Wolf [2]

[738] Wolf, Friedr. Aug., der größte deutsche Philolog der neueren Zeit, geb. 1757 zu Heinrode bei Nordhausen, Sohn des [738] Cantors W., bezog 1774 die Universität Göttingen, wo Heyne lehrte, erwarb sich aber seine gründliche Kenntniß des classischen Alterthums zumeist durch Selbststudium, wurde Lehrer am Pädagogium zu Ihlfeld, dann Rector der lat. Schule zu Osterode im Harz und 1783 Professor an der Universität Halle. Hier gewann er als Lehrer und Schriftsteller europ. Ruf, als aber 1807 Halle westfälisch wurde, erklärte W. gleich Schleiermacher u. Froriep, er lasse sich als Gelehrter keineswegs wie ein Söldner abtreten, u. zog nach Berlin. Er nahm hier keine eigentliche Professur an, sondern behielt sich als Ehrenmitglied der Akademie nur das Recht zu Vorlesungen vor, u. lebte zumeist schriftstellerischen Arbeiten, wozu er bei einem Ehrengehalte von jährlich 5000 Thlrn. Muse hatte. Um seine Gesundheit zu verbessern, reiste W. im Frühling 1824 nach Nizza, st. aber schon auf der Reise am 24. April in Marseille. W. war es, der die Alterthumskunde zu einem alle Sphären des Lebens umfassenden wissenschaftlichen Ganzen gestaltete (seine eigene Darstellung der Alterthumswissenschaft bleibt ein unvergängliches Werk) und den Philologen endlich das rechte Verständniß der homerischen Gesänge eröffnete (vergl. Homer, Philologen); dabei darf nicht verschwiegen werden, daß er in der maßlosen Ueberschätzung des classischen Alterthums gleichfalls der Hauptchorführer gewesen u. in dieser Hinsicht tief unter seinem ehemaligen Lehrer u. spätern Gegner Heyne stand. W. hat sehr viel geschrieben, übersetzt, commentirt: Platons Symposion, Ciceros Reden, Sueton, Uebersetzungen des Horaz, Aristophanes, Homer u.s.f., literarische Analekten (Berlin 1817–1820, 4 Bde.), Vorlesungen über griech. und röm. Literatur (1787), das mit Buttmann herausgegebene Museum der Alterthumswissenschaften (1807–10) und Museum antiquitatis studiorum (1808 bis 1811), vermischte Schriften u. Aufsätze (1802) u.a.m. Unter den Schülern W.s erlangten ebenfalls mehr od. minder bedeutende Namen: Fülleborn, Koch, Vater, Delbrück, Bredow, Becker, Ideler, Böckh, Kraft, Solger, Riemer u.a.m.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 738-739.
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