Rainerius, B. (3)

[33] 3B. Rainerius (Reynerus) (11. April), ein Einsiedler zu Osnabrück. Geboren in Westfriesland, nicht weit von der Stadt Gröningen, liebte und übte dieser Selige schon als Kind das gottesfürchtige Leben. Im Mannesalter kam er mit dem glühendsten Verlangen, Einsiedler zu werden, nach Osnabrück. Auf vieles Bitten schloß ihn der Bischof Gerhard in eine enge, bei der Thüre der Haptkirche befindliche Zelle ein, von welcher aus er auf den Altar einige Aussicht hatte. Hier lebte er 22 Jahre lang, ganz vom Umgange mit den Menschen getrennt, in brennender Andacht, und in beständigem Haß gegen sich selbst und das vergängliche Fleisch. Auf dem bloßen Leib trug er beständig einen Panzer, und außerdem ein rauhes und peinigendes Cilicium. Darüber hatte er eine Art Netz aus schweren eisernen Ketten, und einen unförmlichen, aus grobem Tuch verfertigten Rock, um mit demselben die Werkzeuge seiner Abtödtung zu verhüllen. Eine eben so große Strenge wandte er auch gegen seine anderen Glieder an; Hals, Arme, Brust und Füße waren mit kleinen Ketten umwunden; ja selbst um jede Zehe hatte er Ringe aus Eisen oder aus Borsten. Er geißelte sich oft so hart mit knotigen Riemen, daß ganze Ströme Blutes über seinen Rücken hinabliefen. Wenn man ihn fragte, warum er gar so sehr den Henker gegen sein eigen Fleisch spiele, antwortete er: »Sowie unser Herr Jesus Christus an allen Gliedern für mich gelitten hat, so wünsche ich aus Liebe zu Ihm an allen meinen Gliedern zu leiden«. Nie aß er Fleisch oder Milchspeisen, selbst in schwerer Krankheit; Fische genoß er nur an den höchsten Festtagen und da nur auf den Befehl seines Beichtvaters. Sonntag, Dienstag und Donnerstag fastete er mit Brod und Gemüse; Montag, Mittwoch und Samstag mit Brod und leichtem Bier; am Freitage, an den Vigilien und Quatempertagen nahm er nur Brod und Wasser zu sich. Außer den kirchlichen Tagzeiten betete er täglich das Officium der seligsten Jungfrau und vom hl. Geiste, so wie noch viele andere Gebete für Lebendige und Verstorbene, worauf er so viel Zeit verwendete, daß er kaum im Sommer Zeit zum Essen fand. Sein Schlaf war kurz; als Schlaf stätte dienten ihm einige mit Stroh bestreuten Bretter, und zum Kopfkissen ein ausgehölter Strunk, der den darin liegenden Kopf zusammenpreßte. Selbst in der Krankheit ließ er sich kaum von seinem Beichtvater dazu bereden, etwas Stroh unter sein krankes Haupt zu legen. Er beobachtete das strengste Stillschweigen, nur an hohen Festtagen ließ er sich zum Reden bewegen; aber Alles, was er da sprach, bezog sich nur auf das Seelenheil, auf das göttliche Gericht, den Gebetseifer, die Eitelkeit der Welt, Kürze des Lebens und Verachtung alles Irdischen. Das göttliche Gericht fürchtend, vor welchen man auch über jedes unnöthige Wort Rechenschaft geben muß, ließ er sich zu keinem andern Gespräche herbei. Selbst seine Lebensbedürfnisse erbat er sich nur durch Mienen und Zeichen. In der Vertheidigung der Wahrheit war er nie furchtsam; Irrthümer und Fehler solcher, die mit ihm sprachen, wies er fest aber mit Bescheidenheit und Einfalt zurecht, so daß Viele auf seine Ermahnung hin ein frömmeres Leben begannen. Seine Seele reinigte er alle Montage, Mittwoche und Freitage mit größter Sorgfalt durch die heil. Beicht, und an Sonn- und Festtagen empfing er mit innigster Ehrfurcht und Andacht den Leib des Herrn. Als ihm durch eine besondere Offenbarung die Nähe seines Todes bekannt wurde, ließ er nach einigen Tagen, die er in Krankheit zugebracht hatte, seine Klausur öffnen, und entschlief nach Empfang der hl. Sakramente des Altares und der letzten Oelung im Herrn unter frommen Gebeten der umstehenden Kleriker und Religiosen am 11. April, nachdem er 22 Jahre in dieser Lebensweise zugebracht hatte. Auf seinen Tod erfolgten sehr viele Wunder und Krankenheilungen. (Westph S. II. 192.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 33.
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