[397] B. Meinwercus, Ep. (5. Juni). Der selige Meinwere, Bischof von Paderborn, der zehnte in der Reihenfolge, ist einer der größten und frömmsten deutschen Bischöfe:
»Aus dem berühmten Geschlechte der Grafen von Geldern entsprossen,
Hat er Christo zu lieb sehr viel Gutes gewirkt.«
Der Vater des Seligen war Immeth, Graf von Teisterbant und Radichen (Redechen); seine Mutter stammte aus Sachsen, und hieß Adala (Athela). Meinwercus hatte noch einen Bruder, Thiederich und zwei Schwestern, Glismod und Azela. Er wurde schon als Kind von seinen Eltern für den Priesterstand bestimmt; bei St. Stephan zu Halberstadt vollzogen sie das Gelübde. Hier empfing der sel. Meinwerc seine erste Bildung in den geistlichen und weltlichen Wissenschaften. Sein Bruder Thiederich war bestimmt, das väterliche Erbgut anzutreten, Azela wurde Klosterfrau bei St. Veit in Elten (im vormaligen Herzogthum, Cleve, an der niederländischen Grenze, gestiftet ums J. 925, und von dem Grafen Wichmann von Zütphen um d.J. 968 neu dotirt), Glismod verheirathete sich an einen Adeligen in Bayern. (Quis fuerit, adhuc ignoratur. Anm. der Boll.) Von Halberstadt kam der Selige zur Vollendung seiner Studien an die Domschule zu Hildesheim, wo unter seinen Studiengenossen auch sein Anverwandter, der nachmalige Kaiser Heinrich II., sich befand. Hier bildete sich jenes freundschaftliche Verhältniß aus, welches der selige Meinwere als Bischof zum Frommen seiner Kirche mit einer seltenen Freimüthigkeit benutzte, die ihm der Kaiser, welcher seine edle Absicht und die Lauterkeit seines Herzens wohl kannte, in seiner bewährten Demuth und Frömmigkeit nicht übel nahm. Als er nach Vollendung seiner Studien in Halberstadt ein Kanonikat erhielt, wurde er bald Allen theuer und liebenswürdig, jeder suchte seinen Umgang, denn wie im Leben so war er auch in der geselligen Unterhaltung ohne allen Tadel. Kaiser Otto III. zog ihn an seinen Hof, er wurde königlicher Caplan und mit königlichen Mansen beschenkt, weil er auf das Wohl des Kaisers so sorgsam achtete wie auf das eigene. Auch bei Kaiser Heinrich II. stand Meinwerc in großer Gunst. Im J. 1009 starb Ratherius, der neunte Bischof von Paderborn. Heinrich II. berief ihn, nachdem er die bei ihm befindlichen Bischöfe und Großen um ihren Rath gefragt, zu dessen Nachfolger. Am zweiten Sonntag in der Fasten (13. März) des nämlichen Jahres erhielt er vom Mainzer Erzbischof Willigis zu Goslar die Weihe. Er begab sich unverzüglich in seine bischöfliche Stadt, welche ihn wie einen Abgesandten des Himmels empfing, und nahm sich zuvörderst der Domkirche an, welche nebst einem großen Theile der Stadt von einem großen Brande im J. 1000 gänzlich in Asche gelegt worden war. Zu diesem Zwecke lag er nicht bloß dem Kaiser und andern Großen mit beständigen Bitten an, sondern bestimmte hiezu auch sein ganzes väterliches Vermögen und die von der Freigebigkeit des Kaisers ihm sonst noch zugewachsenen Einkünfte. Es wurde ein neuer, größerer Plan gefertiget, und damit Gott seinen Segen dazu gebe, öffentliche Gebete und Bußübungen verordnet. Von einer Reise, die er an der Seite des Kaisers nach Italien gemacht hatte, brachte er verschiedene Reliquien, Geschenke des Papstes Benedict VIII., mit sich. (S. u.) Aus dem Stifte Clugny, wo er gleichfalls sich eine Zeit lang aufhielt, erbat er sich für Paderborn dreizehn Brüder und erbaute für