Kolumkille, S.

[634] S. Kolumkille, (9. Juni), auch Columcille, Columcellus und Colme, Gründer und erster Abt von Hy (Hiensis), Apostel der Picten, einer der berühmtesten Heiligen der alten Kirche von Irland, wurde zwar schon als S. Columba4 kurz angeführt, doch wollen wir hier noch Einiges nachtragen, und zwar nach W. G. Todd (S. 36 ff.) unter Berücksichtigung der Vita, welche der im J. 624 geborne hl. Adamnanus2, der 9. Abt von [634] Hy, geschrieben, die bei den Bollandisten am 9. Juni (II. 197–236) nach einer Reichenauer Handschrift sich findet und welche der oben bei S. Kolman bezeichnete irische Gelehrte Dr. W. Reevesim J. 1857 unter dem Titel: »The life of St. Columba« nach anderen Handschriften mit vielen Anmerkungen herausgegeben hat. Unser Heiliger wurde geboren zu Gartan37 in der Grafschaft Donegal im nordwestlichen Theile von Irland, und zwar nach Reeves am 7. Dec. 521, wie auch die Bollandisten (S. 194. nr. 19) angeben. Er stammte aus dem königlichen Geschlechte der Niall und Echin. Sein Vater Fedhlimidh (Fedilmithus). Sohn des Fergus Cemsada, war ein Glied der regierenden Familien von Irland und Britisch Dalriada; seine Mutter Eithne (Aethnea), Tochter des Mac-Nave, stammte ebenfalls von einer königlichen Familie, und diesem Umstande, nebst seiner Erziehung, seiner Frömmigkeit und seinem Eifer, ist wohl der große Einfluß zuzuschreiben, den unser Heiliger in seinem Leben gewann. Er wurde getauft zu Tulach-Dubhglaise von dem Priester Cruitnechan, und erhielt den Namen Colum (Columba). zu welchem dann später der Beisatz Cille (Kille) d.i. »der Kirche« kam, von seinem fleißigen Kirchenbesuche in seiner Jugend, so daß er also Columcille d.i. »Colum der Kirche« hieß,38 welcher Name nach Beda um das J. 700 allgemein wurde, um ihn von den vielen Andern dieses Namens zu unterscheiden. Sein jüngerer Bruder hieß Jogen oder Eogan (Eugenius); die Namen seiner 3 Schwestern waren Cuimne (Cuman), Mincholeth und Sinech. Der Ort, wo er seine erste Jugendzeit unter der Leitung des Priesters Cruitnechan zubrachte, hieß Doire-Eithne d.i. »Eichenwald der Eithne«, der ursprüngliche Sitz der O'Donnels, änderte aber später seinen Namen in Cill-mac-Nenain, wahrscheinlich in Erinnerung an die »Söhne des Enan«, deren Mutter seine Schwester Mincholeth war, und heißt jetzt Kilmacrenan. Nachdem er das gehörige Alter erreicht hatte, suchte er, wie andere fromme Jünglinge seines Alters, welche sich in geistlichen und weltlichen Wissenschaften ausbilden wollten, die Aufnahme in eines der klösterlichen Collegien und kam zuerst nach Moville (Magbile), wo er unter der Leitung des hl. Bischofs Finnian (s. S. Finianus4) stand und später zum Diakon geweiht wurde. Von hier begab er sich wieder südwärts nach Leinster, wo er sich unter die Leitung eines berühmten alten Lehrers, Namens Gemman oder Gorman (Germanus) stellte, und später in das klösterliche Seminar von Clonard unter die Vorstandschaft des hl. Abt Finnian (s. S. Finianus6). des Stifters dieses berühmten Klosters, der aber damals noch nicht Bischof war, weßwegen der hl. Columkille nicht von ihm, sondern von dem hl. Bischofe Etchen (Etchanns, s. S. Ecianus) von Cluanfoda (jetzt Clonfad) in Westmeath die heil. Priesterweihe erhielt, was nach Todd