[94] 23SS. Marcellus et Valerianus, MM. (4 Sept.) Die Verehrung dieses hl. Marcellus in Chalons-sur-Saone ist uralt. Hier in der Nähe (in territorio, wie es in einer alten Inschrift heißt) litt und starb er für den Herrn. Er war im J. 177 mit fünfzig andern Martyrern (so erzählt Ado) zu Lyon zu den öffentlichen Arbeiten verurtheilt worden; es gelang ihm aber durch göttliche Fügung, zugleich mit Valerianus zu entfliehen. Letzterer wird ebendeßhalb zum heutigen Tage mitgenannt (Butler XII. 317 ff.), obwohl er erst am 15. Sept. zu Tours starb. Nicht weit von Chalons lud ihn ein Heide, Namens Priscus, der eben Opfermahlzeit hielt, zu derselben ein. Der Heilige verschmähte, dem apostolischen Gebote entsprechend, die Einladung, und nahm außerdem noch die Gelegenheit wahr, die Sünde des Götzendienstes und die Pflicht, den Einen wahren Gott anzubeten, den versammelten Heiden vorzustellen. Da ließ ihn Priscus lebendig begraben (wie eine andere Version sagt, bis in die Mitte des Leibes einscharren) oder in einen Brunnen hängen, bis nach drei Tagen der Tod ihn von seinen Leiden erlöste. Dieser Brunnen wurde dem Boll. Papebroche, als er das zu Ehren des hl. Martyrers erbaute Kloster gl. N. besuchte, gezeigt. Hierauf weist auch der Umstand, daß der Heilige, wenn Regennoth eintritt, von den Umwohnern angerufen wird. Die bei den Boll. abgedruckten Lebensnachrichten sind freilich, wie Tillemont aus inneren Gründen nachgewiesen hat, erst viel später entstanden (sie gebrauchen einmal das Wörtchen fertur, man erzählt); auch die Sprache verräth einen spätern Autor, Wortspielereien und Barbarismen finden sich fast in jeder Zeile, allein sie sind nichts desto weniger werthvoll, weil sie mit Gewissenhaftigkeit die damals noch vorhandenen Ueberlieferungen über das Marterthum des hl. Marcellus für spätere Zeiten aufbewahrt haben. Vielleicht stammen sie aus der Zeit des Königs Guntram (gest. 593), eines der eifrigsten Verehrer des Heiligen. Er ließ in der ihm geweihten Kirche ein Ciborium (eine Art Baldachin mit vier Säulen) über das Allerheiligste aus dem reinsten Golde und von bewunderungswürdiger Größe, mit vielen sehr kostbaren Gemmen geschmückt (ein unvergleichliches Kunstwerk, das er zuerst für die hl. Grabkirche in Jerusalem bestimmt hatte), auf dem Altare, wo der hl. Marcellus ruhte, aufstellen. Es war zur Zeit Carls d. Gr., wo Paulus Diaconus die Kirche besuchte, noch vorhanden, aber im zehnten Jahrhunderte wußte man bereits nicht mehr, wo es hingekommen war. Gegen alle Tradition ist aber die Nachricht, welche wir bei Migne aufgezeichnet finden, wornach der hl. Marcellus lebendig verbrannt worden wäre. Die Zeit seines Martyriums setzen die Boll. beiläufig ins J. 178. Einige Hdschr. nennen ihn »Bischof«. (I. 187–202).