicht; ihm schwebte stets das Leben der Heiligen vor Augen, und er fühlte einen unwiderstehlichen Drang in sich, nach der höchsten Vollkommenheit zu streben und sich ganz und ausschließlich Gott zu weihen. In der Einfalt seines Herzens glaubte er sich berufen, von der Welt sich gänzlich zurück zu ziehen und als Einsiedler unter strengen Bußübungen und beständigem Gebete sein Leben zuzubringen. Er verließ daher im J. 1775 die Abtei Bruck, wo er 4 Jahre zugebracht, und begab sich nach dem vielbesuchten Wallfahrtsorte Mühlfrauen unweit Znaim, um sich dort eine Einsiedelei zu bauen. Da er aber die Erlaubniß hiezu nicht erhielt, begab er sich nach 2jährigem Aufenthalte nach Wien, wo er wieder als Bäcker arbeitete. Aber sein innerer Drang ließ ihn nicht ruhen, und er entschloß sich daher, eine Wallfahrt nach Rom zu unternehmen, um klar zu werden, welche Lebensweise Gott am wohlgefälligsten wäre. Wirklich machte er mit einem anderen Bäckergesellen, Namens Emmanuel Kunzmann, die beschwerliche [625] Reise nach Rom, besuchte dort die heiligen Orte und kehrte dann wieder nach Wien zurück, ohne daß er jedoch Licht über seinen eigentlichen Beruf erhalten hätte. Da wußte er denn nichts Besseres, als zu seiner früheren Idee, Einsiedler zu werden, zurückzukehren und dieselbe im Kirchenstaate, wo sich kein äußerliches Hinderniß entgegenstellte, auszuführen. Er reiste daher mit seinem Freunde Kunzmann nochmal nach Rom und von da nach Tivoli, wo sie dem Bischofe Chiaramonti, dem nachmaligen Papste Pius VII., ihr Anliegen vortrugen und auch von ihm die Erlaubniß erhielten, bei einer in den Gebirgen um Tivoli liegenden Kapelle als Einsiedler zu leben. Aber auch hier fand er keine Ruhe und kehrte daher nach 6 Monaten allein wieder nach Wien zurück, wo eine gottesfürchtige bejahrte Wittwe ihn kennen lernte und ihm die Mittel zum Studiren reichte. Nun warf er sich mit allem Eifer und mit dem glänzendsten Erfolge auf die Wissenschaften, ohne aber dabei die Uebungen der Frömmigkeit zu unterlassen. Um diese Zeit machte er die Bekanntschaft eines eben so frommen als talentvollen Jünglings, Namens Thaddäus Hübl, geboren am 28. Oct. 1761 zu Cermna in Böhmen, der ebenfalls in Wien studirte. Da dieser auch sehr dürftig war, verschaffte Clemens ihm Unterstützung von Seite seiner Wohlthäterin, und so schlossen dann Beide das Band einer innigen Freundschaft, das nur der Tod trennen sollte. Im J. 1784 vollendeten Beide den philosophischen Curs und sollten nun die Theologie beginnen. Da aber zu jener Zeit schon der »Josephinismus« in Oesterreich herrschte, beredete Clemens seinen Freund Hübl, mit ihm nach Rom zu gehen, wo sie auch nach vielen Beschwerden glücklich ankamen und nach mancherlei Nachforschungen über die verschiedenen Orden endlich den Entschluß faßten, derjenigen Glocke zu folgen, die sie am andern Tage nach ihrem Erwachen zuerst vernehmen würden. Am andern Morgen hörten sie zuerst den Klang eines Glöckleins in der Nähe der Kirche von S. Maria Maggiore. Sie folgten diesem Klange und gelangten in eine kleine Kirche auf dem esquilinischen Hügel, wo sich mehrere Priester zur Morgenbetrachtung versammelt fanden. Es war die Kirche S. Giuliano, welche P. Franz de Paolo, von Papst Pius VI. zum General-Obern der im Kirchenstaate befindlichen Congregationshäuser der »Redemtoristen« ernannt, im J. 1783 sammt dem nebenstehenden Hause erworben und zum Noviziate eingerichtet hatte. Als sie nach einiger Zeit die Kirche wieder verließen, fanden sie vor der Thüre einen Knaben, welchen Klemens befragte, wem diese Kirche gehöre. »Sie gehört den Priestern vom allerheiligsten Erlöser«, erwiederte der Knabe, »und Sie«, fügte er hinzu, »werden eines Tages einer von diesen Priestern seyn.