Laurentius, S. (24)

[708] 24S. Laurentius, (14. Nov.), Erzbischof von. Dublin, welcher bei Dr. Kelly (p. 122) St-Laurence O'Toole und früher im Mart. Doneg. (p. 34) Lorcan O'Tuathaill, Airdeps, Atha Cliath heißt, stammte nach demselben von der fürstlichen Familie der O'Tuathail, welche vor der englischen Invasion in der irischen Provinz Leinster (Lagenia) reich begütert war. Nach Butler – und zwar nach dessen englischer Ausgabe (XI. 260 ff.), da die nach der franz. Uebersetzung des Godescard bearbeitete deutsche Ausgabe (XVI. 454 ff.) bezüglich der Schreibweise etc. vielfach von der englischen abweicht – war er der jüngste Sohn des reichen und mächtigen Fürsten Maurice O ' Tool, im Irischen Murertach O'Tuathail41, dessen Vorfahren viele Jahre lang die Fürsten von Hy-Murray und Hy-Mal in der Nähe von Dublin gewesen waren. Seine Mutter, welche bei Surius den Namen Inianobre (d.h. »Tochter des Fürsten«) hat, war die Tochter des O'Brain (setzt Byrne), des Hauptes einer alten Familie in Leinster. Nach Surius benützte sein Vater die Geburt seines Sohnes, um sich mit dem Grafen Donatus (Donald) von Kildara, mit dem er in Feindschaft stand, wieder auszusöhnen. Er schickte ihm nämlich seinen Sohn mit der Bitte, ihn taufen zu lassen, wobei ihm der Namen Conconor gegeben werden sollte. Auf dem Wege sei aber ein Prophet erschienen, habe große Dinge über die Zukunft dieses Knaben ausgesprochen und zugleich gesagt, daß er Laurentius genannt werden solle, wodurch auf den ihm einst für seinen muthigen Lebenskampf zukommenden Sieges-Lorbeer (Laurus) angespielt worden sei. Graf Donatus habe das Kind freudig aufgenommen und von dem Bischofe der Stadt auf den Namen »Lorgan«, Lat. Laurentius, taufen lassen. Dieser war kaum 10 Jahre alt, als ihn sein Vater dem Könige Dermod (Dermitius) Mac-Murchad42 von Leinster, dessen Zorn er zu befürchten hatte, als Geisel übergab, bei welcher Gelegenheit er schon frühzeitig die Welt verachten lernte; denn dieser barbarische [708] König behandelte den Knaben mit unmenschlicher Härte, ließ ihn an einem einsamen Orte bewachen und nicht einmal die nothwendige Nahrung und Kleidung ihm geben. Als sein Vater dieses hörte, zwang er den König, ihn dem Bischofe des vom hl. Koemgenus (s.d.) gestifteten Klosters Glendaloch zu übergeben, der ihn sorgfältig im Dienste Gottes unterrichtete und im Alter von 12 Jahren seinem Vater zurückgab. Wie nun dieser dem Bischofe für seine Sorgfalt dankte, sagte er ihm zugleich, er sei gesonnen, einen seiner 4 Söhne dem Dienste Gottes zu weihen und darüber das Loos entscheiden zu lassen. Als Laurentius dieses hörte, verwarf er das Loos und erbot sich sogleich, im Kloster zu bleiben, da dieses schon lange sein sehnlichster Wunsch gewesen sei. Der Vater übergab ihn daher dem Bischofe, welcher für ihn väterlich sorgte, so daß er in Tugend und Wissenschaft immer größere Fortschritte machte. Nach einiger Zeit starb dieser Bischof, der zugleich Abt von Glendaloch war, und anstatt seiner wurde unser hl. Laurentius in einem Alter von 25 Jahren zum Abte erwählt. Bischof selbst konnte er damals noch nicht werden, weil hiezu ein Alter von 30 Jahren erforderlich war, und da man später diese Würde ihm anbot, veranlaßte ihn seine Demuth, sie auszuschlagen. Als Abt leitete er nun seine zahlreiche Gemeinde mit großer Weisheit und Klugheit, und war durch seine unbegränzte Mildthätigkeit während einer viermonatlichen Hungersnoth als ein zweiter ägyptischer Joseph der Retter des Landes. Aus den Verläumdungen falscher Brüder ging er vollkommen gerechtfertigt hervor. Auch werden mehrere Wunder erzählt, die auf seine Fürbitte geschahen. Inzwischen war der Erzbischof Gregorius von Dublin gestorben. Da wurde nun unser Laurentius im J. 1162 zu seinem Nachfolger erwählt und vom Bischof Gelasius von Armagh in der Christus- (später Dreifaltigkeits-) Kirche zu Dublin in einem Alter von 40 Jahren43 consecrirt. Mit unermüdlicher Thätigkeit