sie zu Ehren der hhl. Apostel Petrus und Paulus ein Kloster, genannt Abdinghofen (im J. 1017). Dem Kloster Bußdorf in Paderborn, welches er gleichfalls anlegte, gab er die hhl. Apostel Petrus und Andreas als Patronen. (Kampschulte, westphäl. Kirchen-Patrocinien, S. 17 u. ö.) Mit seiner Mutter hatte er viel Unglück. Sie war dem Wohlleben ergeben und hatte sich nach dem Tode Immeths mit einem Grafen, Namens Balderich vermählt, und machte Ansprüche auf die Einkünste des Bischofs. Der hl. Meinwercus hatte aber die richtigen Begriffe von der Bestimmung der kirchlichen Einkünfte und verwies [397] die Mutter aus dem Bisthum. Dieß entflammte ihren Zorn. Sie ließ ihren eigenen Sohn Thiederich zu Uplage tödten. Diese Burg wurde darauf vom Kaiser zerstört; die Mutter, über welche das Todesurtheil gesprochen war, wurde zwar begnadigt, blieb aber dem sel. Meinwere bis an ihr Ende feindlich gesinnt. Ihr Leichnam, der zu Deutz bestattet worden war, wurde in den Rhein geworfen. Der hl. Bischof visitirte fleißig nicht bloß das Bisthum und die Pfarreien, wobei er fleißig das Wort Gottes verkündete, sondern auch die bischöflichen Güter und forderte von deren Verwaltungen strenge Rechenschaft. Um desto sicherer die Wahrheit zu erfahren, reiste er manchmal als Kaufmann verkleidet. Er wollte selbst sehen und hören, ob seine Untergebenen ihm treu seien und wie ihr Vertrauen auf Gott und ihre Andacht beschaffen sei. Sein Blick war ununterbrochen dem Himmel zugewendet und schätzte für nichts Alles was endet; er ließ sich gern für gering ansehen um Christi willen, litt Unrecht und Schimpf um seines Namens willen und beseufzte nur das Unrecht, das er nicht hindern konnte. Im Kloster Corvey, dessen Zucht verfallen war, wurde er von den Mönchen mit Schimpf abgewiesen. Er klagte bei dem Kaiser, welcher den Abt absetzte und zur Rechenschaft zog. In Folge eines zu Rom gemachten Gelübdes erbaute er zu Paderborn dem hl. Alexius zu Ehren eine Capelle. Pfarreien, die zu umfangreich waren, theilte er in mehrere. Zu Herford weihte er die Kirche »zum hl. Kreuze«. Die Stadt Paderborn umgab er mit Mauern und Festungswerken. Er beförderte nach Kräften die Wissenschaften und berief berühmte Lehrer der Mathematik, der Astronomie und der Physik. Man las die lateinischen Dichter und Prosaiker. Es blühte die Dichtkunst und die Musik. Copisten von Büchern und Maler fanden unter dem hl. Bischofe nicht bloß Beschäftigung, sondern auch gutes Fortkommen. Die Baukunst hatte an ihm den großmüthigsten Gönner. Die kirchliche Einrichtung, welche im Brande des J. 1000 mit zu Grunde gegangen war, wurde von ihm gänzlich neugeschaffen. Unter andern Gegenständen sind genannt: eine Tafel vom kostbarsten Golde, drei Kelche vom feinsten, erprobtesten Golde, ein Kronleuchter von ansehnlicher Größe und prachtvoller Arbeit. Aber alles dieß wurde noch überboten durch die Liebe, welche der Selige für Gott und den Nächsten in seinem Herzen trug. So oft er konnte, mahnte er seine Heerde, doch nicht abzulassen im Ringen nach den ewigen Gütern, und was er lehrte von den Wegen des Heils, das bewährte er auch durch sein Beispiel. Die Bauten Meinwerc's zerstörte zwar im J. 1058 eine neue Feuersbrunst, aber der geistliche Bau, den er zur Ehre Gottes aufgeführt, steht noch bis auf den heutigen Tag. Wir haben schon bemerkt, in wie großer Gnade er beim Kaiser stand. Er bekam