« Diese Worte eines Kindes, denen keine äußerliche Veranlassung zu Grunde liegen konnte, machten einen tiefen Eindruck auf Klemens. Er sprach nun mit dem Rector des Hauses, P. Lanti, und da er hörte, daß der (damals noch lebende) Bischof Alphons Liguori, dessen Werke er zum Theil kannte und liebte, der Stifter dieser Congregation sei, und daß diese die Abhaltung von Missionen und geistlichen Uebungen etc., so wie die eifrige Pflege der Armen und Verlassenen zum besonderen Zwecke habe, zweifelte er keinen Augenblick mehr, daß Gott ihm nun Seinen Willen kund gethan habe. Er bat daher sogleich um Aufnahme als Candidat für das Noviziat und erhielt sie. Da am andern Tage auch sein, anfangs noch schwankender, Freund Hübl auf seine Bitte diese Aufnahme erhielt, begannen Beide ihr Noviziat in S. Giuliano, legten dort am 19. März 1785 ihre Gelübde ab und wurden dann in das Studien-Haus zu Frosinone gesandt, um die theologischen Studien zu beginnen. Schon während des Noviziats ward Clemens von dem Gedanken ergriffen, einst nach abgelegten Gelübden als Missionär nach Deutschland zurückzukehren und die Congregation in den Ländern jenseits der Alpen zu verbreiten – ein Gedanke, den er seinen Oberen mittheilte und der auch von dem hl. Alphonsus gebilligt wurde. Dieser Wunsch ging nun aber früher in Erfüllung als die beiden Freunde geahnt hatten. Es geschah nämlich, daß der Erzbischof Saluzzo von Carthago, welcher am königl. Hofe zu Warschau als apostolischer Nuntius sich befand, im J. 1787 von der Propaganda in Rom einige Missionäre für Curland verlangte, um den geistlichen Bedürfnissen der dort lebenden Katholiken abzuhelfen. Die Propaganda wandte sich deßhalb an den Obern der Congregations-Häuser im Kirchenstaate, und dieser erinnerte sich dei dieser Gelegenheit an den Wunsch der [626] beiden deutschen Kleriker, die eben ihre theologischen Studien vollendet hatten. Er machte ihnen den Antrag, vorläufig als Missionäre nach Curland zu gehen, und Beide nahmen diesen Antrag mit Freuden an. Sie wurden sofort im J. 1787 (gerade im Todesjahre des hl. Alphonsus) zu Priestern geweiht und traten dann, nachdem sie in Rom den Segen des Papstes Pius VI. erhalten, unverzüglich ihre Reise an. P. Clemens wurde vorläufig zum Obern bestimmt und mit der Vollmacht versehen, Candidaten in die Congregation aufzunehmen, später aber (im J. 1793) zum Generalvikar jenseits der Alpen ernannt, und zwar mit fast allen Facultäten eines Generalobern. Wer hätte gedacht, daß der Bäckergeselle, der im J. 1777 in Wien mit Brodbacken beschäftigt war, auf solche Weise berufen sei, in eine Congregation einzutreten, die damals nur in Neapel und im Kirchen-Staate bestand, außer diesen Staaten aber kaum dem Namen nach bekannt war, und dann so viel für diese Congregation zu wirken! Die Reise der beiden Missionäre ging über Wien, wo P. Clemens seinen früheren Gefährten Kunzmann traf und als Laien-Bruder in die Congregation aufnahm, nach Warschau, wo sie von dem Nuntius liebevollst empfangen wurden. Da er sie aber näher kennen lernte, behielt er diese so ausgezeichneten Arbeiter in Warschau zurück und brachte es bei dem Könige Stanislaus Poniatowski dahin, daß ihnen dort die leerstehende Kirche St. Benno (weßwegen die Redemtoristen in Warschau Bennoniten hießen) sammt dem daneben stehenden Hause, um es in ein Kloster umzuwandeln, überlassen wurde. Mußten sie hier auch sehr arm leben, so wirkten sie doch nach erhaltenen Vollmachten sehr eifrig in der Seelsorge, namentlich auf der Kanzel, wo sie täglich predigten, und im Beichtstuhle. Allmälig meldeten sich Candidaten, so daß ein Noviziat eröffnet werden konnte. Unter diesen Candidaten befanden sich auch mehrere Franzosen, welche der Sturm der Revolution nach Polen verschlagen hatte, und unter denen sich zwei besonders auszeichneten, nämlich P. Nicolaus Lettoir aus