[776] S. Leonilla, (17. Jan.), auch Leovilla, Lonilla, Neonila und Neovilla genannt, war die Großmutter der hhl. Drillings-Brüder und Martyrer Speusippus, Eleusippus und Meleusippus, welche von ihr zum Christenthum bekehrt worden sind, mic sie auch deren Mutter die bei Einigen Neonilla heißt, im christlichen Glauben unterrichtet hatte. Bei den Bollandisten finden sich zweierlei Acten dieser Heiligen, die ersteren nach einem alten Manuscripte des M. Welser und die anderen von Warnaharius nach 3 alten Manuscripten. In den ersten Acten wird die Bekehrung in solgender Weise erzählt: Die hl. Leonilla, die in medicinischen Kenntnissen nicht unerfahren und zugleich eine eifrige Christin war, hatte einen (übrigens nicht genannten) heidnischen Sohn, welcher der Vater der oben genannten Drillinge war, die sich besonders durch Pferdezucht auszeichneten, womit auch ihre Namen99 übereinstimmen. Diese fuhren oder ritten fast täglich an einen Ort, Namens Pasmasus, zur Göttin Nemesis, die dort von den Heiden verehrt wurde. Einmahl luden sie denn auch ihre Großmutter Leonilla zu ihrem Gastmahle ein, wobei sie ihr das von den Opfern der Nemesis Mitgebrachte vorsetzten. Bei dieser Gelegenheit sagte sie ihnen nun, daß sie eine Dienerin Christi sei, zeigte ihnen die Nichtigkeit der Götzen und die Erhabenheit des wahren Gottes, zu dessen Verehrung sie ihre Enkel mit Begeisterung ermunterte, unter Hinweisung auf deren Mutter100, die sie ebenfalls im Christenthume unterrichtet habe, die aber im 3. Jahre, nachdem sie ihre Drillingssöhne zur Welt geboren, gestorben sei, so daß dann der Vater seine Söhne im Heidenthume erzogen haben etc. Durch diese Worte ihrer Großmutter [776] gerührt, fragten sie dieselbe, warum sie ihnen diese Wahrheiten so lange vorenthalten habe, worauf sie erwiederte, sie habe es wegen ihres heidnischen Vgters gethgn, der doch gewiß auf alle Weise gehindert haben würde, daß ihre Worte in ihnen Früchte brächten etc. Nun erinnerten sich denn die drei Brüder, daß jeder von ihnen in der vorhergegangenen Nacht schon durch einen wunderbaren Traum eigeladen worden sei, der Großmutter zu folgen und nach häheren Gütern zu trachten etc. Mit Thränen in den Augen fragten sie daher, was sie thun sollten, um den wahren Gott zu verehren, worauf die hl. Leonilla erwiederte: »Was das Kriegsheer dem Feinde des Kaisers und dessen Anhängern thut, um das Wohlgefallen ihres Kriegsherrn zu erlangen, das thut nun ihr dem Teufel, welcher der Feind Gottes und der wahre Tyrann ist, und seinen Satelliten, die in den Götzenbildern wohnen«. Auf dieses hin zerstörten sie nun vor Allem die in ihrem eigenen Hause befindlichen 12 mit Götzenbildern versehenen Tempel, in welchem man täglich Opfer darbrachte, und warfen das geopferte Fleisch den Hunden vor. Da dankte die hl. Leonilla in heißem Gebete Gott für diese Gnade der Erleuchtung ihrer Enkel und führte sie sonach zu dem hl. Bekenner Makarius101, der von Antiochia verbannt in einem Arbeitshause (ergastulum) von Kappadocien auf dem Berge Athar in einer Vorstadt von Nazianz lebte und sofort die drei Brüder im Christenthume noch mehr unterrichtete, namentlich aber das Geheimniß der Trinität ihnen nach diesen Welser'schen Acten nicht gekommen zu seyn, indem es später heißt, dag sie in ihrem Blute getauft wordenen seien. Uebrigens war hier in den von Welser herausgegebenen alten Acten ein Blatt herausgerissen, und es beginnt dann auf dem nächsten Blatte gleich das Verhör, das die drei Brüder vor den Richtern Hermogenes, Quadratus und Palmatius zu bestehen hatten. Da Meleusippus im Namen der Brüder ganz entschieden für das Christenthum sich ausspricht, lassen die Richter ihre Großmutter Leonilla kommen und sagen ihr heimlich, sie möchte ihre Enkel bereden, daß sie doch ihre Thorheit ablegen und die zerstörten Tempel wieder herstellen möchten etc. Leonilla verspricht, sie werde ihnen zureden, daß sie das Leben erhalten, und sie hält auch ihr Versprechen, indem sie ihre Enkel zur Standhaftigkeit ermahnt, um für dieses vergängliche Leben das ewige Leben zu erlangen. Nun werden denn die drei Brüder auf verschiedene Weise gemartet, und ehe man sie in's Feuer wirft, gibt ihnen die hl. Leonilla die Beruhigung, daß sie, obwohl nicht mit Wasser getauft, nun durch ihr Bekenntniß und ihren Tod die Bluttaufe erhalten und so in's ewige Leben eingehen werden. Sodann in's Feuer geworfen, werden sie nicht verletzt, sondern geben auf den Knien betend ihren Geist in die Hände ihres Schöpfers. Zu dieser Stunde bekannte sich auch eine Frau, Namens Junilla1 oder Jonilla102, zum Christenthume und wurde dann sogleich mit den Händen auf dem Rücken an den Haaren aufgehängt und ihr bedeutet, daß sie in dieser Stellung verbleiben werde, wenn sie Christum nicht verläugne. Da kam auch ihr Mann und bgt sie, sie möchte doch ihn und ihcen kleinen Sohn, den sie auf den Armen trug, nicht verlassen; allein sie blieb standhaft, indem sie erwiederte, sie müsse ihren Schöpfer Allem vorziehen, und so wurde sie dann zum abschreckenden Beispiele Anderer auf den Richtplatz geführt und zugleich mit unserer hl. Leonilla enthauptet. Bei dieser Gelegenheit gab der Actuar (Exceptor) Neon103, welcher diese Vorgänge aufgeschrieben hatte, seine Bücher seinem Collegen Turbon, lief zum Tempel der Nemesis und zerstörte dort alle Götzenbilder. Als die Wächter des Tempels dieses meldeten, wurde er so lange geschlagen und gesteinigt, bis er seinen Geist aufgab. Nach einiger Zeit erlitt dann auch der hl. Turbon, welcher die Aufschreibungen fortgesetzt hatte, den Martertod. – So die Welser'schen Acten; die andern Acten von Warnaharius stimmen hiemit fast ganz überein und nur darin weichen sie ab, daß sie die hl. Leonilla und [777] ihre drei Enkel mit dem hl. Priester Benignus14, dem Apostel von Burgund, in Verbindung bringen und ihren Martertod nach Langres (ad Lingonas) versetzen, wie das auch im Propr. August. geschieht. Als nämlich der hl. Benignus, vom hl. Polykarpus mit den hhl. Andochius und Thyrsuss nach Gallien gesendet, von Marseille unter Gottes Leitung nach Autun (Aedua, Augustodunum) kam, wurde er dort von dem Senator Faustus, welcher ein heimlicher Christ war, freudig aufgenommen und gebeten, seinen Sohn Symphorianus zu taufen, was er auch that. Dann sagte er ihm, er habe in Langres eine leibliche Schwester, Namens Leonilla, die von einem Sohne, der noch Heide sei, drei Enkel habe, welche die Mutter (Großmutter) gerne zu Christen machen möchte etc. So habe nun der hl. Benignus sich entschlossen, ngch Langres zu gehen. Dort sei er von der hl. Leonilla freudig aufgenommen worden und als dann gerade um diese Zeit ihre Enkel sie eingeladen, von dem der Nemesis geopferten Fleische zu essen, da habe sie dieses Fleisch den Hunden vorgeworfen und bei dieser Gelagenheit in Gegenwart des hl. Benignus ihre Enkel aufgefordert, den Götzendienst zu verlassen und dem Dienste des wahren Gottes sich zu widmen. Der hl. Benignus habe sie hierauf noch weiter unterrichtet und auch getauft, worauf er dann nach Dijon sich begab, während die Drillinge die Götzenbilder zerstörten und endlich mit den Uebrigen gemartert wurden etc. – Dieses wäre nun Alles ganz gut, wenn es nicht zugleich hieße, daß dieses Alles unter Kaiser Aurelianus, der von 270–275 regierte, sich zugetragen habe. Da aber der hl. Benignus um 100 Jahre früher (nämlich unter Kaiser Marcus Aurelius, der von 161 bis 180 regierte) lebte und gemartert wurde, so stimmt dieses nicht zusammen. Weil nun aber auch andere Martyrologien angeben, daß diese Martyrer unter Marcus Aurelius gelitten hgben, und nebst Andern auch die griechischen Menäen sagen, sie seien in Kapadocien gemartert worden, so dürfte dieses als das Richtige angenommen werden. Hiemit stimmt dann auch das überein, was bei Butler (I. 381) steht, der Kaiser Zeno habe die Reliquien dieser hl. Martyrer sammt dem Haupte des hl. Mennas, der auch in Kapadocien gemartert worden, einem Edelmanne von Langres gegeben, der im J. 490 unter dem Bischofe Apronicus sein Vaterland mit diesem Schatze bereichert habe, wie alte zu Langres aufbewahrte Handschriften beweisen. In der Nähe von Langres sei zu Ehren der drei heil. Brüder eine Kirche erbaut worden, die unter dem Namen St. Géome (angeblich ein aus dem Worte jumeaux d.i. Zwillinge corrumpirter Name) bekannt sei. Diese Umstände gaben dann wohl Veranlassung zu der Meinung, sie seien in Langres selbst gemartet worden, wo allerdings der hl. Benignus um diese Zeit lebte und lehrte, bis er dann in Dijon gemartert wurde. Im 8. Jahrhunderte kam unter Hariolfus (s.d.), dem Mitgründer und ersten Abt des Klosters Ellwangen, nachmaligem Bischofe von Langres, ein Theil dieser Reliquien nach Ellwangen in Würtemberg in die Hauptkirche des hl. Vitus, wo sie mit den übrigen hier genannten Heiligen verehrt werden. Im Bisthume Augsburg, zu welchem Ellwangen früher gehörte, werden die drei heil. Brüder mit einer 9. Lection commemorirt. In manchen Martyrologien dann am 18. Febr. und 18. Sept. Im Mart. Rom. stehen die drei heil Brüder mit ihrer Großmutter Leonilla am 17. Jan., an welchem Tage sie auch von den Bollandisten behandelt werden. (II. 73–80).