um das J. 551, nach Butler (VII. 554) im J. 546 geschah, während bei Dr. Reeves keine Jahreszahl angegeben ist. In Clonard wurde er zu einer Klasse von Studenten gezählt, welche später als »Väter der irischen Kirche« eine große Berühmtheit erlangten. Zu diesen gehörte auch der hl. Abt Mobhi Clarainach (Moveus), auch Berchan genannt, welcher zu Glas Navidhen (jetzt Glasnevin) bei Dublin eine Art von Kloster gründete, wo dann der hl. Columkille ebenfalls einige Zeit lebte, zugleich mit den hhl. Comgallus, Kieranus2 und Cainnech (S. Kenicus), welche mit ihm auch in Clonard gewesen waren. Im J. 546 gründete er die Kirche von Derry (Daire Calgaich) und im J. 553 das berühmte Kloster von Dair-mag oder Dear-mach d.i. »Ei chenfeld«, setzt Durrow genannt, in der Diöcese Meath. Ebenso errichtete [635] er in den Jahren 546–562 noch mehrereandere Kirchen, von denen Dr. Reeves (S. 276–285) eine Anzahl von 37 benennt. In dieser Zeit entstanden aber einige Zwistigkeiten, die von Verschiedenen verschieden erzählt werden, und welche den hl. Columkille bewogen, sein Vaterland zu verlassen. Er schiffte daher im J. 563 in seinem 42. Lebensjahre mit 12 Schülern, – nämlich mit seinen Neffen Baithene (auch Conin) und Cobthach, mit seinem Vetter Ernaan, dann mit Diormitius, Rus und dessen Bruder Fechno, Scandal, Luguid Mocuthemne, Echoid, Tochamur Mocusircetea, Cairnaan und Grillaan – in die Hochlande von Schottland hinüber, wahrscheinlich auf Einladung des dortigen Königs Conall, mit welchem er ebenfalls verwandt war, und den er auf seinem festen Schloße Craig Phadrig besuchte. Dieser König der Dal-aradianischen39 Schotten, der ihm bis zu seinem Tode sehr gewogen war, schenkte ihm nun die kleine Insel Hy,40 jetzt Jona oder Icolmkill genannt, eine der Hebriden oder Western-Inseln, am Südwest-Ende der größeren Insel Mull im Westen von Schottland. Nach Reeves scheint die Insel zu jener Zeit an der Gränze der pictischen und schottischen Jurisdiction gewesen zu seyn, so daß sie also ein sehr passender Mittelpunkt war, um mit beiden Nationen in Verbindung zu treten. Die Scoten waren schon Christen. die Picten41 noch nicht, und so führte denn der hl. Columba diese zum Christenthume, weßwegen er auch der »Apostel der Picten« genannt wird. Er gründete nämlich auf der Insel Hy ein großes Kloster, welches mehrere Jahrhunderte hindurch die Hauptpflanzschule der nordischen Britten war. Von hier auch leitete er seine apostolischen Arbeiten und gründete an vielen Orten Kirchen42 und Klöster, die er mit seinen Mönchen bevölkerte. Er hatte ihnen eine Regel gegeben, welche hauptsächlich aus jener der alten Mönche des Morgenlandes entnommen war, während später das Kloster Hy die Regel des hl. Benedictus annahm. Nachdem der hl. Kolumkill einige Jahre hier mit großem Eifer gewirkt hatte, mußte er sich nach Irland begeben, um dort einige Unruhen zu beschwichtigen, welche zwischen dem Könige Aid von Irland und seinem Vetter Aidan oder Aedhan,43 dem Nachfolger des im J. 574 gestorbenen Königs Conall, wegen des Gebietes von Dalaradia entstanden waren. Im J. 590 wurde deßwegen zu Drumceat in der Grafschaft Derry eine große Versammlung gehalten, auf welcher besonders durch die Bemühungen unseres Heiligen die Ruhe wieder hergestellt wurde. Nachher besuchte er noch einige von seinen irischen Klöstern, so wie auch den hl. Kieranus2 in seinem Kloster Clonmacnoise, welcher Besuch aber von Dr. Reeves in eine spätere Zeit gesetzt wird, und kehrte hierauf wieder auf seine geliebte Insel Hy zurück, um seinen gewöhnlichen Arbeiten obzuliegen. Jede Stunde seines Lebens wurde von ihm gewissenhaft hingebracht, entweder mit Beten oder Lesen oder Schreiben etc. Viele Stunden verwendete er auf das Abschreiben der heil. Evangelien oder anderer Theile der heil. Schrift, wie dieses damals bei den Mönchen gewöhnlich war. Im J. 593 trafen ihn einmal zwei seiner Schüler, wie er voll Freude zum Himmel empor blickte, bald darauf aber wieder ganz traurig wurde. Da sie mit ihren Bitten, er möchte ihnen die Ursache davon mittheilen,[636] nicht nachließen, gestand er ihnen endlich, er habe Gott den Herrn dringend gebeten, daß er ihn nach einem dreißigjährigen Wirken auf der Insel Hy endlich in die ewige Heimath aufnehmen wolle, und der Herr sei auch wirklich bereit gewesen, seinen Wünschen zu entsprechen; Er habe Seine Engel geschickt, um ihn abzuholen, und das habe ihm die große Freude bereitet. Auf einmal aber habe er gesehen, wie die Engel gezögert hätten, indem Gott, auf die vielen Bitten seiner Untergebenen, Seinen Rathschluß wieder ändernd, ihm noch vier Jahre des irdischen Lebens zugegeben habe, und dieses habe ihn so traurig gemacht etc. Nachdem er nun noch 4 Jahre als treuer Diener Gottes gearbeitet, gebetet, gefastet und auf verschiedene Weise sich abgetödtet hatte, nahte endlich die Stunde seiner Erlösung. Kurz vor seinem Tode segnete er auf einem nahen Berge seine Insel und sein Kloster. Dann kehrte er in's Kloster zurück und kam mit dem Abschreiben des Psalteriums bis zum 11. Verse des 34. (33.) Psalmes, wo es heißt: »Die den Herrn suchen, ermangeln nichts von dem, was gut ist.« Hier hörte er auf und sagte: »Möge Baithen das Uebrige vollenden«, wobei er seinen Neffen und Nachfolger (s. S. Baitheneus1) meinte, auf welchen der folgende Vers 12. besser passe: »Kommet, ihr Kinder! höret mich; die Furcht des Herrn will ich euch lehren.« Hierauf wohnte er an einem Samstage der Vesper bei, setzte sich dann in seiner Zelle auf sein Bett, wo er statt des Strohes ein bloßes größeres Felsenstück und zum Kopfkissen einen kleineren Stein hatte, und gab seinen Mönchen noch eine Ermahnung, daß sie sich einander aufrichtig lieben und ihre Pflichten treu erfüllen sollen, dann werde Gott sie segnen, und er werde stets bei Gott für sie flehen etc. Als dann die Glocke (clocca) zur Mette läutete, stand er eilig auf und ging in die Kirche, wo ihn sein Diener Diermitius vor dem Altare liegend fand und ihn ein wenig aufrichtete. Inzwischen war auch die Schaar der Mönche mit Lichtern angekommen, und da sie ihren Vater sterben sahen, singen sie Alle überlaut zu weinen an. Er aber blickte heiter umher, empfing noch die heil. Wegzehrung, segnete seine geistlichen Söhne und hauchte dann seine edle Seele aus. Dieß geschah am 9. Juni 597 an einem Sonntage, welchen Einige für den Pfingstsonntag halten, der aber nach Dr. Reeves (S. 309 ff.) mit der übrigen Berechnung nicht übereinstimmt. Er hatte somit genau ein Alter erreicht von 75 Jahren, 6 Monaten und 2 Tagen, während er nach Beda 77 Jahre alt geworden wäre. Kaum war er gestorben, wurde sein Angesicht geröthet und so heiter, als wenn er einen angenehmen Schlaf schlafen würde. Sein Tod wurde auch Abwesenden geoffenbart, und Einer derselben rief aus: »Der hl. Columba, die Säule (columna) vieler Kirchen, ist gestorben.« Die Insel Hy wurde mit himmlischem Glanze erfüllt, welcher auch von fernen Schiffern gesehen wurde. Drei Tage und Nächte hindurch wurden unter Psalmengesang seine Exequien gefeiert. Dann wurde der Leichnam in reine Leinwand gewickelt und im Kloster feierlich begraben. Später aber wurde er anderswohin gebracht, und mehrere Orte rühmen sich, denselben oder doch Reliquien von ihm zu besitzen; doch gewöhnlich wird Downpatrick (Dunum) in der irischen Grafschaft Ulster als die Stadt gee nannt, wo der hl. Columba in dem nämlichen Monumente ruht, in welchem auch der hl. Patricius (Patrick) und die hl. Brigida2 (Bridget) – die zwei größten Heiligen Irlands – ihre sterblichen Ueberreste haben. – Nach der Beschreibung des hl. Adamnanus, der seinen hl. Vorfahren Kolumkill zwar nicht persönlich, wohl aber mehrere Andere kannte, die mit ihm noch gelebt hatten, war derselbe von großer Statur; seine Stimme war laut, aber angenehm modulirt; er hatte das Antlitz eines Engels, und wenn er auch sehr streng mit sich selber war, so war er desto milder mit Andern. Auf seinem Angesichte strahlte immer eine liebenswürdige Heiterkeit, die Allen, welche mit ihm umgingen, Vertrauen einflößte. Er stand in solchem Ansehen, daß auch Könige ihn um Rath fragten. Seine Tugenden, die noch durch die Gabe der Weissagung und Wunder erhöht wurden, erwarben ihm allgemeine Verehrung, nicht blos in Schottland, Irland und England, sondern auch in Spanien, Gallien, Italien und Deutschland, wie vier alte Manuscripte seines vom hl. Adamnanus geschriebenen Lebens beweisen, von denen das eine im Kloster Windberg44 dei Straubing [637] und ein anderes im Kloster Tegernsee, ein drittes in Freising (alle drei in Altdayern) und das vierte im Kloster Rebdorf sich befand. In diesem »Leben« handelt das erste Buch vorzüglich von seinen vielen Weissagungen, die alle in Erfüllung gingen, das zweite von seinen vielen verschiedenen Wundern, die er besonders bei seinen Lebzeiten wirkte, und das dritte von verschiedenen Engel-Erscheinungen, die er hatte. Viele dieser wunderbaren Ereignisse hat der hl. Adamnanus nach den Aussagen von Augen- und Ohrenzeugen aufgezeichnet. Der hl. Kolumkill war übrigens nicht blos ein sehr fleißiger Abschreiber heiliger Schriften, sondern hat auch selbst mehreres geschrieben. So werden ihm drei lateinische Hymnen von großer Schönheit zugeschrieben. Auch in irischer Sprache verfaßte er einige Gedichte, welche Dr. Reeves (S. 264 bis 277 und 285 bis 289) im Originale und in lat. Uebersetzung gibt. Auch spricht er (S. 313 ff.) von verschiedenen Reliquien des Heiligen, die an verschiedenen Orten sich finden oder finden sollen. Bei den Bollandisten wird dieser hl. Priester und Abt Columba von Hy am 9. Juni ebenfalls sehr ausführlich behandelt. Vgl. S. Columba4. (Il. 180–236).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 634-638.
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