Amiens, der leider schon im J. 1801 starb, und P. Joseph Passerat, der am 30. April 1772 zu Joinville in der Champagne geboren, am 13. Nov. 1795 die Gelübde ablegte, am 15. April 1797 Priester und nach dem Tode des P. Hoffhauer sein Nachfolger als Generalvicar wurde. Allmälig gelang es der Congregation, sich von Warschau aus weiter zu verbreiten und zuerst ein Haus zu Mietau in Curland, dann noch zwei andere in Luckow und Radzymin zu gründen. Später wurden die Redemtoristen auf Veranlassung des dortigen apostolischen Nuntius in die Schweiz berufen. Im J. 1802 kam P. Hoffbauer selbst an Ort und Stelle, und es kam eine Niederlassung auf dem Berge Thabor bei Jestetten im Bisthume Constanz, eine Stunde von Schaffhausen, auf einer Besitzung des wohlwollenden Fürsten Schwarzenberg zu Stande. Im Juli 1803 führte P. Hoffbauer die kleine Gemeinde mit ihrem Odern P. Passerat selbst dahin. Dann reiste er mit P. Hübl nach Rom und kehrte nach 4 Monaten wieder nach Warschau zurück. Im J. 1804 wurde eine Niederlassung bei Tryberg im Schwarzwalde unternommen. Doch beide Niederlassungen wurden wegen ungünstiger äußerer Verhältnisse bald wieder aufgegeben, und P. Clemens entschloß sich im J. 1805 dagegen eine andere zu übernehmen, die ihm einige Freunde der Congregation zu Babenhausen in der Diöcese Augsburg anboten, und welche bessere Garantien zu gewähren schien. Der damalige Bischof Clemens Wenzeslaus gab hiezu seine Genehmigung, und sein trefflicher Generalvicar Anton v. Nigg, ein persönlicher Freund und Verehrer des P. Hoffbauer, that alles Mögliche, um das Werk zu befördern; auch der damalige Landesherr Fürst Fugger nahm den größten Antheil daran und entwarf später sogar eigenhändig den Plan zur Erbauung eines eigenen geräumigen Congregationshauses. Und die frommen Väter wirkten in Babenhausen und in dem benachbarten Weinried, wo P. Clemens Hoffbauer immer wohnte, so wie in Kirchhaslach, wo er einmal die Fasten-Predigten unter großem Zulaufe hielt, mit solchem Eifer, daß ihr Andenken dort noch zur Stunde sehr im Segen ist, wie erst neuerliche Vernehmungen kund gethan haben. Es leben auch noch Mehrere, die sie kannten und die mit höchster Verehrung namentlich von P. Clemens Hoffbauer sprechen.30 Doch [627] auch diese Stiftung sollte nicht lange dauern. Am 6. Oct. 1805 war P. Clemens nach Augsburg gekommen, um die kanonische Bestätigung des Hauses Babenhausen und die Jurisdiction für die Patres nachzusuchen. Da aber am 9. Oct. Napoleon mit seiner Armee in Augsburg einrückte, konnte er die Bestätigung erst am 24. Oct. erhalten. Am 27. Oct. traf er wieder in Weinried ein. Am 1. Nov. kamen mehrere Congregirte vom Thabor an, und Andere bezogen am 14. Nov. ein Haus in Babenhausen. Am 5. Aug. 1806 wurde Fürst Fugger, wie alle übrigen kleinen Reichsfürsten Süddeutschlands, mediatisirt, und sein Land kam an Bayern, dessen Montgelas'sche Regierung den Vätern nicht gewogen war. Am 6. Aug. 1806 reiste P. Clemens nach Wien, und am 12. Febr. 1807 zogen die letzten Patres von Babenhausen fort, wo sie also nur etwas mehr als 15 Monate thätig gewesen waren. Von da begaben sie sich nach Chur in Graubündten und endlich nach Fischbach (Vispes) in Oberwallis, wo sie nach vielen Mühsalen zu Anfang December 1807 ankamen. Im J. 1810 wurden sie von den Franzosen zerstreut, sammelten sich aber dann im J. 1817 wieder in Valsainte im schweizerischen Canton Freiburg, Bezirk Greierz (Gruyères). Aber auch in Warschau hatte P. Clemens viele Trübsale zu besteben. Der erste Schlag, der ihn traf und sein Herz tief verwundete, war der Verlust seines treuen Gefährten P. Hübl, der am 4. Juli 1807 im 46. Lebensjahre als Rector des Collegiums in Warschau starb, tiefbetrauert von Allen, die ihn kannten. Aber noch Schmerzlicheres sollte bald nachkom men