erfüllte er seine bischöflichen Pflichten und wachte über die ihm anvertraute Heerde. Besonders war er um einen tüchtigen Klerus besorgt und verbesserte die Sitten der Geistlichen. Die an seiner Kathedrale angestellten weltlichen Kanoniker bewog er im J. 1163, die Vorschriften der regulirten Chorherrn von Arouaise, einer Abtei in der franz. Diöcese von Arras, anzunehmen, welche Anstalt bis zum J. 1541 bestand, wo König Heinrich VIII. die Genossenschaft in ein Kapitel umwandelte. Laurentius selbst trug unter seinem bischöflichen Gewande das Kleid eines regulirten Chorherrn und unterzog sich der strengsten Lebensweise. Er wohnte der Mette um Mitternacht bei, blieb gewöhnlich bis Tagesanbruch in der Kirche und ging dann auf den Kirchhof, um für die Verstorbenen zu beten. Niemals aß er Fleischspeisen. Jeden Freitag fastete er bei Wasser und Brod. Er trug ein härenes Bußkleid und züchtigte oft seinen Leib. Täglich speiste er 30 und noch mehrere Arme. Er war unermüdet besorgt um die leiblichen und geistigen Bedürfnisse seiner Gemeinde und besonders oblag er der Verkündigung des göttlichen Wortes. Als er Erzbischof wurde, machte König Dermod Mac Murchad zu seinem Nachfolger als Abt von Glendaloch einen so unwürdigen Mann, daß man ihn bald absetzen mußte. An seine Stelle kam dann Thomas, ein Neffe des hl. Laurentius, der ihn erzogen hatte. Durch die Sorgfalt dieses frommen und gelehrten Abtes blühte das Kloster Glendaloch von Neuem, und unser Laurentius kam nun oft dahin, um einige Tage in stiller Abgeschiedenheit zuzubringen. Meistens bewohnte er hiebei eine unweit des Klosters gelegene Grotte, wo der hl. Koemgen einst gelebt hatte, und wo er sich mit Gott unterhielt. Obwohl die Meisten seiner Pflegbefohlenen menig Eifer für ein gottseliges Leben zeigten, fuhr er doch in seiner Hirtensorge fort und ließ nicht nach, die Sünder auf Gottes Strafgerichte hinzuweisen, die denn auch nach nicht sehr langer Zeit hereinbrachen. Der schon öfter erwähnte König Dermod von Leinster hatte die schöne Gemahlin des Fürsten Tigernan (Terenz) O'Ruarc von Breffny, Namens Dervorgal, geraubt, mußte sie jedoch bald wieder zurück geben, besonders auf Veranlassung desirischen Monarchen Tordelvach O'Conor, der dem O'Ruarc Hilfe leistete, woddurch eine große Feindschaft zwischen diesen Fürsten entstand, die endlich damit endete, daß Roderic O'Conor, welcher seinem Vater Tordelvach auf dem Throne von Irland folgte, den unruhigen [709] Dermod aus Leinster vertrieb und die Regierung dieser Provinz einem Andern aus seiner Familie übergab. Nun wendete sich der rachgierige Dermod an den König Heinrich II. von England um Hilfe, und dieß legte den Grund zur englischen Invasion, von welcher Irland seit 700 Jahren so viel zu leiden hat. Zuerst kam im J. 1170 Graf Richard von Pembroke, gewöhnlich Strong-bow genannt, mit einigen Soldaten, und im J. 1171, in welchem Dermod starb, landete in Waterford Heinrich II. selbst, welchem dann bald die verschiedenen irischen Fürsten in Dublin huldigten und endlich auch König Roderic sich unterwarf. Im J. 1172 versammelte Heinrich eine Synode zu Cashel, welcher auch unser hl. Erzbischof Laurentius von Dublin mit mehreren andern Bischöfen beiwohnte. Ueberhaupt erscheint jetzt der hl. Laurentius öfter als Vermittler zwischen Irland und England. Einige Zeit später mußte er in Angelegenheiten seiner Kirche eine Reise nach England machen, um dem Könige zu begegnen, der damals eben in Canterbury sich aufhielt. Dort wurde der Heilige mit großen Ehren aufgenommen und verbrachte die Nacht am Grabe des hl. Thomas von Canterbury, dem er seine Angelegenheiten empfahl. Am folgenden Tage wurde er beim Hintritte zum Altare von einem Wahnsinnigen, der viel von seiner Heiligkeit gehört hatte und ihn nun auch noch zu einem Martyrer wie den hl. Thomas machen wollte, so gewaltig auf das Haupt geschlagen, daß er zu Boden fiel. Alle Anwesenden hielten ihn für tödtlich