[688] [688] 162V. Victor (28. Febr.). Dieser Mönch im Kloster St. Gallen, ein Zeitgenosse des heil. Ulrich von Augsburg, wurde von dem dort (S. 593) erwähnten Abte Cralo so hart behandelt, daß er ihn blenden ließ (um das J. 950). Dennoch blieb er im Kloster. Still und zurückgezogen lebte er in seiner Zelle, mit seinem Heile beschäftiget und vergaß die rauschende Außenwelt. Im J. 960 wandte sich Erchenbold, Bischof von Straßburg, an den Abt Burcard I. mit der Bitte, ihm einen tüchtigen Lehrer zur Leitung der Schulen zu senden. Er überließ ihm den blinden Victor, welcher ohne Widerrede sich nach Straßburg bringen ließ, und dort die Leitung der Schulen 26 Jahre lang (von 956–991) führte. Nach dem Tode des Bischofs Erchenbold bezog Victor eine Einsiedelei der hochfeldischen Gebirge, wo er noch mehrere Jahre in Selbstverläugnung und strenger Bußübung zubrachte. Mit Gott und der Welt ausgesöhnt verlangte der greise Victor von seiner Blindheit erlöst zu werden, um das ewige Licht zu schauen. Seine Sehnsucht erfüllte sich im Beginne des 11. Jahrhunderts. Obwohl er von Einigen »selig«, von Andern »ehrwürdig« genannt wird, genießt er weder im Elsaß, noch zu St. Gallen kirchliche Verehrung. (Burg.)