als Folge des damals herrschenden Zeitgeistes. Warschau mit seinem Gebiete war schon im J. 1795 bei der letzten Theilung Polens an Preußen gekommen. Die blutigen Kämpfe, welche dieser Theilung voraus gingen, hatten zwar auf den Bestand der Congregation keinen Einfluß gewonnen; denn die Väter wurden von keiner der bald siegenden, bald unterliegenden Parteien angefochten, sondern von Allen geachtet, weil sie sich ausschließlich den geistlichen Verrichtungen widmeten und Jedem ohne Unterschied bei dargebotener Gelegenheit Liebesdienste leisteten; aber die Voltairianer etc. waren stets ihre unversöhnlichen Feinde, und wie diese schon beim Könige Friedrich Wilhelm III. von Preußen auf alle Weise gegen sie gewirkt hatten, so thaten sie es auch bei dem Könige von Sachsen, an welchen nach dem am 9. Juli 1807 abgeschlossenen Frieden von Tilsit das »Großherzogthum Warschau« gekommen war. Durch allerlei Machinationen brachten sie es endlich dahin, daß die Aufhebung der Congregation beschlossen ward. Im Juni 1808 erschien eines Morgens im Kloster eine Regierungs-Commission, und nachdem das Aufhebungs-Decret verlesen war, wurden die Väter alle mit P. Clemens in bereit gehaltenen Kutschen auf Befehl des franz Marschalls Davoust nach der preußischen Festung Custrin abgeführt, wo sie jedoch in einer Art von Caserne freundlich behandelt wurden und auch ihre geistlichen Uebungen fortsetzen durften. Nach 4 Wochen wurden die gebornen Polen in das Großherzogthum Warschau zurückgeschickt, die Ausländer aber über die preussische Gränze geschafft. P. Clemens M. Hoffbauer erhielt seinen Paß über die Grafschaft Glatz nach Oesterreich, und verfügte sich nach Wien, wo ihm nach strenger polizeilicher Untersuchung mit seinem Gefährten Martin Stark endlich der Aufenthalt gestattet wurde. Hier war es denn der edle Erzbischof Sigmund Graf von Hohenwart, welcher sich um unsern P. Clemens liebevoll annahm und ihn zuerst im J. 1809 zum Director an der italienischen Kirche, dann aber im J. 1813 zum Beichtvater der Ursulinerinnen und zum Director der Klosterkirche ernannte. Als solcher hatte P. Clemens ein schönes Feld für sein seeleneifriges Wirken, sowohl im Beichtstuhle als auch auf der Kanzel, wo er alle Sonn- und Feiertage mit großem Beifalle predigte. Bald erwarb er sich andere hohe Gönner und Freunde unter den Geistlichen und Laien, zu welchen besonders die drei berühmten Convertiten Friedrich v. Schlegel, Adam v. Müller und Zacharias Werner, welcher später auch Priester wurde und als Prediger viel Gutes wirkte, zu rechnen sind, obwohl auch Feinde ihm nicht fehlten. Diesen war es aufgefallen, daß von Zeit zu Zeit ausländische Priester ihn besuchten und bei ihm wohnten, so wie auch daß er beständig [628] von jungen Leuten umgeben war und häufig Gäste an seinem Tische hatte. Es waren dieses seine Mitbrüder, die ihn zu Zeiten besuchten, und seine geistlichen Söhne, die er manchmal zu Tische lud. Dieses benützten seine Feinde und brachten es endlich dahin, daß in sehr kränkender Weise eine Haussuchung bei ihm vorgenommen wurde. Doch das Böse, das seine Feinde sannen, verwandelte sich in Gutes. Der edle Kaiser Franz erhielt Kenntniß von diesem Vorfalle, und da nach genauer Untersuchung die Unschuld des P. Clemens sich glänzend herausgestellt hatte, ertheilte ihm der Kaiser nicht blos die Erlaubniß, in Wien zu bleiben, sondern gestattete ihm auch, zum Ersatz für die erlittenen Unbilden sich eine besondere Gnade auszubitten. P. Clemens war keinen Augenblick in Zweifel, welche Gnade er sich erbitten solle. Sein höchster Wunsch war die Einführung seiner Congregation in die österreichischen Staaten und die Errichtung eines Congregationshauses in Wien. Am 29. Oct. 1819 überreichte er dem Kaiser die deß fallsige Bittschrift, welcher die Regel