von ihm viele Geschenke. So schon im J. 1018 das Gut Siburgchosen, die Abtei Seeldize (Schilfe) und Tribur. Dabei verfuhr der selige Meinwerc oft auf ganz eigenthümliche Weise. An einem Weihnachtsabende brachte ein kaiserlicher Kammerherr, man weiß nicht zu welchem Zwecke, einen goldenen Becher in den bischöflichen Palast, jedoch mit dem gemessenen Befehle, nicht ohne denselben zurückzukehren. Der selige Meinwerc hielt den Kammerherrn hin bis zum späten Abend, gab ihm aber den Becher nicht mehr mit. Als er fort war, ließ er alle Thüren fest hinter ihm schließen und rief seinen Goldschmied Brunhard und dessen Sohn Erpho, daß sie noch in der hl. Nacht aus dem Becher einen Kelch fertigen sollten. Der Kaiser wohnte der Matutin bei, und vor der auf sie folgenden Messe consecrirte schon der Bischof den neuen Kelch, und verordnete, daß er sogleich gebraucht werden solle. Der Caplan des Kaisers, welcher als Subdiakon fungirte, las die Inschriften des Kelches und bot sie dem Kaiser zum Lesen hin. Dieser beschuldigte den Bischof öffentlich des Diebstahls, mit welchem Gott kein Dienst erwiesen werde. Der sel. Meinwerc entschuldigte sich eben so freimüthig und sagte: »Ich habe nicht ungerechtes Gut, sondern deine Habsucht und Eitelkeit dem Dienste Gottes geweiht. Nimm sie wieder, die Gabe meiner Andacht, wenn du dir getraust, nimm sie wieder zur Mehrung deines Verderbens«; der Kaiser sprach: »Ich will sie nicht nehmen, aber ich opfere den Kelch als mein Eigenthum fußfällig dem Herrn. Schenke du Ihm von dem Deinigen. Er hat in dieser Nacht für das Heil Aller geboren werden wollen.« Nun wurde das Offertorium angestimmt, und der Kaiser trug den Kelch eigenhändig zum Altare. Darüber erhielt er vom sel. Meinwerc die schönsten Glückwünsche für Leib und Seele. Solche Scenen konnten natürlich nur ein Bischof wie Meinwerc und [398] ein Kaiser wie Heinrich II. aufführen. Indem er für seine Kirche sorgte, sagt der Biograph, lag er dem Kaiser zu gelegener und ungelegener Zeit an, und hörte nicht auf, jetzt dankbar anzunehmen was er ihm freiwillig bot, jetzt was er ihm abschlug mit frommer Gewaltthätigkeit wegzunehmen. Der Kaiser sah sich genöthiget, das gewohnte Eindringen des Bischofs durch größere Vorsicht verhüten zu lassen (Episcopi solitam invasionem cautius praecaveri). Dafür spielte ihm aber auch der Kaiser manchen frommen Streich, sogar bei der Feier der hl. Messe. Man erkennt in diesen Zügen die Frömmigkeit des Kaisers und den Eifer des Bischofs, wobei die von Jugend auf zwischen beiden bestehende innige Freundschaft die besten Dienste leistete. Aber der Kaiser hatte auch keinen Rathgeber, keinen Freund, dem er mehr Vertrauen schenken durfte als ihm. Bei den wichtigsten Versammlungen, die der Kaiser abhielt, und fast auf allen Reisen, befand sich der sel. Meinwerc in seiner Begleitung. Die große Frömmigkeit des sel. Meinwerc bekunden auch die vielen Reliquien von Heiligen, mit welchen er die Stadt und das Bisthum Paderborn bereicherte. Vom J. 1014 anfangend brachte er ganz oder theilweise die Leiber der hhl. Martyrer Valerianus und Minias, sowie einiger Söhne der hl. Felicitas (Philippus, Juvenalis und Felix) und des hl. Bischofs und Martyrers Blasius von Sebaste. Letzterer ist ohne Zweifel in Folge dieser Uebertragung zum Vatron von Bußdorf zu Paderborn erkoren worden. Ferner übertrug er Reliquien der