Ladislaus Gielnovius, B. (2)

[652] 2B. Ladislaus Gielnovius, O. Fr. M. (4. Mai). Der sel. Ladislaus war um das Jahr 1440 in dem zur Diöcese Gnesen gehörigen Flecken Gielniow im russischen Polen geboren und empfing in der dortigen Pfarrkirche das hl. Sacrament der Taufe, wobei ihm der Name Johannes gegeben wurde. Schon als Knabe zeichnete er sich durch Frömmigkeit und Lernbegierde aus, so daß er als Jüngling die Universität Krakau besuchen konnte, woselbst er sich an allen Tugenden eines wahrhaft christlichen Akademikers hervorthat. Von der Gnade Gottes getrieben, begab er sich zu Warschau in den vom hl. Johannes Capistranus in Polen eingeführten Orden des hl. Franciscus von der strengern Observanz, wo er am 1. Aug. 1462 die Profeß ablegte und in allen Klostertugenden als ein wahres Vorbild leuchtete, so daß er von dem ganzen Convente, so wie auch vom Volke für einen heiligen Mann gehalten wurde, und beide mit Bewunderung und Verehrung auf ihn schauten. Zum Priester geweiht fuhr er in seinen Tugendübungen fort, leuchtend wie die Sonne unter funkelnden Sternen, und wurde wegen seiner anerkannten Geschäftstüchtigkeit im J. 1487 zum Ordens-Provincial ernannt. Als solcher reiste er nach Rom zu einer Generalversammlung in Angelegenheiten seines Ordens, die er auch nach allen Seiten hin auf das glänzendste zur Vollendung brachte. Nach seiner Rückkehr versah er durch 8 Jahre das Amt eines Predigers und gab sich in klösterlicher Zurückgezogenheit der schriftstellerischen Thätigkait hin. Im J. 1496 wurde er zum zweiten Male zum Provincial erwählt [652] und gab als solcher dem Orden neue Constitutionen, welche auf dem am 28. Mai 1498 zu Urbino versammelten General-Kapitel berathen und vom General-Commissär Ludovicus della Torre approbirt wurden. Auf Ansuchen des Herzogs Alexander von Lithauen, eines Enkels des Ladislaus Jagello, sandte er mehrere Brüder dahin, um den Einwohnern das Evangelium zu verkünden, indem er sie ermahnte, zuerst durch ihr Beispiel voranzuleuchten und dann durch das Wort zu belehren. Dort gründete er auch ein Kloster zu Skape in der Diöcese Chelm. Die Ernte war eine erfreuliche zu nennen; denn unzählige Russen nahmen das Christenthum an. Mehr als 10,000 schwuren dem Heidenthume ab, und viele Schismatiker kehrten wieder in den Schoos der heil. Kirche zurück. Nachdem Ladislaus sechs Jahre die Provinz geleitet hatte, legte er seine Würde nieder und wurde später Guardian in Warschau, in welcher Eigenschaft er nicht nur viele Predigten hielt und schrieb, sondern auch in lat. und polnischer Sprache mehrere geistliche Lieder verfaßte, welche er besonders nach den Nachmittags-Predigten nicht ohne großen Nutzen singen ließ. Unter den vielen Tugenden leuchten vor Allem die der tiefsten Demuth, einer englischen Reinheit, einer bewunderungswürdigen Armuth und Selbstverläugnung, eines seltenen Gehorsams, einer aufopfernden Nächstenliebe hervor. Als um das Jahr 1498 die Türken in Verbindung mit den Tartaren durch mehrere Einfälle dem Reiche der Polen ein Ende zu machen schienen, rettete der sel. Ladislaus durch anhaltendes Gebet, das er selbst verrichtete und zu welchem er auch das Volk aufforderte, das Vaterland. Nachdem nämlich die Feinde in den letzten Tagen des November wieder gekommen waren und ihr ungeheures Kriegs-Heer von 70,000 Mann zwischen dem Pruth und dem Dniester aufgestellt hatten, entstand plötzlich eine große Ueberschwemmung und gleich darauf eine so heftige Kälte, daß die ausgetretenen Gewässer der beiden Flüsse in Eis sich verwandelten, welches die Zelte der Feinde wie Mauern einschloß. Zugleich wurden die Zelte durch einen starken Schneefall bedeckt, so daß an kein