der Congregation und eine Liste der Candidaten, die in dieselbe eintreten wollten, beigelegt war. Zu Anfang März 1820 war die Sache schon so weit gediehen, daß sich das kaiserliche Decret in einigen Wochen erwarten ließ. Doch leider sollte P. Clemens diese Freude nicht mehr erleben. Schon im Februar 1820 fühlte er sich sehr unwohl. Da wurde sein Gefährte P. Stark plötzlich vom Nervenfieber ergriffen. P. Clemens pflegte ihn mit solcher Liebe, daß er sich selbst ganz vergaß. Erst als dieser sich außer Lebensgefahr befand, dachte er an sich selbst und zog einen Arzt zu Rathe, der ihm vor Allem Ruhe und Schonung empfahl. Kaum fühlte er sich besser, begann er sogleich, obwohl das Wetter sehr rauh und naßkalt war, seine gewohnten Verrichtungen auf der Kanzel und im Beichtstuhle. Da kehrte das Uebel mit verdoppelter Gewalt zurück, und er ward von einem heftigen Fieber ergriffen. Die Aerzte gaben bald alle Hoffnung auf, und so entschlief er denn nach Empfang der heil. Sterbsacramente am 15. März 1820 im 69. Jahre seines Lebens, gerade als man Mittags den »englischen Gruß« läutete. Seine letzten Worte waren eine Strophe aus einem geistlichen Liede: »Alles meinem Gott zu Ehren«. – Erst 6 Wochen später, nämlich am 30. April 1820, erschien das kaiserliche Handschreiben, wodurch die »Congregation des allerheiligsten Erlösers« in die österreichischen Staaten aufgenommen, die Annahme von Novizen gestattet und den Mitgliedern derselben die Kirche »Maria-Stiegen«31 sammt dem anstoßenden Hause überlassen wurde, in welches sie dann, nachdem am 20. Mai P. Joseph Passerat, Rector zu Valsainte, zu seinem Nachfolger von dem Generalobern (Rector major) P. Nicolaus Mansione ernannt und sonst Alles geordnet war, am 23. Dec. 1820 feierlich einzogen. – Groß und allgemein war der Schmerz über den Tod dieses edlen Priesters, und Viele kamen, um ihn noch zu sehen und kleine Andenken von ihm zu erhalten. Am 16. März wurde der Leichnam im feierlichen Zuge in die St. Stephanskirche gebracht, wobei sein Freund und Beichtkind, der bereits oben erwähnte Dichter und Prediger Zacharias Werner32, als Officiator functionirte. Am 17. März Morgens wurde die Leiche im Leichenwagen nach der Pfarrkirche von Maria-Enzersdorf geführt und, nachdem dort das Requiem mit Libera gesungen war, auf dem dortigen Gottesacker neben der Familiengruft des Baron Penkler, in dessen Hause er einige Zeit gelebt hatte, bei gesetzt. Am 4. Nov. 1863 wurden nach erhaltener Erlaubniß seine Gebeine in die Kirche Mariae Stiegen übertragen und dort in Gegenwart der Congregirten der österreichischen und oberdeutschen Provinz, so wie vieler angesehener Männer aus dem geistlichen und weltlichen Stande in das zu diesem Zwecke bestimmte herrliche Monument von weißem Marmor unter angemessenen Feierlichkeiten[629] eingesenkt. Seit dieser Zeit beten Viele an der Ruhestätte des großen Dieners Gottes und erzählen von wunderbaren Gebetserhörungen, welche sicherlich viel dazu beitrugen, an seine Kanonisation zu denken. Inzwischen war auch seine anfangs kleine Familie eine sehr große geworden, die von Wien aus in mehrere Länder sich verbreitete. Bei seinem Tode mochten etwa 24 Congregationspriester leben, und setzt besitzt die Congregation in beiläufig 50 Diöcesen – außer Italien in Deutschland (Oesterreich, Bayern, wohin sie im J. 1841 berufen wurde, Rheinpreußen, Nassau), Frankreich, Spanien, Belgien, Holland, England und Irland, Nordamerika, wohin die ersten Redemtoristen im Frühjahre 1833 von Wien aus abreisten, und West-Indien – 70 Collegien mit etwa 700 Priestern und 1400 Mitgliedern, welche den P. Clemens gleichsam als ihren zweiten Stifter betrachten; denn während die vom hl. Alphonsus Liguori im Königreiche Neapel gegründete Congregation dort aus verschiedenen Gründen und