[167] S. Rusticula, Abb. V. (11. al. 10., 16. Aug., 16. Mai, 1. Sept.). Die heil. Abtissin Rustirnia wird zu Arles, wo sie im Großmünster (Grand-Monastier) lebte [167] und wirkte, und zu Air verehrt. Sie wird in ihrer Lebensbeschreibung, welche einen fast gleichzeitigen Priester Namens Florentius Gallus zum Verfasser hat, auch Martia genannt, weil sie aus dem vornehmen gascognischen Geschlechte der Martier abstammte. Sie wurde im J. 555 zu Vaison in der Provence geboren und hatte noch einen ältern Bruder. Kaum hatte sie das Licht der Welt erblickt, als der Vater starb. Ihre körperliche Wohlgestalt und ihre Talente verlockten einen gewissen Cheran, einen Vertrauten des Königs Guntram, wohl nicht ohne Vorwissen der Mutter, sie zu entführen. Durch besondere göttliche Fügung entkam sie den Händen des Entführers und wurde auf Anrathen des Bischofs Syagrius von Autun und mit Beistimmung des Königs selbst in das Kloster der heil. Cäsaria zu Arles gebracht, welchem damals die hl. Abtissin Liliola vorstand. Unter ihrer Leitung machte sie große Fortschritte in den Wissenschaften und im tugendhaften Leben. Bald war sie entschlossen, hier zu bleiben, obwohl ihre Mutter sehr in sie drang, daß sie wieder in die Welt zurückkehre. Als Klosterfrau kannte sie keine Sorge, als die genaue Erfüllung der Ordensregel. Die hl. Schrift las sie mit so vielem Fleiße, daß sie einen großen Theil derselben auswendig wußte. Bei ihren Mitschwestern stand sie daher in so hohem Ansehen, daß sie nach dem Tode der Abtissin Liliola, obschon sie erst 18 Jahre alt war, zur Oberin gewählt wurde. Mit Widerstreben nahm sie die Würde an, bewies sich aber durch ihre Sorgfalt und Heiligkeit des Amtes würdig. Es ist unbeschreiblich, sagt ihr Geschichtschreiber, (vgl. Stolz, Legende) mit welcher Süße und liebevollen Milde sie die Schwestern zurechtwies, und nicht wie eine Gebieterin, sondern wie eine gütige Mutter ihnen heilsame Ermahnungen gab. Besonders lag sie dem Gebete und der Betrachtung ob. Den Nachtwachen und Fasten war sie so ergeben, daß sie öfter erst am dritten Tage Speise zu sich nahm, und ganze Nächte betend in der Kirche zubrachte. Nur einmal des Jahres legte sie sich zum Schlafen ins Bett. Nach dem Ableben des Königs Theodorich bemächtigte sich Chlotar II. gewaltsam des Reiches und ermordete zwei Söhne des verstorbenen Königs. Der Prinz Childebert, welchen der König gleichfalls ermorden wollte, rettete sich durch die Flucht. Sie wurde angeklagt, den Königssohn in ihrem Kloster verborgen zu halten, und in gefängliche Hast genommen. Bei dieser Gelegenheit ereigneten sich viele Wunder an Kranken, wodurch ihre Unschuld an den Tag kam. Auch verwen dete sich für sie der Bischof Domnolus von Vienne. Bald wurde sie unter großen Ehrenerweisungen wieder in ihr Kloster zurückgebracht und daselbst von den Schwestern mit höchster Freude empfangen. Die demüthige Ordensfrau schrieb ihre Befreiung den Gebeten ihrer geistlichen Töchter zu. Nach ihrer Rückkehr erweiterte sie das Kloster. Auch in der Stadt Arles erbaute sie viele Kapellen. Endlich, nachdem sie in jeder Weise sich als treue Dienerin Christi bewiesen hatte, starb sie, 77 Jahre, am 11. Aug. d. J. 632. Schon bei Lebzeiten verherrlichte sie der Herr, wie oben schon gesagt, durch Wunder. Einmal sah eine Schwester ihr Gesicht wie einen Sonnenstrahl leuchten. Die früheren Bollandisten melden unterm 16. Mai eine Translation der Heiligen Ferrarius führt den 16. Aug., an welchem früher ihr Andenken gefeiert wurde, als ihren Sterbtag an. Zu Avignon begeht man ihr Andenken am 1. Sept. Florentius, ein Priester von Trois-Chateaux (Tricastrum). hat ihr Leben beschrieben. Ihr heiliger Leib, der vom Bischofe Theodosius von Arles in der Muttergotteskirche zur rechten Seite des Hochaltars begraben wurde, kam später in die Kathedralkirche St. Trophimus, mit Ausnahme des Hauptes, welches dem Frauenkloster (Grand-Monastier) zum hl. Cäsarius verblieben ist. Auf Abbildungen findet sich diese Heilige zumeist weinend dargestellt, sei es um die Gabe der Thränen, welche sie von Gott in reichem Maße erhalten hatte, oder die Ver-, folgungen, von welchen sie heimgesucht war anzuzeigen. (II. 656.. 664.)