verwundet; aber er verlangte Wasser, segnete es mit dem Kreuzes-Zeichen und ließ die Wunde damit waschen, worauf das Blut sogleich gestillt wurde. Von diesem wunderbaren Ereignisse war sein Lebensbeschreiber Augenzeuge, und er versichert, daß man nach seinem Tode in seiner Hirnschale einen Bruch gesehen habe. Der König wollte den Verbrecher hängen lassen; aber der Heilige bat für ihn und erlangte ihm Verzeihung. – Im J. 1129 wurde in Rom unter Papst Alexander III. das dritte lateranensische Concilium gehalten. Diesem wohnte mit dem Erzbischof von Tuam, dann 5 anderen irischen und 4 englischen Bischöfen auch unser hl. Laurentius bei. Er berichtete über den Zustand der irischen Kirche und bat um Abhilfe der in derselben herrschenden Unordnungen, so wie um Schutz ihrer Rechte, was ihm der Papst gerne zusagte, indem er ihn zugleich zum Legaten des römischen Stuhles im Königreich Irland ernannte. Bei seiner Rückkehr fand er sein Bisthum von einer schrecklichen dreijährigen Hungersnoth heimgesucht. Täglich speiste er 60 Fremde und 300 Arme seiner eignen Diöcese, und sorgte zudem noch für die Bedürfnisse vieler anderer Nothleidenden, namentlich der ausgesetzten Kinder. Zwischen dem Könige Heinrich II. und dem irischen Monarchen Roderic44 hatte er schon früher einen Frieden vermittelt und das betreffende Instrument als Zeuge unterzeichnet. Als später wieder Streitigkeiten zwischen ihnen entstanden, wollte er wieder vermitteln und reiste deßwegen nach England; aber Heinrich wollte dießmal von einem Frieden nichts wissen und auch unseren Heiligen gar nicht sehen. Er reiste deßwegen in die Normandie; der hl. Laurentius aber blieb 3 Wochen im Kloster von Abingdon und reiste dann ebenfalls in die Normandie, wo er endlich durch seine Frömmigkeit, Klugheit und Liebe den König bewog, daß er ihm Alles gewährte, was er verlangte. Auf der Rückreise von einem heftigen Fieber befallen, zog er sich in das von regulirten Chorherren bewohnte Kloster von Eu (Augium), am Eingange in die Normandie, zurück. Bei seinem Eintritte in dieses Haus sagte er mit dem Psalmisten:»Dieß ist der Ort meiner Ruhe für immer; hier will ich wohnen, weil ich ihn auserwählt habe«. Hier empfing er nun vom Abte die heil. Sterbsacramente, und als man ihn fragte, ob er nicht ein Testament machen wolle, erwiederte er lächelnd: »Von was sprecht ihr? Gott sei Dank, ich habe keinen Pfennig in der Welt, worüber ich verfügen könnte«. So starb er denn endlich am 14. November 118045 und wurde in der Abteikirche begraben. Nachdem der Erzbischof Theobald von Rouen und drei andere Commissäre auf Anordnung des Papstes Honorius III. die nöthigen Informationen eingesendet hatten, wurde er von diesem schon im J. 1226 unter die Zahl der Heiligen [710] gesetzt. In der hierüber erlassenen Bulle werden sieben Todtenerweckungen des hl. Laurentius erwähnt. Im folgenden Jahre wurde sein Leib in einem Sarge in der Abtei von Eu beigesetzt. Diese Abtei hatte zwei große Kirchen, wovon eine für den Pfarrgottesdienst bestimmt war, die den Namen des hl. Laurentius trug, der auch Haupt-Patron der Stadt ist. Alljährlich wurden drei Feste zu seiner Ehre gefeiert. Die Abtei von U. l. Frau zu Eu besitzt den größten Theil seiner Reliquien, obwohl auch in einigen Kirchen von Paris und anderswo solche sich finden. Nach Dr. Kelly sind bei Gelegenheit seiner Kanonisation im J. 1226 auch in die Christus-Kirche zu Dublin einige derselben gekommen und dort auch geblieben, bis die Kirche bei der sog. Reformation profanirt wurde. Wie die Bollandisten schon am 2. Febr. ihn unter den Prätermissen erwähnt haben (vgl. S. Laurentius2), so haben sie ihn dort auch am 10. Mai (II. 494) mit dem Beifügen, daß an diesem Tage zu Eu eine Translation von ihm gefeiert werde. Sein Name steht auch im Mart. Rom. am 14. Nov. (But. XVI. 454).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 708-711.
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