namentlich wegen mancherlei Hemmnisse von Seite der Regierung nie rechte Fortschritte machen konnte, wie der hl. Alphonsus selbst schon bemerkte, und heutzutage beinahe erloschen ist (alle Häuser sind von den Piemontesen aufgehoben), hat sich die von P. Clemens gepflanzte »transapinische« Congregation immer mehr ausgebreitet. Dieser wurden dann durch ein Decret von Papst Pius IX am 8. Oct. 1853 auch die im Kirchenstaate befindlichen Häuser übergeben mit dem Auftrage, in Rom ein General-Capitel zu versammeln und einen General-Obern zu wählen, der fortan und für alle Zeit in Rom zu residiren hat. Nachdem dann die Congregation am 9. Juni 1854 in Rom auf dem esquilinischen Hügel ein geräumiges Haus sammt Garten, der unmittelbar an S. Giuliano anstoßt, erworben hatte, wurde dort am 26. April 1855 P. Nikolaus Mauron aus Freiburg in der Schweiz zum General-Obern und Rector major Congregationis SS. Redemptoris von den aus allen Gegenden herbeigekommenen Provinzialen etc. erwählt und vom Papste bestätigt. Derselbe ließ sich nun nach dem Wunsche der Congregation auch die Kanonisation des P. Clemens sehr angelegen seyn und stellte deßwegen an Se. Em. den H.H. Cardinal-Fürsterzbischof Rauscher von Wien die Bitte um Einleitung des Informationsprocesses über das Leben, die Tugend, den Ruf der Heiligkeit und die Wunder des Dieners Gottes Clemens Maria Hofbauer. Dieser ordentliche Proceß wurde denn auch am 17. Januar 1864 mit einem feierlichen, von dem H.H. Feldbischofe Dr. Maier abgehaltenen Pontificalamte in der Am 21. Jan. war in der erzbischöflichen Hauskapelle unter dem Vorsitze des H.H. Generalvicars und Weihbischofs Dr. Kutschker die erste Sitzung über das Leben und die Tugenden des P. Clemens, die 95. und letzte aber am 23. Nov. 1864, nachdem inzwischen vom 18. Aug. bis 9. Nov. 19 Sitzungen über den Noncultus,33 nämlich darüber, daß nach den Anordnungen des Papstes Urban VIII. dem P. Clemens bisher keine ungeeignete kirchliche Verehrung erwiesen worden sei, gehalten worden waren, und auch wegen Collationirung der Abschriften und Uebersetzungen noch bis in den März 1865 Sitzungen gehalten werden mußten. Es wurden im Ganzen 85 Zeugen vernommen. Gegenwärtig handelt es sich nun darum, daß der apostolische Proceß eingeleitet und Se. Heiligkeit der Papst zur Ernennung der Commission bewogen werde. Ist diese ernannt, so ist eben dadurch P. Clemens als »ehrwürdig« (venerabilis) im kirchlichen Sinne erklärt. Bereits sind, um dieses zu erwirken, viele Bittschriften von allerhöchsten und höchsten Personen, von Erz-Bischöfen, Bischöfen, Domcapiteln etc. an den heil. Vater abgegangen, unter diesen auch vom H.H. Bischofe Pankratius von Augsburg und von seinem Domcapitel, dessen Dompropst Dr. Fr. J. v. Allioli den P. Clemens selbst persönlich gekannt und im J. 1820 auch seinem Leichenbegängnisse beigewohnt hat. Das Weitere in dieser Sache ist nun abzuwarten. – P. Clemens war nach P. Haringer von mittlerer Statur, aber von einem starken und kräftigen Körperbau. Er hatte eine hohe und breite Stirne, mehr kleine, als große, aber lebhafte Augen, die jedoch immer halb geschlossen waren. Sein [630] Mund war immer etwas lächelnd. Seine Züge waren sehr edel, seine Haltung gerade, sein Temperament feurig etc. P. Haringer erzählt in seinem »Leben« (S. 57–92) viele schöne Züge von seiner Geduld und Sanftmuth, von seinem Glauben, seiner Hoffnung und Liebe, von seinem Seeleneifer, seiner Klugheit, seiner Gebetsliebe, seinem prophetischen Blicke etc. etc., und angesehene noch lebende Männer, die ihn kannten, sagen von ihm, er sei ihnen wie ein zweiter hl. Philippus Nerius oder wie ein hl. Vincenz von Paul vorgekommen. †


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 625-631.
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