Victor I., S. (102)

[682] [682] 102S. Victor I.., Pp. M. (28. Juli). Dieser heilige, energische und wachsame Papst, ein Africaner, bestieg nach dem Tode des heil. Eleutherius im J. 193 oder schon im J. 186 den Stuhl des hl. Petrus. Aus seinem Leben sind zwar wenige Einzelnheiten bekannt, aber sein Glaubenseifer und seine Hirtensorgfalt für alle Kirchen leuchtet aus Allem, was wir von ihm wissen, klar hervor. Die Reinheit der Lehre, die Würde und Einheit des Gottesdienstes lag ihm besonders am Herzen. Ein wissenschaftlich gebildeter Gerber Namens Theodot warf bald nach dem Beginne seines Pontificates aus Byganz nach Rom gekommen, wo er den Gottesdiensten der Christen beiwohnte, bald aber die Beschuldigung hören mußte, daß er in seiner Heimat den Glauben verleugnet habe. Als er sich darüber mit dem Vorgeben entschuldigte, daß er nicht Gott, sondern nur den Menschen Jesus verleugnet habe, wobei er sich auf die heil. Schrift berief, wurde er von dem heil. Papste sofort von der Kirche ausgeschlossen, da nicht bloß die Propheten, die Evangelien, die Briefe der Apostel und alle heiligen Schriften, sondern auch die Bücher aller Kirchenlehrer, die Acten der heil. Martyrer, die Liturgie des Morgen- und Abendlandes und insbesondere die auf Christus bezüglichen Lobgesänge seine wahre Gottheit außer allen Zweifel setzen. Da sich ferner um die selbe Zeit ein anderer Theodotus, seines Zeichens ein Geldwechsler, mit der Lehre hervorthat und Anhänger gewann, daß Melchisedech höher sei als Christus, wird sich der heil. Vater wohl auch mit dieser Irrlehre zu beschäftigen gehabt haben, obwohl darüber keine geschichtlichen Angaben vorhanden sind. Dagegen soll Praxeas, von Phrygien, welcher vordem Montanist gewesen war, dem heil. Victor seine Bekehrung persönlich angezeigt und ihn zugleich von den Irrthümern und Schandthaten jener Secte unterrichtet haben, während er selbst die Irrlehre verbreitete, daß in Gott nur eine einzige Person, der Vater sei, der in der Gestalt Jesu gelitten habe. Auch diese Ketzerei verdammte der hl. Papst. Wegen der Osterfeier wurde durch ihn im J. 196 oder 197 ein Concil zu Rom gehalten, ferner in derselben Angelegenheit auf seine Veranlassung zu Pontus in Kleinasien unter dem Vorsitze des Bischofes Palmas (Plasmas) von Amastri, in Gallien unter dem Vorsitze des hl. Irenäus von Lyon, zu Korinth unter Leitung des Bischof Bachyllus, in der Osrhöne und zu Cäsarea in Palästina unter dem Vorsitze des Bischofes Theophilus, zu Jerusalem unter dem hl. Bischofe Narcissus und an fast unzähligen andern Orten. Alle diese beschlossen, den Ostertag nicht mit den Juden, am 14. des Neumondes, sondern an dem darauf folgenden Sonntage zu halten, während die meisten Kleinasiatischen Kirchen, an deren Spitze der Bischof Polykrates von Ephesus stand, mit Berufung auf die dortige, bis in die Zeiten der Apostel zurückreichende Uebung auch fortan das Osterfest am 14. Tage des Monats Nisan mit den Juden begehen wollten. Der hl. Victor beschloß, sie deßhalb aus der Kirche auszuschließen. Ob und welche Erfolge die Beschwichtigungsversuche des hl. Irenäus hatten, welcher das Recht des römischen Stuhles, über alle Bischöfe zu wachen und zu richten, anerkannte, aber Milde und Nachsicht für die Widerstrebenden in Anspruch nahm, weil dieselben den Zwiespalt nicht angefangen, sondern als einen längst bestandenen und aus alter Zeit ererbten, für berechtigt gehalten hatten, und derselbe in früheren Zeiten nie für so wichtig angesehen worden sei, daß um seinetwillen die Einheit des Kirchenfriedens gebrochen worden wäre, vielmehr die römische Päpste selbst, wenn Brüder aus den Asiatischen Kirchen nach Rom kamen, diese Verschiedenheit geduldet hätten, wissen wir nicht. Der hl. Hieronymus gibt auch an, der hl. Victor habe Schriften in lateinischer Sprache verfaßt. Bis dahin hatten nämlich auch die Päpste in amtlichen Schreiben sich der griechischen Sprache bedient. (Vgl. Aschb. K.-L. IV. 1134.) Ferner wurden diesem heil. Papste mehrere Verordnungen über den Gebrauch des Taufwassers, die öffentliche Feier der heil. Weihen, und die Unerlaubtheit gläserner und hölzerner Gefäße beim Gottesdienste, ferner über die Ostercommunion und den privilegirten Gerichtsstand der Bischöfe zugeschrieben, die allerdings von ihm sein könnten, aber im Wesentlichen jedenfalls in die apostolische Zeit zurückreichen. Ob und wie er als Martyrer gestorben sei, die Jahrzahlen schwanken zwischen 197 [683] und 203, ist ungewiß. Die römische Kirche feiert am 28. Juli das Andenken an sein Leiden, während Andere den 20. April als Todestag angeben. Sein Leib ruht im Vatican. (VI. 534.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 5. Augsburg 1882, S. 682-684.
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