[798] S. Leutfredus, (21. Juni), auch Leufredus, Leufridus, Leutfridus, frz. St-Leufroy, Abt von la Croix-St-Ouen, der Diöcese Evreux (Ebroicum) in der Normandie, stammte aus einer adeligen, christlichen Fa, milie in der Gegend von Evreux. Der Geist Gottes ruhte von seiner frühen Jugend an auf diesem Knaben. Er hatte großes Verlangen, sich dem Studium der Wissenschaften zu widmen; aber der Vater wollte den einzigen Sohn nicht von sich lassen. Da bat er nun um die Erlaubniß, seine Verwandten in Evreux besuchen zu dürfen, und da er diese Erlaubniß erhielt, blieb er gleich dort und machte seine ersten Studien im Kloster St. Taurin zu Evreur. Von da begab er sich nach Condet (Condutus) und dann nach Chartres (Carnotum), wo er sich so auszeichnete, daß er den Neid der Uebrigen erregte. Hierauf kehrte er in seine Heimath zurück, wo er mit Werken der Barmherzigkeit seine Tage ausfüllte und ein Oratorium erbaute, in welches aber die Frauen nicht eintreten durften. Immer mehr nach Vollkommenheit strebend, verließ er zur Nachtszeit die Seinigen und Alles, was er hatte, schenkte einem Armen, der ihm auf dem Wege begegnete, seinen Mantel und kam endlich in das Kloster Cailly (Calliatus) im Bisthum Rouen, wo er einige Zeit unter der Leitung des frommen Einsiedlers Bertrand (Bertrannus) lebte. Einige Zeit nachher hörte er von dem Rufe des hl. Sidonius (frz. St-Saëns) in Rouen; er kam daher zu ihm, stellte sich ganz unter seine Leitung und nahm auch das Klosterkleid von ihm. Um diese Zeit war der hl. Ansbertus1 Erzbischof von Rouen. Dieser hatte für ihn eine ganz besondere Hochachtung und ließ ihn mit dem hl. Sidonius öfter zu sich kommen, um sich über pastorelle Angelegenheiten mit ihnen zu besprechen. Bei einer solchen Gelegenheit ertheilten nun die hhl. Ansbertus und Sidonius unserem hl. Leutfredus den Rath, in sein Vaterland zurück zu kehren, was er denn auch zum zweiten Male that. Da ließ er sich nun in pago Madriacensi, 2 Stunden von Evreur am Bache Eure, an dem Platze nieder, wo der hl. Erzbischof Audoënus Dado von Rouen, der Vorfahrer des hl. Ansbertus, vor einigen Jahren zum Andenken an ein ihm dort erschienenes hellstrahlendes Kreuz ein Kreuzbild errichtet hatte. Da an diesem Orte viele Wunder geschahen und Nachts ein vom Himmel bis auf die Erde reichendes Licht daselbst gesehen wurde, baute Leutfredus um das J. 690 eine Kapelle und ein Kloster mit einer Kirche zu Ehren des hl. Kreuzes, der hhl. Apostel und des hl. Bischofs Audoënus. Dieses Kloster hieß anfangs la Croix-St-Ouen (Crux S. Audoëni), erhielt aber dann nach unserem Heiligen den Namen la Croix-St-Leufroi (Crux S. Leutfredi). Bald sammelten sich mehrere Männer um unsern hl. Leutfredus, die unter seiner Leitung leben wollten. So stand er denn 48 Jahre lang als Abt diesem Kloster vor und zeichnete sich durch seine Liebe zum Gebete, sein Wachen und Fasten aus. Er war liebevoll gegen seine Mitbrüder, ohne [798] jedoch die Klosterzucht zu vernachlässigen. So versagte er einmal, wie einst der hl. Gregorius der Große, einem Bruder, der das Gelübde der Armuth verletzt hatte, das kirchliche Begräbniß, das er ihm aber dann wieder angedeihen ließ, als er auf sein eifriges Gebet von Gott die Offenbarung erhalten, daß der Bruder bei Gott Verzeihung seines Fehltrittes erlangt habe. Wie sehr unser Heiliger bei Gott angenehm war, zeigten die vielen Wunder, die Er auf seine Fürbitte wirkte. So wurde durch sein Gebet ein kranker Mönch geheilt, eine gefärhrliche Feuersbrunst ausgelöscht, bei Salonne (Solniacum) eine Quelle aus der Erde hervorgerufen etc. Als er einst wegen seines Klosters bei dem Majordomus Karl Martell eine Bitte vorbrachte, nahm ihn dieser mit Ehrfurcht und Freude auf und willigte gerne in seine Forderungen; er heilte auch dessen Sohn Gripho vom Fieber. Ueberhaupt war Leutfredus vor und nach seinem Tode durch große und viele Wunder von Gott verherrlichet. Er starb nach Empfang der heil. Sterb sacramente im J. 738 und wurde in der von ihm erbauten Kirche des hl. Paulus begraben, später aber in der von la Croix bei gesetzt. Der Nachfolger in seinem Amte war sein hl. Bruder Agofredus (s.d.), welcher bei den Bollandisten am 21. Juni (IV. 65) unter den Prätermissen, übrigens auch mit dem Prädicate »heilig«, vorkommt. Bei Menardus und Bucelinus steht er auch am 21. Juni. Am 22. Juni 851 erhob Bischof Gumbert von Evreux die Leiber der hhl. Brüder Leutfredus und Agofredus welche wegen der Einfälle der Normannen noch in der Erde begraben waren, und transferirte sie in die Hauptkirche des Klosters zum hl. Kreuze. Da aber später diese Abtei von den Normannen zerstört wurde, flüchteten sich die Mönche mit den Leibern der hhl. Audoënus, Thurianus, Leutfredus und Agofredus in die Abtei St. Germain-des-Prés (S. Germani de Pratis) in Paris, wo sie auch freundlich aufgenommen wurden. Da sie nach Besiegung der Normannen durch den Herzog Rollo im J. 918 wieder in ihr Kloe ster zum hl. Kreuze zurückkehrten, nahmen sie die Biber der hhl. Audoënus und Agofredus mit sich, den des hl. Leutfredus aber ließen sie zurück, und als dieser im J. 1222 wieder erhoben und neu gefaßt wurde, erhielten sie einige Reliquien von ihm. Im J. 1592 kamen einige Reliquien in die heil. Kapelle zu Paris, so wie auch noch andere Klöster Reliquien von ihm erhielten. Sein Andenken wird in mehreren Diöcesen Frankreichs gefeiert. Der Name unseres Heiligen, den die Boll. ausführlich behandeln, steht auch im Mart. Rom. am 21. Juni. (IV. 104–115).