hhl. Ansgar, Willehad und Rimbert aus Bremen in seine bischöfliche Stadt. Wie muß seine fromme Seele vor Freude gewogt haben, als er im J. 1015 die Einweihung des Doms vollziehen konnte! Als der Kaiser im J. 1024 starb, ließ der sel. Meinwerc seinen Hingang feierlich begehen und eine Menge Almosen an Nahrungsmitteln und Kleidern an die Armen vertheilen. Er freute sich des ihm in den Himmel vorausgegangenen Beschützers, trauerte aber auch von ganzer Seele über den Verlust des Trösters. Nach achtwöchentlichem Interregnum folgte Conrad II., der Salier. Alsbald begab sich der sel. Meinwerc zu ihm, und empfahl sich und seine Kirche seiner Gewogenheit. Er that keine Fehlbitte, denn auch dieser Kaiser freute sich, an ihm in öffentlichen und Privatangelegenheiten einen treuen frommen Diener zu haben. Was er immer von Conrad erbat, wurde ihm gewährt. Als Conrad im J. 1026 seinen Römerzug machte, war auch Meinwerc unter seinen Begleitern. Von dem Patriarchen Wolfgang zu Aguileja erhielt er im J. 1031 den Leib des hl. Felix, den er feierlich zu Abdinghofen beisetzte. Merkwürdig ist der Ornat, womit er die Klosterkirche ausstattete; die uns auferlegte Kürze gestattet uns aber keinen Auszug aus dem Verzeichnisse. Gegen den hl. Bonifacius trug er große Verehrung und beförderte dieselbe so gut er konnte bei seinen Bisthumsangehörigen. Auch ein Collegiatstift gründete der sel. Meinwere Nachdem der Abt Wino von Jerusalem zurückgekehrt war, erbaute der Bischof nach dem Maßstabe der hl. Grabeskirche, aus welcher er Reliquien erhalten hatte, nach der Aehnlichkeit derselben eine Kirche zu Ehren der Mutter Gottes und der hhl. Apostel Petrus und Paulus außerhalb der Stadt Paderborn gegen Osten und berief Kanoniker, um den Gottesdienst zu versehen. Die Einweihung geschah am 1. Juni 1036. Bald hernach, als er zuvor noch am Feste der Himmelfahrt Christi den Gottesdienst gefeiert hatte, fing er an sich unwohl zu fühlen. Er fühlte, daß seine Auflösung nahe und ließ sich am Pfingstabende in die Kirche der hhl. Primus und Felicianus bringen. Hier empfing er den Leib und das Blut des Herrn als Wegzehrung für die Ewigkeit, erhob dann Augen und Hände gen Himmel, und gab um die dritte Stunde des Tages laut betend seinen Geist in die Hände des Vaters im Himmel. Er wurde in Abdinghofen bestattet. Im J. 1048 wurde die erste Stiftung gemacht, die seinen Ruf als Heiligen aussprach: eine immer brennende Lampe an seinem Grabe. Im J. 1376 erfolgte nach den Boll. seine Erhebung und Heiligsprechung. Doch unterliegt letztere Annahme, welche auch bei W.-W. (K.-L. VII. 18) ausgesprochen ist, einem zweisachen Bedenken: erstens hat die Paderborner Kirche aufgehört sein Andenken kirchlich zu begehen, und zweitens ist ihm in der ganzen Diöcese nirgendwo eine Kirche oder ein Altar geweiht worden. (Kampschulte, westfäl. Kirchen-Patr. S. 79.) Aber er führt gleichwohl seit unvordenklichen Zeiten den Titel »selig«. Die Boll. führen ihn als Heiligen auf. Ihnen folgte Butler (XIX. 563) mit derselben Bezeichnung. Die Casula, in welcher er begraben wurde, war nach 340 Jahren[399] noch unversehrt. Man wird nicht Unrecht thun, hierin einen Beweis zu erkennen, wie sehr Gott die Priester ehrt, welche auf die Zierde und den Schmuck der Kirchen, wie der sel. Meinwercus, bedacht sind.201 (I. 508–553).
Buchempfehlung
Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro