Stephanus jun., S.S. (50-51)

[375] 50-51S. S. Stephanus, jun. Abb. et Soc. M. M. (28. Nov.) Dieser hl. Abt Stephanus, zugenannt der Jüngere, steht mit den heil. Basilius29, Petrus123 und Andreas31 im Mart. Rom. Von seinen Gefährten nennt die Legende noch einen andern Stephanus, zwei Gregorius und einen Johannes. Seine Geschichte schrieb nicht volle fünf Jahre nach seinem glorreichen Hintritt ein Diacon zu Constantinopel, Namens Stephanus. In der Ueberschrift heißt er Abt von Nicomedia (in Bithynien). Nicht umsonst war er vom heil. Patriarchen Germanus noch im Mutterleibe gesegnet worden. Er war als Kind die Freude seiner Eltern Johannes und Anna, studirte als Jüngling mit außerordentlichem Eifer, und widmete als Mann sein ganzes Leben dem Dienste des Herrn, den er über Alles liebte, und um dessen willen er auch Alles verließ, um im Kloster des hl. Auxentius1, gegenüber von Constantinopel, zu beten, zu arbeiten und zu betrachten. Man sagt von ihm, daß er die ganze heil. Schrift auswendig wußte. Unter den Vätern las er am liebsten die Schriften des hl. Chrysostomus. Seine Lebensstrenge war außerordentlich. Er wollte alle Leidenschaften in sich ertödten, und übte deßhalb besonders die Beherrschung der Zunge. In allen seinen Uebungen unterwarf er sich der Leitung seines Abtes Johannes, der seinen Gehorsam öfter sehr schwierigen Proben unterwarf. Als dieser starb, mußte der heil. Stephanus, obwohl er kaum das dreißigste Jahr überschritten hatte, als sechster Abt die Leitung der Mönche übernehmen. Er benutzte seinen Einfluß, um Alle, die zu ihm kamen, in der Anhänglichkeit an den katholischen Glauben zu bestärken. Die Bilderstürmerei hatte damals weit um steh gegriffen; nur nördlich am schwarzen Meere gelegene Gegenden, die Insel Cypern, das niedere Lycien, Tripolis, wie auch Tyrus und Joppe, endlich Neapel und Altrom waren von dieser Ketzerei unberührt geblieben. Dahin schickte er die Furchtsamen, die ihrer Standhaftigkeit mißtrauten. Er zog sich, weil der Weg in den Himmel, wie er sagte, schmal ist, um noch größere Buße zu üben, ganz in die Einsamkeit zurück, und bewohnte mit einem seiner Schüler eine entlegene, dachlose Zelle, die einem Grabe ähnlich sah, wo er allen Unannehmlichkeiten der Witterung ausgesetzt war. Da begab es sich, daß der grausame Kaiser Constantinus Copronymus auch von ihm die Anerkennung des After-Concils vom J. 754, welches die Verehrung der hl. Bilder als abgöttisch und zur Abgötterei führend verworfen hatte, verlangte. Als er sich weigerte, weil es ihm unmöglich sei, das Bittere süß zu nennen, und erklärte, daß er für die Verehrung der Bildnisse Jesu Christi bereit sei, sein Blut bis auf den letzten Tropfen zu opfern, wurde er mit seinen Mönchen sechs Tage lang ohne Nahrung gelassen und bewacht, und auf jede Weise. besonders auch durch falsche Anklagen, gepeiniget. Zuletzt wurde das Kloster sammt der Kirche in Asche gelegt, und dessen sämmtliche Bewohner zerstreut. Der heil. Abt, dessen Anblick auch Irrgläubige bis zu Thränen rührte, wurde wegen seiner Standhaftigkeit [375] unter grausamen Mißhandlungen zuerst nach Chrysopolis, und später nach der Insel Proconesus im Hellespont verbannt. Er setzte hier sein abgetödtetes Gebetsleben fort und fing an, durch Wunder zu leuchten. Als dieß in Constantinopel bekannt wurde, ließ ihn der Kaiser mit Ketten beladen in die Residenzstadt bringen. um seinen Widerstand entweder zu brechen oder nöthigenfalls mit dem Tode zu bestrafen. Beim Verhöre zeigte der Heilige den versammelten Richtern ein Goldstück, das er auf dem Wege gebettelt hatte, und fragte sie: »Wessen Bild und Inschrift ist das?« Man antwortete: »des Kaisers«. »Gut«, sagte der Heilige, »wenn aber Jemand die Münze auf den Boden würfe, und das Bild des Kaisers mit Füßen träte, würde ihm dafür etwas geschehen?« »Ohne Zweifel«, war die Antwort, »wird ein solcher mit aller Strenge bestraft.« Da rief der Heilige voll Entrüstung: »O beweinenswerthe Blindheit! Es ist also ein Verbrechen, das Bild des Kaisers, der ein sterblicher Mensch ist, mit Füßen zu treten, um wie viel strafbarer seid ihr, die ihr die Bildnisse des Sohnes Gottes und seiner hl. Mutter mit Füßen getreten und ins Feuer geworfen habt,« und warf ihnen die Münze vor die Füße. Die Wuth des Kaisers und seiner Räthe stieg hiedurch aufs äußerste. In solcher Weise hatten sie die Wahrheit noch nie gehört. Man warf ihn, einen Strick um den Hals, an Händen und Füßen gefesselt und geknebelt, ins Gefängniß. Hier traf der Heilige mit 342 Bekennenn zusammen, die alle um der gleichen Ursache willen eingekerkert waren. Einigen hatte man die Nase, Andern die Ohren, Andern die Hände abgeschnitten, Mehrere waren geblendet – Alle trugen die Merkmale grausamster Mißhandlung. Während der neun Monate, die er im Gefängnisse zubringen mußte, lebte er mit seinen Gefährten wie im Kloster. Alle unterwarfen sich unverabredet seiner Leitung, hörten seine Ansprachen, fragten ihn um Rath, öffneten ihm die Geheimnisse ihres Herzens, und sangen die üblichen Psalmen zu den festgesetzten Stunden. Hiedurch stärkten sie sich gegenseitig auf den bevorstehenden letzten Kampf. In derselben Absicht erzählten sie, was Jeder von ihnen von den Martyrern ihrer Zeit gesehen und erfahren hatte. Der Kaiser verlor endlich die Geduld und beschloß seinen Tod. Seine Anhänger veranstalteten einen Volksauflauf, dessen Opfer der Heilige werden sollte. Ein pöbelhause erbrach das Gefängniß, riß ihn heraus, und schleifte ihn so lange durch die Straßen der Stadt, bis er den Geist aufgab, und setzte auch an dem Leichname die Mißhandlungen so lange fort, bis er gänzlich in Stücke zerrissen war, am 28. Nov. des J. 767. Bildliche Darstellungen zeigen entweder sein Martyrium oder stellen ihn im Gefängnisse dar, wie eine Frau ihm die Bildnisse Jesu und Mariä überreicht.


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 375-376.
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