Maria (366)

[227] [227] 366Maria, Vid. O. S. D. (2. Sept.). Diese Maria von Toulouse, zugenannt a Jesu, war eine fromme Wittwe, Dominicanerordens. Sie starb im J. 1616 zu Toulouse. (I. 337). Bei Marchese heißt sie »ehrwürdig«. Ihr Vater, Anton Guibert, war ein angesehener Beamter zu Toulouse, die Mutter hieß Aloysia. Diese Ehe war lange kinderlos gewesen, bis eine Wallfahrt nach Bruguieres die heißerbetene Leibesfrucht zur Folge hatte. Die Tochter wurde in aller Gottesfurcht erzogen und an Arnold Borret, welcher gleichfalls Rath im Parlament zu Toulouse war, verehelichet. Sie führte ein musterhaftes Hauswesen, dessen Grundlage eine gute christliche Hausordnung war. Die »Lenkerin der Sünder« von Ludwig Granada war um diese Zeit ihre Lieblingslektüre. Nach außen strahlte ihre Frömmigkeit zum ersten Mal, als ihr Mann nach Castres abgerufen worden, um dort die Stelle eines Präsidenten im Staatsrathe zu begleiten. Während der Theurung und Pest, die daselbst ausbrach, war sie allen Armen und Unglücklichen der Stadt eine Trösterin und mildreiche Helferin in Leibes- und Seelennoth. Das Spital dort versah sie reichlich mit den nothwendigen Utensilien und sorgte, daß die Kranken auch geistlich gepflegt würden, was um so nothwendiger war, als um jene Zeit der Protestantismus in diesen Gegenden seine verführerischen Netze ausspannte und manche Seele dem katholischen Glauben entfremdete. Sie hatte die Freude, eine Protestantin kurz vor ihrem Ende in den Schooß der katholischen Kirche zurückkehren zu sehen. In Toulouse trat sie mit Erlaubniß ihres Mannes noch bei dessen Lebzeiten, ohne sich natürlich von ihm zu trennen, in den dritten Orden des hl. Dominicus. Vier andere vornehme Frauen schlossen sich ihr an und unterstellten sich ihrer Leitung. Nun gab sie sich ganz den Werken der Nächstenliebe, vorab der Pflege der Gefangenen, hin. Sie faßte den großen Gedanken, der Prostitution in Toulouse zu steuern und führte denselben durch eine Schwesterschaft gleichgesinnter Frauen, welche sie zu diesem Ende zusammenbrachte, trotz aller Hindernisse aus. Diese Frauen suchten die Bekanntschaft der Prostituirten zu machen, und besuchten sie deßhalb öfter in den verrufenen Häusern, wo sie wohnten, in der Absicht sie zu bekedren. Es gelang ihnen das fromme Werk bei vielen derselben; sa sie konnte durch die Almosen, welche sie zu diesem Zwecke sammelte, eine Zufluchtsstätte, welche sie der hl. Maria Magdalena weihte, für solche Personen errichten. Auch unterstützte sie die Gründung eines Ursulinerinnenklosters und einer Niederlassung der Väter der christlichen Lehre in Toulouse. Außerdem fing sie an, ein Dominicanerinnenklöster daselbst, zu Ehren der hl. Catharina von Siena, zu stiften: ihr Mann gab auf ihr Verwenden 3000 Franken zu diesem Werke, und mit dieser Summe glaubte sie, der göttlichen Vorsehung vertrauend, für den Anfang auszureichen. Nun erhielt sie auch von ihrem Manne im J. 1605 nach einer vierzehnjährigen kinderlosen Ehe die Erlaubniß in dieses Kloster förmlich einzutreten. Dasselbe erhielt aber erst unterm 8. Mai 1611 die Bestätigung des Römischen Stuhles. Sie machte immer größere Fortschritte im frommen Leben. Ihre Demuth war so groß, daß sie ihre Mitschwestern bat, sie ins Noviziat zu stellen, selbst nachdem sie zweimal Priorin gewesen war. Am 16. Aug. 1616 erkrankte sie schwer an der Kolik. Man reichte ihr die Sterbsakramente, nach deren Empfang die Schmerzen plötzlich nachließen. Oefter seufzte sie ihrem Heilande entgegen: »O meine Liebe, wann werde ich dich sehen!« Zuletzt hatte sie noch heftige Versuchungen wider den Glauben, welchen sie, wie die hl. Theresia, mit den Worten begegnete: »Ich bin eine Tochter der Kirche!« welche sie öfter wiederholte. Im Gehorsam segnete sie, ehe sie starb, ihre Mitschwestern, die Bitte um den Segen hatte sie aus Demuth abgeschlagen. Mit den Worten: »Jesus, mein Bräutigam«, verließ sie am 2. Sept. 1616 die Welt. (March. V. 4–14).


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 4. Augsburg 1875, S. 227-228.
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