Entrinnen zu denken war, und Viele durch die Gewässer, Andere durch die Kälte zu Grunde gingen, welche so arg war, daß man den Pferden den Bauch aufschnitt, um sich in deren Eingeweiden zu erwärmen. So blieben von den 70,000 Mann nur höchstens 8000 übrig, welche dann von dem walachischen Fürsten Stephan geschlagen wurden, so daß nur etwa 400 entkamen. Dieser glänzende Sieg nun wurde dem Gebete des sel. Ladislaus zugeschrieben, und dadurch die Verehrung, die man ohnehin schon gegen ihn hegte, nur noch mehr erhöht. Er war ein besonderer Verehrer der seligsten Jungfrau und betete täglich die sogenannte »Corona«, bestehend aus 8 Vater unser und 70 Ave Maria, ein Gebet, das die Gottesmutter selbst als ein ihr angenehmes bezeichnete, indem sie während desselben mit lieblichem Angesichte, das Kindlein auf den Armen, den Brüdern erschien. Während des Gebetes gerieth er oft in Ekstase, so daß er in freier Luft schwebte und in süßen Gesprächen mit Gott sich unterhielt. Besonders predigte er gern vom Leiden des Herrn, und dann begann er seine Predigten meistens von dem Kreuzestitel: »Jesus von Nazareth, König der Juden«. Als er kurz vor seinem Tode vor einer ungeheuren Volksmasse am Charfreitage predigte und auf eine herzergreifende Weise das Leiden Jesu, namentlich aber seine grausame Geißelung, schilderte, ward er in die Luft erhoben, so daß er wie der Gekreuzigte zwischen Himmel und Erde schwebend dem ganzen Volke sichtbar war, das sich dem Gebete des heiligen Mannes empfahl und insgesammt den Herrn pries. Langsam sich niederlassend fühlte er sich äußerst schwach, worauf man ihn in das Krankenzimmer brachte, wo er nach Verlauf eines Monates, gestärkt durch die heil. Sacramente, unter Gebet gottselig im Herrn verschied, am 4. Mai 1505. Beweint und beklagt von Allen wurde sein Leichnem in der Klosterkirche der hl. Anna zu Warschau begraben an dem Orte, über welchem das ewige Licht vor dem Allerheiligsten brennt. Hier ruhte 67 Jahre lang sein Leib, immer besucht und verehrt von vielen Gläubigen, die daselbst ihre Weihegaben voll Ehrfurcht niederlegten, bis er endlich am 13. April 1572 am Sonntage nach Ostern auf eine feierliche Weise erhoben wurde. Seine Gebeine wurden mit Wein, durch dessen Gebrauch später mehrere Kranke die Gesundheit erlangten, abgewaschen, in einen hölzernen Sarg gelegt und zur Rechten des Hauptaltares beigesetzt, wo seitdem viele Wunder geschahen. Schon Papst Sixtus V. gab ihm in einem [653] Diplome vom 24. Sept. 1586 den Titel »selig«, und nannte ihn die »Arche des Testamentes«. Eben so wurde er von vielen hohen Herren geistlichen und weltlichen Standes hoch verehrt, besonders da nach seinem Tode auf seine Fürbitte sehr viele Wunder geschahen, von welchen der Lebensbeschreiber Vincenz Morawsky bei den Boll. (p. 594 bis 615) achtzig aufzählt, die an verschiedenen, mit Namen aufgeführten, Kranken hohen und niederen Standes gewirkt wurden und unter denen auch Todten-Erweckungen vorkommen. Namentlich zeigte er sich auch als hilfreichen Fürbitter bei der Pest, was wohl der Grund war, daß die Polen und Lithauer den sel. Ladislaus, dessen Verehrung Papst Benedict XIV. förmlich approbirte, unter ihre Hauptpatronen aufnahmen. Im Proprium von Polen steht sein Fest am 25. Sept. sub ritu dupl. I. Class. In Hub. Men. wird er am 11. Aug. als Ladislaus de Gelnone erwähnt und im Seraph. Martyrol. am 22. October, an welchem Tage er auch in den verschiedenen Martyrologien des Franciscaner-Ordens steht. Die Bollandisten behandeln ihn aber am 4. Mai als an seinem Todestage. (I. 560–616).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 652-654.
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