[76] Agriculturchemie, derjenige Theil der Chemie, der auf den Ackerbau angewandt wird. Die Agriculturchemie ist eine neue Wissenschaft; bevor die chemische Zusammensetzung der Pflanzen, ihr Lebensproceß, besonders ihre Ernährung, erforscht war, war eine wissenschaftliche Agriculturchemie unmöglich. Auch jetzt ist dieselbe noch ferne von wissenschaftlicher Vollendung; denn Liebig, der die bisherige Humustheorie über den Haufen warf, fand ebenbürtige Gegner; seine Ansichten über Pflanzenernährung bekämpfte J. Mohl und ließ Liebig nur als großen Chemiker gelten. Hlubek hingegen griff Liebigs Sätze über die nährenden Bodenbestandtheile mit gleicher Entschiedenheit an. In England wurde Liebigs Theorie großartig in die Praxis übergetragen und Fabriken von seinem mineralischen Dünger angelegt; es scheint jedoch, als ob die Erwartungen den Voraussetzungen nicht ganz entsprechen. Die Agriculturchemie hat es 1. mit der Bodenkunde zu thun; sie untersucht, welche Bestandtheile der Boden hat und wie dieselben der Ernährung bestimmter Culturpflanzen angemessen oder dazu untauglich sind. 2. Mit der Verbesserung des Bodens, dem Dünger, durch den dem Boden die nöthigen Bestandtheile gegeben, oder wenn sie vorhanden, aber nicht wirksam sind, thätig gemacht werden, wobei Licht, Luft, Wärme, Wasser, organische und unorganische Stoffe eine Rolle spielen. 3. Sie untersucht eben deßwegen das Verhältniß, in welchem bestimmte Culturpflanzen dem Boden nährende Bestandtheile, und welche, entziehen. 4. Eben deßwegen muß sie die Bestandtheile dieser Pflanzen genau kennen lehren. 5. Sie weist nach, wie die ernährende Kraft einzelner Pflanzen sich verhält, was besonders für die Viehzucht von großer Bedeutung ist. (Statik des Landbaus.) Im weiteren Sinne begreift die Agriculturchemie auch die Anwendung der Chemie auf Gewerbe, die gewöhnlich mit dem Ackerbau verbunden sind, z.B. Branntweinbrennerei, Essigbereitung, Zuckersiedereien u. dergl.